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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.

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Kämpfers Geschichte von Japan. Drittes Buch. Zweit. Kap. etc.
doppelten Querbalken aus gleicher Materie, deren oberster zur Pracht eingebogen ist und
zu beiden Seiten hervorragt. Zwischen diesen steht eine steinerne Tafel, welche in güldnen
Characteren den Namen des Tempels darstelt. Eben eine solche steinerne Pfortpfoste steht
öfters auch noch vor der Mia oder dessen Vorhofsmauer. Unweit der Mia steht zuweilen
ein steinerner Waschkübel, worin sich die Anbeter reinigen können; und ganz zunächst an derTab.
XVII.
Fig. A.

Mia findet man einen großen hölzernen Armenkasten.

Die Mia selbst ist gar kein prächtiges Gebäude; sondern schlecht, simpel und nur
von Holz, öfters nur ein kleines viereckiges Häuslein, doch von schönen, starken Balken
erbauet. Sie hat gemeiniglich wenig über zwei bis drei Mannshöhen, zwei oder mehr Klaf-
ter ins Quadrat, ist eine Elle oder etwas mehr über die Erde erhaben, und gemeiniglich mit
einem schmalen höheren Estrich umgeben. Das ganze Gebäude ruht auf Pfählen und
man mus eine oder mehr Treppen hinansteigen. Die Vorderseite besteht aus zwei Gitterthü-
ren, durch die man hineinschauen und seine Ehrfurcht bezeugen kan. Diese Thüren blei-
ben beständig geschlossen, und oft findet man gar nicht einmal Hüter und Bediente bei
denselben.

Manche Mias sind weitläuftiger gebauet, mit einer Antichambre und Neben-
zimmern versehn, in denen dann die Tempelhüter dem Came zu Ehren in ihrem heiligen
Gewand ausgeschmückt sitzen. Aber allemal sind die Mias gegittert und durchsichtig, und
der Estrich ist mit Matten belegt. An drei Seiten, nehmlich von hinten und zu beiden
Seiten, ist der Tempel gemeiniglich mit Brettern verschlossen. Das Dach ist mit Steinen
oder Schindeln bedekt, es stehet gemeiniglich über das umgebende Estrich hervor und zeich-
net sich von andern Gebäuden durch verschiedne Fächer und Verdoppelungen der zierlich her-
vorragenden Balken aus, worin überhaupt die gröste Pracht in allen Tempeln dieser Länder
besteht. Oben schliest das Dach zuweilen ein nach der Länge übergefügter Balken, hinter
welchem man noch einen andern in die Queer überlegt. Dies geschieht zum Andenken des
ersten Tempels Jsje, der zwar schlecht, aber doch so scharfsinnig und fast unnachahmlich in
einander gefügt war, daß blos durch das Gewicht dieser verschiednen Balken das ganze Ge-
bäude fest erhalten wurde.

Ueber dem Thürgitter des Tempels hängt zuweilen eine platte weite Glocke, auf
welcher mit einem daneben hängenden breiten und eingeknüpften Bande von dem Bätenden
ein Geläut erregt wird. Doch ist dieses eine neue, von den Budsdo angenommene Ge-
wohnheit, die bei den Alten nicht gebräuchlich, auch noch jezt nicht in allen Mias einge-
führt ist.

Jnwendig im Tempel hängt etwas weißes, in kleine Stücken zerschnittenes Papier
herum, welches die Reinigkeit des Orts anzeigen sol. Jn der Mitte sieht man oft einen

runden
K k 2

Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Drittes Buch. Zweit. Kap. ꝛc.
doppelten Querbalken aus gleicher Materie, deren oberſter zur Pracht eingebogen iſt und
zu beiden Seiten hervorragt. Zwiſchen dieſen ſteht eine ſteinerne Tafel, welche in guͤldnen
Characteren den Namen des Tempels darſtelt. Eben eine ſolche ſteinerne Pfortpfoſte ſteht
oͤfters auch noch vor der Mia oder deſſen Vorhofsmauer. Unweit der Mia ſteht zuweilen
ein ſteinerner Waſchkuͤbel, worin ſich die Anbeter reinigen koͤnnen; und ganz zunaͤchſt an derTab.
XVII.
Fig. A.

Mia findet man einen großen hoͤlzernen Armenkaſten.

Die Mia ſelbſt iſt gar kein praͤchtiges Gebaͤude; ſondern ſchlecht, ſimpel und nur
von Holz, oͤfters nur ein kleines viereckiges Haͤuslein, doch von ſchoͤnen, ſtarken Balken
erbauet. Sie hat gemeiniglich wenig uͤber zwei bis drei Mannshoͤhen, zwei oder mehr Klaf-
ter ins Quadrat, iſt eine Elle oder etwas mehr uͤber die Erde erhaben, und gemeiniglich mit
einem ſchmalen hoͤheren Eſtrich umgeben. Das ganze Gebaͤude ruht auf Pfaͤhlen und
man mus eine oder mehr Treppen hinanſteigen. Die Vorderſeite beſteht aus zwei Gitterthuͤ-
ren, durch die man hineinſchauen und ſeine Ehrfurcht bezeugen kan. Dieſe Thuͤren blei-
ben beſtaͤndig geſchloſſen, und oft findet man gar nicht einmal Huͤter und Bediente bei
denſelben.

Manche Mias ſind weitlaͤuftiger gebauet, mit einer Antichambre und Neben-
zimmern verſehn, in denen dann die Tempelhuͤter dem Came zu Ehren in ihrem heiligen
Gewand ausgeſchmuͤckt ſitzen. Aber allemal ſind die Mias gegittert und durchſichtig, und
der Eſtrich iſt mit Matten belegt. An drei Seiten, nehmlich von hinten und zu beiden
Seiten, iſt der Tempel gemeiniglich mit Brettern verſchloſſen. Das Dach iſt mit Steinen
oder Schindeln bedekt, es ſtehet gemeiniglich uͤber das umgebende Eſtrich hervor und zeich-
net ſich von andern Gebaͤuden durch verſchiedne Faͤcher und Verdoppelungen der zierlich her-
vorragenden Balken aus, worin uͤberhaupt die groͤſte Pracht in allen Tempeln dieſer Laͤnder
beſteht. Oben ſchlieſt das Dach zuweilen ein nach der Laͤnge uͤbergefuͤgter Balken, hinter
welchem man noch einen andern in die Queer uͤberlegt. Dies geſchieht zum Andenken des
erſten Tempels Jsje, der zwar ſchlecht, aber doch ſo ſcharfſinnig und faſt unnachahmlich in
einander gefuͤgt war, daß blos durch das Gewicht dieſer verſchiednen Balken das ganze Ge-
baͤude feſt erhalten wurde.

Ueber dem Thuͤrgitter des Tempels haͤngt zuweilen eine platte weite Glocke, auf
welcher mit einem daneben haͤngenden breiten und eingeknuͤpften Bande von dem Baͤtenden
ein Gelaͤut erregt wird. Doch iſt dieſes eine neue, von den Budſdo angenommene Ge-
wohnheit, die bei den Alten nicht gebraͤuchlich, auch noch jezt nicht in allen Mias einge-
fuͤhrt iſt.

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herum, welches die Reinigkeit des Orts anzeigen ſol. Jn der Mitte ſieht man oft einen

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[259/0363] Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Drittes Buch. Zweit. Kap. ꝛc. doppelten Querbalken aus gleicher Materie, deren oberſter zur Pracht eingebogen iſt und zu beiden Seiten hervorragt. Zwiſchen dieſen ſteht eine ſteinerne Tafel, welche in guͤldnen Characteren den Namen des Tempels darſtelt. Eben eine ſolche ſteinerne Pfortpfoſte ſteht oͤfters auch noch vor der Mia oder deſſen Vorhofsmauer. Unweit der Mia ſteht zuweilen ein ſteinerner Waſchkuͤbel, worin ſich die Anbeter reinigen koͤnnen; und ganz zunaͤchſt an der Mia findet man einen großen hoͤlzernen Armenkaſten. Tab. XVII. Fig. A. Die Mia ſelbſt iſt gar kein praͤchtiges Gebaͤude; ſondern ſchlecht, ſimpel und nur von Holz, oͤfters nur ein kleines viereckiges Haͤuslein, doch von ſchoͤnen, ſtarken Balken erbauet. Sie hat gemeiniglich wenig uͤber zwei bis drei Mannshoͤhen, zwei oder mehr Klaf- ter ins Quadrat, iſt eine Elle oder etwas mehr uͤber die Erde erhaben, und gemeiniglich mit einem ſchmalen hoͤheren Eſtrich umgeben. Das ganze Gebaͤude ruht auf Pfaͤhlen und man mus eine oder mehr Treppen hinanſteigen. Die Vorderſeite beſteht aus zwei Gitterthuͤ- ren, durch die man hineinſchauen und ſeine Ehrfurcht bezeugen kan. Dieſe Thuͤren blei- ben beſtaͤndig geſchloſſen, und oft findet man gar nicht einmal Huͤter und Bediente bei denſelben. Manche Mias ſind weitlaͤuftiger gebauet, mit einer Antichambre und Neben- zimmern verſehn, in denen dann die Tempelhuͤter dem Came zu Ehren in ihrem heiligen Gewand ausgeſchmuͤckt ſitzen. Aber allemal ſind die Mias gegittert und durchſichtig, und der Eſtrich iſt mit Matten belegt. An drei Seiten, nehmlich von hinten und zu beiden Seiten, iſt der Tempel gemeiniglich mit Brettern verſchloſſen. Das Dach iſt mit Steinen oder Schindeln bedekt, es ſtehet gemeiniglich uͤber das umgebende Eſtrich hervor und zeich- net ſich von andern Gebaͤuden durch verſchiedne Faͤcher und Verdoppelungen der zierlich her- vorragenden Balken aus, worin uͤberhaupt die groͤſte Pracht in allen Tempeln dieſer Laͤnder beſteht. Oben ſchlieſt das Dach zuweilen ein nach der Laͤnge uͤbergefuͤgter Balken, hinter welchem man noch einen andern in die Queer uͤberlegt. Dies geſchieht zum Andenken des erſten Tempels Jsje, der zwar ſchlecht, aber doch ſo ſcharfſinnig und faſt unnachahmlich in einander gefuͤgt war, daß blos durch das Gewicht dieſer verſchiednen Balken das ganze Ge- baͤude feſt erhalten wurde. Ueber dem Thuͤrgitter des Tempels haͤngt zuweilen eine platte weite Glocke, auf welcher mit einem daneben haͤngenden breiten und eingeknuͤpften Bande von dem Baͤtenden ein Gelaͤut erregt wird. Doch iſt dieſes eine neue, von den Budſdo angenommene Ge- wohnheit, die bei den Alten nicht gebraͤuchlich, auch noch jezt nicht in allen Mias einge- fuͤhrt iſt. Jnwendig im Tempel haͤngt etwas weißes, in kleine Stuͤcken zerſchnittenes Papier herum, welches die Reinigkeit des Orts anzeigen ſol. Jn der Mitte ſieht man oft einen runden K k 2

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777/363>, abgerufen am 24.11.2024.