Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.Neuntes Kap. Reise von Osacka bis Miaco. treibt, wo denn jedesmal ein kurzes schwarzes Stük Leinewand von oben davor hängt, wel-ches theils gegen Wind und Wetter, theils zum Zierrath und auch manchmal zu einem Zeichen dessen, was alda zu haben ist, dienen sol. Das Dach des Hauses ist flach erha- ben, und bestehet aus platten schwarzgebranten und in Kalk gelegten Steinen, bei den ge- meinen Leuten aber nur gar aus Spänen. Was das inwendige der Häuser betrift, so sind sie zwar schön ausgezieret, jedoch ohne Tische, Stühle und dergleichen Meubles; die Trep- pen, Handhaben und alles Holzwerk mit Firnis überzogen; der Fusboden mit hart- gefülten kostbaren Matten belegt: und die Kammern also eingerichtet, daß sie mit leichten Schiebern kleiner und größer gemacht und verschlossen werden können. Die Wände so wie die Schieber glänzen von dem schön geblümten Gold und Silberfarbigen Papier, womit sie überzogen sind, wiewol man die Wände auch öfters blos lässet, um sie mit Orangenfarbener Erde, welche in der Osackischen Gegend gegraben, und wegen ihrer Schönheit weit umher verfahren wird, zu bekleiden. Uebrigens haben die Matten, Thüren und Schieber eine gleiche Größe, und halten eine Klafter in der Länge, und eine halbe in der Breite, so wie alle Kammern, ja die Häuser selbst nach der Größe, Beschaffenheit und Maaße der Mat- ten eingerichtet und erbauet sind. Hinter dem Hause findet sich ein Tsubo, d. i. ein mit schönen Gewächsen, Klippen und sonstigen Zierrathen pralendes Gärtchen, wie ich selbiges an einem andern Orte beschrieben habe; hinter diesem Gärtchen sodenn gemeiniglich ein Badehaus zur Reinigung des Leibes; auch wol ein Brandfreies, d. i. mit dicken Leimen und Kalk gegen die Macht der Flammen verkleibtes Häuschen oder Kammer, um bei ent- stehender Feuersbrunst sein bestes Vermögen und Hausgeräthe darinnen verbergen zu können. Die Stadt und Bürgerschaft wird von ihren Gassen- und Bürgermeistern regiert, ver- Zweiter Band. F f
Neuntes Kap. Reiſe von Oſacka bis Miaco. treibt, wo denn jedesmal ein kurzes ſchwarzes Stuͤk Leinewand von oben davor haͤngt, wel-ches theils gegen Wind und Wetter, theils zum Zierrath und auch manchmal zu einem Zeichen deſſen, was alda zu haben iſt, dienen ſol. Das Dach des Hauſes iſt flach erha- ben, und beſtehet aus platten ſchwarzgebranten und in Kalk gelegten Steinen, bei den ge- meinen Leuten aber nur gar aus Spaͤnen. Was das inwendige der Haͤuſer betrift, ſo ſind ſie zwar ſchoͤn ausgezieret, jedoch ohne Tiſche, Stuͤhle und dergleichen Meubles; die Trep- pen, Handhaben und alles Holzwerk mit Firnis uͤberzogen; der Fusboden mit hart- gefuͤlten koſtbaren Matten belegt: und die Kammern alſo eingerichtet, daß ſie mit leichten Schiebern kleiner und groͤßer gemacht und verſchloſſen werden koͤnnen. Die Waͤnde ſo wie die Schieber glaͤnzen von dem ſchoͤn gebluͤmten Gold und Silberfarbigen Papier, womit ſie uͤberzogen ſind, wiewol man die Waͤnde auch oͤfters blos laͤſſet, um ſie mit Orangenfarbener Erde, welche in der Oſackiſchen Gegend gegraben, und wegen ihrer Schoͤnheit weit umher verfahren wird, zu bekleiden. Uebrigens haben die Matten, Thuͤren und Schieber eine gleiche Groͤße, und halten eine Klafter in der Laͤnge, und eine halbe in der Breite, ſo wie alle Kammern, ja die Haͤuſer ſelbſt nach der Groͤße, Beſchaffenheit und Maaße der Mat- ten eingerichtet und erbauet ſind. Hinter dem Hauſe findet ſich ein Tſubo, d. i. ein mit ſchoͤnen Gewaͤchſen, Klippen und ſonſtigen Zierrathen pralendes Gaͤrtchen, wie ich ſelbiges an einem andern Orte beſchrieben habe; hinter dieſem Gaͤrtchen ſodenn gemeiniglich ein Badehaus zur Reinigung des Leibes; auch wol ein Brandfreies, d. i. mit dicken Leimen und Kalk gegen die Macht der Flammen verkleibtes Haͤuschen oder Kammer, um bei ent- ſtehender Feuersbrunſt ſein beſtes Vermoͤgen und Hausgeraͤthe darinnen verbergen zu koͤnnen. Die Stadt und Buͤrgerſchaft wird von ihren Gaſſen- und Buͤrgermeiſtern regiert, ver- Zweiter Band. F f
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Neuntes Kap. Reiſe von Oſacka bis Miaco.
treibt, wo denn jedesmal ein kurzes ſchwarzes Stuͤk Leinewand von oben davor haͤngt, wel-
ches theils gegen Wind und Wetter, theils zum Zierrath und auch manchmal zu einem
Zeichen deſſen, was alda zu haben iſt, dienen ſol. Das Dach des Hauſes iſt flach erha-
ben, und beſtehet aus platten ſchwarzgebranten und in Kalk gelegten Steinen, bei den ge-
meinen Leuten aber nur gar aus Spaͤnen. Was das inwendige der Haͤuſer betrift, ſo ſind
ſie zwar ſchoͤn ausgezieret, jedoch ohne Tiſche, Stuͤhle und dergleichen Meubles; die Trep-
pen, Handhaben und alles Holzwerk mit Firnis uͤberzogen; der Fusboden mit hart-
gefuͤlten koſtbaren Matten belegt: und die Kammern alſo eingerichtet, daß ſie mit leichten
Schiebern kleiner und groͤßer gemacht und verſchloſſen werden koͤnnen. Die Waͤnde ſo wie
die Schieber glaͤnzen von dem ſchoͤn gebluͤmten Gold und Silberfarbigen Papier, womit ſie
uͤberzogen ſind, wiewol man die Waͤnde auch oͤfters blos laͤſſet, um ſie mit Orangenfarbener
Erde, welche in der Oſackiſchen Gegend gegraben, und wegen ihrer Schoͤnheit weit umher
verfahren wird, zu bekleiden. Uebrigens haben die Matten, Thuͤren und Schieber eine
gleiche Groͤße, und halten eine Klafter in der Laͤnge, und eine halbe in der Breite, ſo wie
alle Kammern, ja die Haͤuſer ſelbſt nach der Groͤße, Beſchaffenheit und Maaße der Mat-
ten eingerichtet und erbauet ſind. Hinter dem Hauſe findet ſich ein Tſubo, d. i. ein mit
ſchoͤnen Gewaͤchſen, Klippen und ſonſtigen Zierrathen pralendes Gaͤrtchen, wie ich ſelbiges
an einem andern Orte beſchrieben habe; hinter dieſem Gaͤrtchen ſodenn gemeiniglich ein
Badehaus zur Reinigung des Leibes; auch wol ein Brandfreies, d. i. mit dicken Leimen
und Kalk gegen die Macht der Flammen verkleibtes Haͤuschen oder Kammer, um bei ent-
ſtehender Feuersbrunſt ſein beſtes Vermoͤgen und Hausgeraͤthe darinnen verbergen zu
koͤnnen.
Die Stadt und Buͤrgerſchaft wird von ihren Gaſſen- und Buͤrgermeiſtern regiert,
die jedoch wiederum der Aufſicht und dem Oberbefehl zweier Gouverneurs unterworfen ſind,
als welche auch den umliegenden Landſchaften, Flecken und Doͤrfern als Landvoͤgte vorſtehen,
und ein Jahr um das andere alhier reſidiren, ſo, daß bei Gegenwart des einen, ſich der
andere bei ſeiner Familie in der Kaiſerlichen Reſidenz Jedo auf halten mus. Jn den uͤbri-
gen vier Kaiſerlichen Staͤdten hat es eine gleiche Bewandnis, nur mit dem Unterſchied, daß
zu der Nagaſackiſchen Regierung drei Gouverneurs beſtimt worden, deren zwei daſelbſt ge-
genwaͤrtig und ein Jahr ums andere praͤſidiren, der dritte aber mit beſtaͤndiger Abwech-
ſelung ein Jahr am Hofe bei ſeiner Familie verweilen mus; in Miaco muͤſſen die zwei
Gouverneurs bei der Abwechſelung nur um das dritte Jahr bei Hofe erſcheinen, die zween
aber in Jedo verharren ſtets daſelbſt, und praͤſidiren nur ein Jahr ums andere. Die uͤbri-
gen Ordnungen und Polizeianſtalten hat Oſacka mit den andern Staͤdten gemein, wie ich
ſie in der Beſchreibung von Nagaſacki vorgeſtelt habe. Jn Anſehung der Nachtwachten
oder Abtheilung der Nachtſtunden habe ich nur dieſes beſondere angemerkt, daß ſelbige auf
ver-
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