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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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Erst. Kap. Vorbereitungen zu unserer Hofreise etc.
sie in den vorhandenen Magazinen aus. Hiebei bedienen sie sich aber auch wohl bisweilen
der Gelegenheit, ihre eigene Sachen, die ihnen die Sineser geschenkt, mit unterlaufen zu
lassen, und die sie auf die Weise zum allertheuersten, in einem wilkührlichen Preise, zu
Markt bringen, oder gegen andere Güter vertauschen. So werden auch öfters einige seltene
und merkwürdige Sachen von Europa zu dergleichen Geschenken für den Kaiser eingeführt:
aber es trägt sich eben so öfters zu, daß sie von den Gouverneurs, die strenge Richter hier-
innen sind, nicht geachtet werden, wie z. E. zu meiner Zeit mit zwo messingenen Feuersprü-
tzen von der neuesten Erfindung der Fal war, die sie als keine Geschenke für den Kaiser
annehmen wolten, sondern zurükgaben, nachdem sie gleichwol erst die Probe damit gemacht,
und auch ein Model davon behalten hatten: das nemliche widerfuhr dem Vogel Kasuarius,
der als ein Geschenk von Batavia gekommen war, und eben wol für kein Geschenk für den
Kaiser von den Gouverneurs erkant wurde, nachdem man vernommen hatte, daß dieser
Vogel viel fresse und nichts verstehe.

Wenn denn nun mit der Wahl und Bereitung der Geschenke einige Zeit verstri-
chen, so werden selbige, nebst allen zur Reise nöthigen Bedürfnissen in eine Barke gebracht,
die drei bis vier Wochen über See bis zu dem Städtgen Simonoseki (am Ende der Jnsel
Nipon gelegen) vorausgehet, und unsere Nachkunft zu Lande erwartet. Ehmals sind Men-
schen und Güter zugleich, mit Ersparung vieler Kosten und Umstände, die eine Landreise
erfordert, embarquirt worden: weil man aber einstens durch Sturm in eine große Gefahr
gerathen war, und auch die Seereise wegen ungünstigen Windes öfters sehr langweilig aus-
fält, so hat diese auf Kaiserlichen Befehl abgestellet werden müssen. Eben gedachte Barke
wird lediglich zu dieser Reise gebraucht, und mus im Nagasackischen Hafen mit nicht gerin-
gen Kosten allein dazu unterhalten werden.

Nachdem denn also die vornehmsten Sachen vorausgeschikt sind, bringt man die
Zeit bis zur wirklichen Abreise mit solchen Zurüstungen zu, als wenn man eine Expedition
in eine fremde Welt unternehmen wolte.

Das erste bei dieser Zurüstung ist die Ernennung der hohen und niederen Bedien-
ten, welche uns zur Begleitung beigegeben werden. Die Gouverneurs erwählen einen aus
ihren Joriki, oder Militärofficiers vom ersten Range, die einen Bugjo vorstellen, der so
viel als ein Heerführer und committirter oberster Befehlshaber ist, und dem eine Pike nach-
getragen wird, um dadurch die Hoheit dessen anzudeuten, der ihm den Posten übertragen
hat. Jhm wird ein Dosin, oder ein Officier vom zweiten Range, beigegeben. Der eine
sowohl als der andere sind aus der Suite desjenigen Gouverneurs, welcher für das Jahr zu
Nagasacki bleibt. Hiezu kommen noch zwei Staatshäscher, unter dem Titel eines Tsjoo-
sin
oder Staatsboten. Diese und die Dosin sind, zufolge ihres Amts, mit einem Stricke
versehen, um auf den geringsten Wink und Befehl des Joriki den Verbrecher schnüren

und
Zweiter Band. T

Erſt. Kap. Vorbereitungen zu unſerer Hofreiſe ꝛc.
ſie in den vorhandenen Magazinen aus. Hiebei bedienen ſie ſich aber auch wohl bisweilen
der Gelegenheit, ihre eigene Sachen, die ihnen die Sineſer geſchenkt, mit unterlaufen zu
laſſen, und die ſie auf die Weiſe zum allertheuerſten, in einem wilkuͤhrlichen Preiſe, zu
Markt bringen, oder gegen andere Guͤter vertauſchen. So werden auch oͤfters einige ſeltene
und merkwuͤrdige Sachen von Europa zu dergleichen Geſchenken fuͤr den Kaiſer eingefuͤhrt:
aber es traͤgt ſich eben ſo oͤfters zu, daß ſie von den Gouverneurs, die ſtrenge Richter hier-
innen ſind, nicht geachtet werden, wie z. E. zu meiner Zeit mit zwo meſſingenen Feuerſpruͤ-
tzen von der neueſten Erfindung der Fal war, die ſie als keine Geſchenke fuͤr den Kaiſer
annehmen wolten, ſondern zuruͤkgaben, nachdem ſie gleichwol erſt die Probe damit gemacht,
und auch ein Model davon behalten hatten: das nemliche widerfuhr dem Vogel Kaſuarius,
der als ein Geſchenk von Batavia gekommen war, und eben wol fuͤr kein Geſchenk fuͤr den
Kaiſer von den Gouverneurs erkant wurde, nachdem man vernommen hatte, daß dieſer
Vogel viel freſſe und nichts verſtehe.

Wenn denn nun mit der Wahl und Bereitung der Geſchenke einige Zeit verſtri-
chen, ſo werden ſelbige, nebſt allen zur Reiſe noͤthigen Beduͤrfniſſen in eine Barke gebracht,
die drei bis vier Wochen uͤber See bis zu dem Staͤdtgen Simonoſeki (am Ende der Jnſel
Nipon gelegen) vorausgehet, und unſere Nachkunft zu Lande erwartet. Ehmals ſind Men-
ſchen und Guͤter zugleich, mit Erſparung vieler Koſten und Umſtaͤnde, die eine Landreiſe
erfordert, embarquirt worden: weil man aber einſtens durch Sturm in eine große Gefahr
gerathen war, und auch die Seereiſe wegen unguͤnſtigen Windes oͤfters ſehr langweilig aus-
faͤlt, ſo hat dieſe auf Kaiſerlichen Befehl abgeſtellet werden muͤſſen. Eben gedachte Barke
wird lediglich zu dieſer Reiſe gebraucht, und mus im Nagaſackiſchen Hafen mit nicht gerin-
gen Koſten allein dazu unterhalten werden.

Nachdem denn alſo die vornehmſten Sachen vorausgeſchikt ſind, bringt man die
Zeit bis zur wirklichen Abreiſe mit ſolchen Zuruͤſtungen zu, als wenn man eine Expedition
in eine fremde Welt unternehmen wolte.

Das erſte bei dieſer Zuruͤſtung iſt die Ernennung der hohen und niederen Bedien-
ten, welche uns zur Begleitung beigegeben werden. Die Gouverneurs erwaͤhlen einen aus
ihren Joriki, oder Militaͤrofficiers vom erſten Range, die einen Bugjo vorſtellen, der ſo
viel als ein Heerfuͤhrer und committirter oberſter Befehlshaber iſt, und dem eine Pike nach-
getragen wird, um dadurch die Hoheit deſſen anzudeuten, der ihm den Poſten uͤbertragen
hat. Jhm wird ein Doſin, oder ein Officier vom zweiten Range, beigegeben. Der eine
ſowohl als der andere ſind aus der Suite desjenigen Gouverneurs, welcher fuͤr das Jahr zu
Nagaſacki bleibt. Hiezu kommen noch zwei Staatshaͤſcher, unter dem Titel eines Tſjoo-
ſin
oder Staatsboten. Dieſe und die Doſin ſind, zufolge ihres Amts, mit einem Stricke
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und
Zweiter Band. T
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[145/0161] Erſt. Kap. Vorbereitungen zu unſerer Hofreiſe ꝛc. ſie in den vorhandenen Magazinen aus. Hiebei bedienen ſie ſich aber auch wohl bisweilen der Gelegenheit, ihre eigene Sachen, die ihnen die Sineſer geſchenkt, mit unterlaufen zu laſſen, und die ſie auf die Weiſe zum allertheuerſten, in einem wilkuͤhrlichen Preiſe, zu Markt bringen, oder gegen andere Guͤter vertauſchen. So werden auch oͤfters einige ſeltene und merkwuͤrdige Sachen von Europa zu dergleichen Geſchenken fuͤr den Kaiſer eingefuͤhrt: aber es traͤgt ſich eben ſo oͤfters zu, daß ſie von den Gouverneurs, die ſtrenge Richter hier- innen ſind, nicht geachtet werden, wie z. E. zu meiner Zeit mit zwo meſſingenen Feuerſpruͤ- tzen von der neueſten Erfindung der Fal war, die ſie als keine Geſchenke fuͤr den Kaiſer annehmen wolten, ſondern zuruͤkgaben, nachdem ſie gleichwol erſt die Probe damit gemacht, und auch ein Model davon behalten hatten: das nemliche widerfuhr dem Vogel Kaſuarius, der als ein Geſchenk von Batavia gekommen war, und eben wol fuͤr kein Geſchenk fuͤr den Kaiſer von den Gouverneurs erkant wurde, nachdem man vernommen hatte, daß dieſer Vogel viel freſſe und nichts verſtehe. Wenn denn nun mit der Wahl und Bereitung der Geſchenke einige Zeit verſtri- chen, ſo werden ſelbige, nebſt allen zur Reiſe noͤthigen Beduͤrfniſſen in eine Barke gebracht, die drei bis vier Wochen uͤber See bis zu dem Staͤdtgen Simonoſeki (am Ende der Jnſel Nipon gelegen) vorausgehet, und unſere Nachkunft zu Lande erwartet. Ehmals ſind Men- ſchen und Guͤter zugleich, mit Erſparung vieler Koſten und Umſtaͤnde, die eine Landreiſe erfordert, embarquirt worden: weil man aber einſtens durch Sturm in eine große Gefahr gerathen war, und auch die Seereiſe wegen unguͤnſtigen Windes oͤfters ſehr langweilig aus- faͤlt, ſo hat dieſe auf Kaiſerlichen Befehl abgeſtellet werden muͤſſen. Eben gedachte Barke wird lediglich zu dieſer Reiſe gebraucht, und mus im Nagaſackiſchen Hafen mit nicht gerin- gen Koſten allein dazu unterhalten werden. Nachdem denn alſo die vornehmſten Sachen vorausgeſchikt ſind, bringt man die Zeit bis zur wirklichen Abreiſe mit ſolchen Zuruͤſtungen zu, als wenn man eine Expedition in eine fremde Welt unternehmen wolte. Das erſte bei dieſer Zuruͤſtung iſt die Ernennung der hohen und niederen Bedien- ten, welche uns zur Begleitung beigegeben werden. Die Gouverneurs erwaͤhlen einen aus ihren Joriki, oder Militaͤrofficiers vom erſten Range, die einen Bugjo vorſtellen, der ſo viel als ein Heerfuͤhrer und committirter oberſter Befehlshaber iſt, und dem eine Pike nach- getragen wird, um dadurch die Hoheit deſſen anzudeuten, der ihm den Poſten uͤbertragen hat. Jhm wird ein Doſin, oder ein Officier vom zweiten Range, beigegeben. Der eine ſowohl als der andere ſind aus der Suite desjenigen Gouverneurs, welcher fuͤr das Jahr zu Nagaſacki bleibt. Hiezu kommen noch zwei Staatshaͤſcher, unter dem Titel eines Tſjoo- ſin oder Staatsboten. Dieſe und die Doſin ſind, zufolge ihres Amts, mit einem Stricke verſehen, um auf den geringſten Wink und Befehl des Joriki den Verbrecher ſchnuͤren und Zweiter Band. T

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/161>, abgerufen am 21.11.2024.