Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.Einleitung des Herausgebers. Amt und der Ruf von seiner großen Geschiklichkeit erwarb ihm bald eine sehr ausgebreitetePraxis, nicht nach seiner Neigung, wie er in der Vorrede zu den Amoenitatibus versi- chert, weil die Geschäfte des Arztes und des Hausvaters ihn zu sehr von dem Lieblingsge- schäfte ableiteten, das er seinen reifern Jahren vorbehalten hatte -- nemlich der ruhigen Verarbeitung dessen, was er in der Blüthe des Lebens gesamlet hatte. Um seine Arbeiten, und besonders die ökonomische Verwaltung eines väterlichen Kämpfer hatte auf seinen weiten Reisen nicht nur seine Kentnisse vermehrt, und Auch die der Leichenpredigt angehängte Biographie versichert, daß Kämpfer sich Als Schriftsteller erscheint Kämpfer ganz vorzüglich in dem vortheilhaftesten gen
Einleitung des Herausgebers. Amt und der Ruf von ſeiner großen Geſchiklichkeit erwarb ihm bald eine ſehr ausgebreitetePraxis, nicht nach ſeiner Neigung, wie er in der Vorrede zu den Amoenitatibus verſi- chert, weil die Geſchaͤfte des Arztes und des Hausvaters ihn zu ſehr von dem Lieblingsge- ſchaͤfte ableiteten, das er ſeinen reifern Jahren vorbehalten hatte — nemlich der ruhigen Verarbeitung deſſen, was er in der Bluͤthe des Lebens geſamlet hatte. Um ſeine Arbeiten, und beſonders die oͤkonomiſche Verwaltung eines vaͤterlichen Kaͤmpfer hatte auf ſeinen weiten Reiſen nicht nur ſeine Kentniſſe vermehrt, und Auch die der Leichenpredigt angehaͤngte Biographie verſichert, daß Kaͤmpfer ſich Als Schriftſteller erſcheint Kaͤmpfer ganz vorzuͤglich in dem vortheilhafteſten gen
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Einleitung des Herausgebers.
Amt und der Ruf von ſeiner großen Geſchiklichkeit erwarb ihm bald eine ſehr ausgebreitete
Praxis, nicht nach ſeiner Neigung, wie er in der Vorrede zu den Amoenitatibus verſi-
chert, weil die Geſchaͤfte des Arztes und des Hausvaters ihn zu ſehr von dem Lieblingsge-
ſchaͤfte ableiteten, das er ſeinen reifern Jahren vorbehalten hatte — nemlich der ruhigen
Verarbeitung deſſen, was er in der Bluͤthe des Lebens geſamlet hatte.
Um ſeine Arbeiten, und beſonders die oͤkonomiſche Verwaltung eines vaͤterlichen
Guts, (Steinhoff bey Lieme ohnweit Lemgo) einigermaßen zu erleichtern, verheirathete ſich
Kaͤmpfer noch im 49ſten Jahre mit der Tochter des Churfuͤrſtl. Braunſchweigiſch-Luͤnebur-
giſchen Hoffaktors, Wilfach zur Stolzenau. Seine Ehe war nicht gluͤklich. Sehr naif
ſagt Kaͤmpfers Neffe, er habe in dem Eheſtande gefunden, was er vorher auf der Reiſe
zwiſchen China und Japan erfahren. Der wahrſcheinlichſten Vermuthung nach war un-
ſer Kaͤmpfer, bey dieſen Stuͤrmen, die noch ſein Alter bewoͤlkten, nicht der ſchuldige Theil.
Er zeugte noch drey Kinder, die aber noch vor ihm ſtarben. Sein Tod ſcheint (nach einer
Anſpielung des Parentators) durch ſeine unartige Gattin befoͤrdert zu ſeyn. Er erfolgte,
nach oͤftern Anfaͤllen von Colik, in den leztern Jahren, am 2ten November 1716, da er ei-
nige Wochen uͤber ſein 65ſtes Jahr gelebt hatte.
Kaͤmpfer hatte auf ſeinen weiten Reiſen nicht nur ſeine Kentniſſe vermehrt, und
ſeinen Verſtand gebildet; ſondern auch ſeinem moraliſchen Charakter die Guͤte und Ausbil-
dung gegeben, die bey einem Manne von ſo edler Wißbegierde und geſunder Vernunft
allemal erwartet werden koͤnnen. Schon ſeine Schriften zeugen den redlichen, ehrlichen
und vorzuͤglich wahrheitsliebenden Mann, dem ſein Leben unter Menſchen von mancher-
ley Farbe und Denkart eine gefaͤllige Geſchwindigkeit gegeben hatte.
Auch die der Leichenpredigt angehaͤngte Biographie verſichert, daß Kaͤmpfer ſich
die algemeine Achtung ſeiner Landsleute erworben, und daß ſelbſt der Neid ſeiner habe ſcho-
nen muͤſſen. Er war, ſagt ſie, in der Converſation gegen Hoͤhere ehrerbietig, gegen
Alle dienſtfertig und leutſelig, gegen die Duͤrftigen mitleidig und huͤlfreich. Sein Haus
ſtand allen Nothleidenden, auch den Armen, Fremden, und Einheimiſchen immer offen.
Auch in der Beobachtung der aͤußern Religionspflichten bewies er ſich als einen guten Chri-
ſten. Er bediente ſich andaͤchtig des Heil. Abendmals, wohnte dem oͤffentlichen Gottes-
dienſte regelmaͤßig bey, und erſetzte ihn, wenn er durch Geſchaͤfte oder Krankheit gehindert
wurde, durch einen haͤuslichen. Auch wenn er geſund war, hielt er taͤglich mit ſeinem
Geſinde Baͤtſtunde.
Als Schriftſteller erſcheint Kaͤmpfer ganz vorzuͤglich in dem vortheilhafteſten
Lichte. Sicher iſt er einer der beſten ſeiner Zeit, — und einer der erſten in ſeiner Zunft.
Jch glaube hier nicht partheiiſch zu ſeyn, da einer der groͤſten Kenner von Reiſebeſchreibun-
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