Viert. Kap. Beschreibung der Posthäuser, Herbergen, etc.
Boden, nach der besondern Größe, Form und Gebrauche sortirt, aufgehäuft liegt. Sol- ches Geschirre, das alle von dünnem Holze und meist auf dunkelrothem Grunde stark lakirt ist, mus nach jedesmaligem Gebrauche mit warmem Wasser ausgespült, mit einem Tuche abgetroknet und so verwahrt werden, da es sodenn, wenn der Firnis fein und der Lak ächt und gut ist, viele Jahre, auch bei einem täglichen Gebrauche, sich in seinem sau- bern Glanze wie neu erhält.
Die gegen den Garten hervorragende Gallerie leitet den Fremden zu dem heimli- chen Gemach und der Badstube.
Das heimliche Gemach ist zur Seite des Hinterhaufes und so angelegt, daß man durch zween Thüren hineingehet. Jm Eintritte findet der, welcher etwa mit bloßen Füßen den Boden, der jedoch eben wol sauber und mit Matten belegt ist, zu berühren sich scheuen möchte, ein paar neue Biesen- oder Strohpantoffeln. Seine Nothdurft verrichtet man auf Asiatische Manier, nemlich im Hocken, durch eine schmale Oefnung des Fusbodens. Von außen wird ein Trog untergeschoben, der mit Kaf oder Spreu ausgefült ist, worinnen sich der üble Geruch augenbliklich verliert. Bei Personen vom Stande wird das kleine Bret, vor welches man sich über die Oefnung niederlässet, so wie die Handhaben bei der Thür, mit einem srischen Bogen weißen Papiers jedesmal beklebt. Ohnweit dem heimli- chen Gemache findet man ein Wassergefäs, um sich hiernächst die Hände abspülen zu kön- nen. Dasselbe ist gewöhnlich ein aufstehender langer rauher Klippenstein, der oben zu ei- nem Wasserkumpe zierlich ausgehauen und mit einer neuen Kelle von Bambus gemacht, versehen ist, übrigens aber mit einem Tannen- oder Cypressenbretchen bedekt ist, in welches so oft und vielmal, als man es abnimt, ein Stift von Bambus eingestekt wird, weil die- ses Holz stets sauber ist und von Natur gleichsam einen Lak hat.
Das Badehaus schließet sich gemeiniglich an die hinterste Seite des Gärtchens, und ist von Cypressenholze gebauet. Man trift darinnen entweder eine Froo, d. i. einen Dampfkasten oder Behälter, oder nur ein Cifro, d. i. ein warmes Wasserbad, an. Weil es die Gewohnheit der Nation mit sich bringt, sich auf der Reise alle Tage zu baden, ein Mittel sowol wider den Schweis als die Müdigkeit der Glieder, so wird auch täglich gegen Abend das Bad um desto eher warm und fertig gehalten, zumalen da ein Japaner wegen seiner leichten Entkleidung nicht viele Hindernis hat, sich dessen, wenn es ihm ein- fält, zu bedienen, denn so bald er seinen Gürtel gelöset und mit einem Wurfe alle seine Kleidungsstücke hinter sich abfallen lassen, stehet er, außer dem Schaambande, mutter- nackend da.
Die Struktur des Dampfbades wil ich dem Liebhaber zu Nutze kürzlich beschrei- ben: an der äußeren Wand des Badehauses ist ein etwa zwei Ellen vom Boden erhabener Cubikförmiger Kasten oder Behälter angelegt. Seine inwendige Höhe beträgt kaum eine,
die
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Viert. Kap. Beſchreibung der Poſthaͤuſer, Herbergen, ꝛc.
Boden, nach der beſondern Groͤße, Form und Gebrauche ſortirt, aufgehaͤuft liegt. Sol- ches Geſchirre, das alle von duͤnnem Holze und meiſt auf dunkelrothem Grunde ſtark lakirt iſt, mus nach jedesmaligem Gebrauche mit warmem Waſſer ausgeſpuͤlt, mit einem Tuche abgetroknet und ſo verwahrt werden, da es ſodenn, wenn der Firnis fein und der Lak aͤcht und gut iſt, viele Jahre, auch bei einem taͤglichen Gebrauche, ſich in ſeinem ſau- bern Glanze wie neu erhaͤlt.
Die gegen den Garten hervorragende Gallerie leitet den Fremden zu dem heimli- chen Gemach und der Badſtube.
Das heimliche Gemach iſt zur Seite des Hinterhaufes und ſo angelegt, daß man durch zween Thuͤren hineingehet. Jm Eintritte findet der, welcher etwa mit bloßen Fuͤßen den Boden, der jedoch eben wol ſauber und mit Matten belegt iſt, zu beruͤhren ſich ſcheuen moͤchte, ein paar neue Bieſen- oder Strohpantoffeln. Seine Nothdurft verrichtet man auf Aſiatiſche Manier, nemlich im Hocken, durch eine ſchmale Oefnung des Fusbodens. Von außen wird ein Trog untergeſchoben, der mit Kaf oder Spreu ausgefuͤlt iſt, worinnen ſich der uͤble Geruch augenbliklich verliert. Bei Perſonen vom Stande wird das kleine Bret, vor welches man ſich uͤber die Oefnung niederlaͤſſet, ſo wie die Handhaben bei der Thuͤr, mit einem ſriſchen Bogen weißen Papiers jedesmal beklebt. Ohnweit dem heimli- chen Gemache findet man ein Waſſergefaͤs, um ſich hiernaͤchſt die Haͤnde abſpuͤlen zu koͤn- nen. Daſſelbe iſt gewoͤhnlich ein aufſtehender langer rauher Klippenſtein, der oben zu ei- nem Waſſerkumpe zierlich ausgehauen und mit einer neuen Kelle von Bambus gemacht, verſehen iſt, uͤbrigens aber mit einem Tannen- oder Cypreſſenbretchen bedekt iſt, in welches ſo oft und vielmal, als man es abnimt, ein Stift von Bambus eingeſtekt wird, weil die- ſes Holz ſtets ſauber iſt und von Natur gleichſam einen Lak hat.
Das Badehaus ſchließet ſich gemeiniglich an die hinterſte Seite des Gaͤrtchens, und iſt von Cypreſſenholze gebauet. Man trift darinnen entweder eine Froo, d. i. einen Dampfkaſten oder Behaͤlter, oder nur ein Cifro, d. i. ein warmes Waſſerbad, an. Weil es die Gewohnheit der Nation mit ſich bringt, ſich auf der Reiſe alle Tage zu baden, ein Mittel ſowol wider den Schweis als die Muͤdigkeit der Glieder, ſo wird auch taͤglich gegen Abend das Bad um deſto eher warm und fertig gehalten, zumalen da ein Japaner wegen ſeiner leichten Entkleidung nicht viele Hindernis hat, ſich deſſen, wenn es ihm ein- faͤlt, zu bedienen, denn ſo bald er ſeinen Guͤrtel geloͤſet und mit einem Wurfe alle ſeine Kleidungsſtuͤcke hinter ſich abfallen laſſen, ſtehet er, außer dem Schaambande, mutter- nackend da.
Die Struktur des Dampfbades wil ich dem Liebhaber zu Nutze kuͤrzlich beſchrei- ben: an der aͤußeren Wand des Badehauſes iſt ein etwa zwei Ellen vom Boden erhabener Cubikfoͤrmiger Kaſten oder Behaͤlter angelegt. Seine inwendige Hoͤhe betraͤgt kaum eine,
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Viert. Kap. Beſchreibung der Poſthaͤuſer, Herbergen, ꝛc.
Boden, nach der beſondern Groͤße, Form und Gebrauche ſortirt, aufgehaͤuft liegt. Sol-
ches Geſchirre, das alle von duͤnnem Holze und meiſt auf dunkelrothem Grunde ſtark lakirt
iſt, mus nach jedesmaligem Gebrauche mit warmem Waſſer ausgeſpuͤlt, mit einem
Tuche abgetroknet und ſo verwahrt werden, da es ſodenn, wenn der Firnis fein und der
Lak aͤcht und gut iſt, viele Jahre, auch bei einem taͤglichen Gebrauche, ſich in ſeinem ſau-
bern Glanze wie neu erhaͤlt.
Die gegen den Garten hervorragende Gallerie leitet den Fremden zu dem heimli-
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Das heimliche Gemach iſt zur Seite des Hinterhaufes und ſo angelegt, daß man
durch zween Thuͤren hineingehet. Jm Eintritte findet der, welcher etwa mit bloßen Fuͤßen
den Boden, der jedoch eben wol ſauber und mit Matten belegt iſt, zu beruͤhren ſich ſcheuen
moͤchte, ein paar neue Bieſen- oder Strohpantoffeln. Seine Nothdurft verrichtet man
auf Aſiatiſche Manier, nemlich im Hocken, durch eine ſchmale Oefnung des Fusbodens.
Von außen wird ein Trog untergeſchoben, der mit Kaf oder Spreu ausgefuͤlt iſt, worinnen
ſich der uͤble Geruch augenbliklich verliert. Bei Perſonen vom Stande wird das kleine
Bret, vor welches man ſich uͤber die Oefnung niederlaͤſſet, ſo wie die Handhaben bei der
Thuͤr, mit einem ſriſchen Bogen weißen Papiers jedesmal beklebt. Ohnweit dem heimli-
chen Gemache findet man ein Waſſergefaͤs, um ſich hiernaͤchſt die Haͤnde abſpuͤlen zu koͤn-
nen. Daſſelbe iſt gewoͤhnlich ein aufſtehender langer rauher Klippenſtein, der oben zu ei-
nem Waſſerkumpe zierlich ausgehauen und mit einer neuen Kelle von Bambus gemacht,
verſehen iſt, uͤbrigens aber mit einem Tannen- oder Cypreſſenbretchen bedekt iſt, in welches
ſo oft und vielmal, als man es abnimt, ein Stift von Bambus eingeſtekt wird, weil die-
ſes Holz ſtets ſauber iſt und von Natur gleichſam einen Lak hat.
Das Badehaus ſchließet ſich gemeiniglich an die hinterſte Seite des Gaͤrtchens,
und iſt von Cypreſſenholze gebauet. Man trift darinnen entweder eine Froo, d. i. einen
Dampfkaſten oder Behaͤlter, oder nur ein Cifro, d. i. ein warmes Waſſerbad, an.
Weil es die Gewohnheit der Nation mit ſich bringt, ſich auf der Reiſe alle Tage zu baden,
ein Mittel ſowol wider den Schweis als die Muͤdigkeit der Glieder, ſo wird auch taͤglich
gegen Abend das Bad um deſto eher warm und fertig gehalten, zumalen da ein Japaner
wegen ſeiner leichten Entkleidung nicht viele Hindernis hat, ſich deſſen, wenn es ihm ein-
faͤlt, zu bedienen, denn ſo bald er ſeinen Guͤrtel geloͤſet und mit einem Wurfe alle ſeine
Kleidungsſtuͤcke hinter ſich abfallen laſſen, ſtehet er, außer dem Schaambande, mutter-
nackend da.
Die Struktur des Dampfbades wil ich dem Liebhaber zu Nutze kuͤrzlich beſchrei-
ben: an der aͤußeren Wand des Badehauſes iſt ein etwa zwei Ellen vom Boden erhabener
Cubikfoͤrmiger Kaſten oder Behaͤlter angelegt. Seine inwendige Hoͤhe betraͤgt kaum eine,
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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/191>, abgerufen am 22.07.2024.
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