Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.Kämpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. Hinauffahren vom Laufe des Flusses verfertigte, und nachher, als ich ihn herunter fuhr,nochmals verbesserte. Gegen 10 Uhr erreichten wir eine kleine Jnsel im Flusse, auf der viele Talapoins wohnten, und verschiedne Tempel waren. Jch sahe auch drei sitzende und einen stehenden großen Abgott, die mit ganz verguldeten Mandarinsmützen angethan waren. Gegen 40 kleinere Götzen standen zu den Füßen dieser großen. Nach eingenom- mener Mittagsmalzeit fuhren wir zwischen lustigen, grünen Ufern fort, und ließen vor Einbruch der Nacht nur noch wenige Meilen von der Hauptstadt Juthia unsre Anker fallen. Ankunft in Juthia. Den 11ten kamen wir noch vor 9 Uhr, da der Gottesdienst angieng, (denn es Begräbnis der Mutter des Berklam's Den 12ten, um 4 Uhr Nachmittags, wurde des Berklam's oder obersten Reichs- schiedne
Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Erſtes Buch. Hinauffahren vom Laufe des Fluſſes verfertigte, und nachher, als ich ihn herunter fuhr,nochmals verbeſſerte. Gegen 10 Uhr erreichten wir eine kleine Jnſel im Fluſſe, auf der viele Talapoins wohnten, und verſchiedne Tempel waren. Jch ſahe auch drei ſitzende und einen ſtehenden großen Abgott, die mit ganz verguldeten Mandarinsmuͤtzen angethan waren. Gegen 40 kleinere Goͤtzen ſtanden zu den Fuͤßen dieſer großen. Nach eingenom- mener Mittagsmalzeit fuhren wir zwiſchen luſtigen, gruͤnen Ufern fort, und ließen vor Einbruch der Nacht nur noch wenige Meilen von der Hauptſtadt Juthia unſre Anker fallen. Ankunft in Juthia. Den 11ten kamen wir noch vor 9 Uhr, da der Gottesdienſt angieng, (denn es Begraͤbnis der Mutter des Berklam’s Den 12ten, um 4 Uhr Nachmittags, wurde des Berklam’s oder oberſten Reichs- ſchiedne
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Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Erſtes Buch.
Hinauffahren vom Laufe des Fluſſes verfertigte, und nachher, als ich ihn herunter fuhr,
nochmals verbeſſerte. Gegen 10 Uhr erreichten wir eine kleine Jnſel im Fluſſe, auf der
viele Talapoins wohnten, und verſchiedne Tempel waren. Jch ſahe auch drei ſitzende
und einen ſtehenden großen Abgott, die mit ganz verguldeten Mandarinsmuͤtzen angethan
waren. Gegen 40 kleinere Goͤtzen ſtanden zu den Fuͤßen dieſer großen. Nach eingenom-
mener Mittagsmalzeit fuhren wir zwiſchen luſtigen, gruͤnen Ufern fort, und ließen vor
Einbruch der Nacht nur noch wenige Meilen von der Hauptſtadt Juthia unſre Anker fallen.
Ankunft in Juthia.
Den 11ten kamen wir noch vor 9 Uhr, da der Gottesdienſt angieng, (denn es
war Sontag) in unſrer unter Juthia gelegenen Faktorei gluͤklich an. Dieſen Abend
wurde dem Reſidenten angezeigt, daß er ſich morgen zu Hauſe halten muͤſſe, weil der Koͤ-
nig ausfahren wolle. Jn dieſem Fal mus in Siam Jederman ſich verkriechen; in Per-
ſien doch nur, wenn das koͤnigliche Frauenzimmer ausfaͤhrt. Es herſcht alsdann die groͤ-
ſte Stille, und alle Fenſter ſind verſchloſſen. Wenn der Koͤnig oder ſeine Weiber einem
von ohngefehr auf dem Felde begegnen, ſo mus man mit dem Geſicht ſich ſogleich zur Er-
de niederwerfen, und dieſen erhabnen Perſonen aus Ehrerbietung den Hintern zeigen, bis
ſie mit ihrem ganzen Gefolge voruͤber ſind.
Begraͤbnis der Mutter des Berklam’s
Den 12ten, um 4 Uhr Nachmittags, wurde des Berklam’s oder oberſten Reichs-
kanzlers (der zugleich alle auswaͤrtige Geſchaͤfte beſorgt) Mutter verbrant und begraben.
Die Siamer haben aber die Gewohnheit, auch ihre Ammen, Muͤtter, ſo wie diejenigen,
Bruͤder und Schweſter zu nennen, welche mit ihnen gleiche Bruͤſte geſogen haben. So
war dieſe Frau auch nicht des Berklam’s Mutter, ſondern ſeine Amme. Das Leichenbe-
graͤbnis vornehmer Perſonen in Siam iſt ausnehmend praͤchtig. Die Leiche wird zuerſt
in einem praͤchtigen, ſtark verguldeten Fahrzeuge mit Trommeln und Muſik nach dem Ver-
brennungsplatze uͤbergefuͤhrt. Sie liegt dann entweder in einem Sarg, oder ſizt in einem
kleinen Hauſe, ſo daß man ſie ſehen kan. Gemeiniglich ſtinkt aber dieſe Leiche ſchon ſehr,
weil zu der Einrichtung des Begaͤngniſſes viel Zeit erfordert wird, obgleich vornehme Per-
ſonen, wenn ſie gefaͤhrlich krank ſind, ſchon bei ihrem Leben daran arbeiten laſſen. Der
Sarg iſt ein laͤnglicht viereckigter Kaſten, unſern europaͤiſchen Saͤrgen nicht unaͤhnlich, ent-
weder verguldet oder mit Papier beklebt, das mit Gutta Gamba und Zin verguldet wird.
Er ſteht auf einer zwei bis drei Mans hoch erhabnen, verguldeten und gleichfals mit vielen Lei-
ſten, Saͤulen ꝛc. ſehr ſchoͤn ausgezierten Todtenbar. Das Fahrzeug, ſo die Leiche faͤhrt,
wird gemeiniglich von einem andern begleitet, das eine thurmweiſe erhabne Pyra-
mide hat. Vor und nach folgen viel andre kleinere Fahrzeuge, welche in der Mitte
eine von Bambusrohr verfertigte, mit guͤldnem Papier und Kronen ausgezierte Spi-
tze tragen; die beigefuͤgte Figur wird den deutlichen Begrif davon machen. Dieſe ver-
ſchiedne
Tab. 1.
F. 2. 3.
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