Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.Kämpfers Geschichte von Japan. Fünftes Buch. den, weil man meint, daß sie bei einem Erdbeben auf solche Weise der Bewegung undErschütterung eher nachgeben, und also das ganze Gemauer unbeschädigter erhalten könten. Ein inwendig stehender, über alle andere Gebäude hervorragender viereckigter weißer Thurm mit vielen. Stokwerken, Prunkdächern und Zierrathen giebt dem Schlosse das prächtigste Ansehen, und außerdem sind alle Gebäude mit gefachten ausgebogenen und zu oberst und an den Enden mit Drachenköpfen gezierten Dächern kostbar belegt. Das zweite Schlos (oder vielmehr das erste der Nebenschlösser) ist klein, und wie Die verschiedenen Lust-Baum-und Blumengärten hinter der Residenz sind auf Die Residenz ist nur von einem, aber ziemlich hohen Stokwerke, hingegen sehr Keller
Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch. den, weil man meint, daß ſie bei einem Erdbeben auf ſolche Weiſe der Bewegung undErſchuͤtterung eher nachgeben, und alſo das ganze Gemauer unbeſchaͤdigter erhalten koͤnten. Ein inwendig ſtehender, uͤber alle andere Gebaͤude hervorragender viereckigter weißer Thurm mit vielen. Stokwerken, Prunkdaͤchern und Zierrathen giebt dem Schloſſe das praͤchtigſte Anſehen, und außerdem ſind alle Gebaͤude mit gefachten ausgebogenen und zu oberſt und an den Enden mit Drachenkoͤpfen gezierten Daͤchern koſtbar belegt. Das zweite Schlos (oder vielmehr das erſte der Nebenſchloͤſſer) iſt klein, und wie Die verſchiedenen Luſt-Baum-und Blumengaͤrten hinter der Reſidenz ſind auf Die Reſidenz iſt nur von einem, aber ziemlich hohen Stokwerke, hingegen ſehr Keller
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Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch.
den, weil man meint, daß ſie bei einem Erdbeben auf ſolche Weiſe der Bewegung und
Erſchuͤtterung eher nachgeben, und alſo das ganze Gemauer unbeſchaͤdigter erhalten koͤnten.
Ein inwendig ſtehender, uͤber alle andere Gebaͤude hervorragender viereckigter weißer Thurm
mit vielen. Stokwerken, Prunkdaͤchern und Zierrathen giebt dem Schloſſe das praͤchtigſte
Anſehen, und außerdem ſind alle Gebaͤude mit gefachten ausgebogenen und zu oberſt und
an den Enden mit Drachenkoͤpfen gezierten Daͤchern koſtbar belegt.
Das zweite Schlos (oder vielmehr das erſte der Nebenſchloͤſſer) iſt klein, und wie
eine runde Citadelle, ohne aͤußerliche Pracht. Es hat nur ein Thor, wo man aus dem
Reſidenzſchloſſe uͤber eine hohe und lange Bruͤcke hineingehet. Das dritte Schlos (oder das
zweite Nebenſchlos) liegt jenem zur Seite, und iſt von der naͤmlichen Beſchaffenheit.
Beide werden von hohen aufgemauerten Waͤllen, auch tiefen und ſehr breiten Graben, wo-
durch der große Flus geleitet iſt, umgeben und wohl befeſtigt; und in beiden die vorhande-
nen Kaiſerlichen Prinzen und Prinzeſſinnen erzogen.
Die verſchiedenen Luſt-Baum-und Blumengaͤrten hinter der Reſidenz ſind auf
einem erhoͤheten Felſen nach Japaniſcher Kunſt ſehr koſtbar angelegt. Ein bergigtes
Waͤldchen ſezt ſelbigen Graͤnzen, worinnen man zweierlei Arten von Ahorn antrift, deren
Sternfoͤrmige aus dem gruͤnen ins gelbe und rothe ſpielende Blaͤtter ſehr die Augen ergoͤtzen.
Die eine Art iſt mehr im Fruͤhlinge, die andere gegen den Herbſt in der ſchoͤnſten Farbe.
Die Reſidenz iſt nur von einem, aber ziemlich hohen Stokwerke, hingegen ſehr
weitlaͤuftig im Umfange, und hat viele ledige Gaͤnge und raͤumliche vermittelſt der Aufzuͤge
oder Schauben groͤßer und kleiner zu machende Gemaͤcher, die nach jener Eroͤfnung durch
die nicht wenig daher entſtehende kleine Mittelplaͤtze erleuchtet werden. Die vornehmſten
dieſer Gemaͤcher haben alle ihre eigene Namen, ſo iſt z. E. 1) der Wart-oder Vorſaal,
fuͤr die, ſo bei dem Reichsrathe oder dem Kaiſer Audienz ſuchen: 2) die Rathskammer, wo
die Reichsraͤthe zuſammenkommen: 3) die Kammer von hundert Matten, worinnen ſich
der Kaiſer von den Geſandten und großen Landesherren die gewoͤhnliche Aufwartung machen
laͤſſet, auch die mitgebrachten Geſchenke annimt; 4) die Audienz-Meubles-und andere
Kammern mehr. Sie ſind alle nach den ausgeſuchteſten Regeln der Baukunſt in Japani-
ſchem Geſchmacke angelegt; die Decken, Balken und Saͤulen von Cedern-Campher-oder
Jeſeriholz, das von Natur Blumen oder andre ſonderbare Figuren an ſich hat, daher auch
in vielen Gemaͤchern nur duͤnne mit Firnis uͤberſtrichen, in andern aber mit einem Lak uͤber-
zogen, oder mit Voͤgeln und Laubwerk kuͤnſtlich ausgeſchnizt und verguldet wird. Die
Zugthuͤre, Schirme und Waͤnde ſind ſauber bemalt oder bunt verguldet, und die Fusboden
mit weißen feinen am Rande mit Goldbaͤndern eingefaſſeten Matten nach der Ordnung be-
legt; gleichwie es denn in allen uͤbrigen Fuͤrſtlichen Pallaͤſten im Reich in dieſem Stuͤk eine
aͤhnliche Beſchaffenheit hat. Man ſagte mir, daß auch noch ein unterirdiſcher Saal oder
Keller
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