Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.

Bild:
<< vorherige Seite

Einleitung des Herausgebers.
kam. Diese Reise ist im ersten Kapitel des ersten Buchs des Werks, das ich heraus-
gebe, vom Verfasser selbst beschrieben worden; und man lernt eben da, mit welchem For-
schungsgeiste Kämpfer die kurze Zeit von nicht einem vollen Monat nüzte, seine und des
europäischen Publikums Kentnisse über Siam zu erweitern.

Unmittelbar vor seiner Ankunft in diesem Sitze des schändlichsten Despotismus hat-
ten die berühmten von den Vätern der Geselschaft Jesu angegebnen Gesandschaften Lud-
wig XIV noch Demselben Anlas zu sehr ausführlichen und genauen Beschreibungen gegeben.
Die Tachard, Chaumont, Gervaise, Choisy, Forbin und, -- den ich zuerst hätte
nennen sollen -- la Loubere sind ihre Verfasser. Man hätte denken sollen, daß nach so
vielen und fleißigen Untersuchern einem Reisenden, der unmittelbar nach ihnen kam, nichts
mehr würde übrig gelassen seyn. Aber dieser Reisende war Kämpfer -- und er hat in vier
Wochen Manches gesehn, was seinen Vorgängern, die Jahre dort zubrachten, entwischt
war. Seine Uebereinstimmung mit dem Besten derselben ist zugleich ein Beweis der Rich-
tigkeit seiner Nachrichten überhaupt. Ueber die Zeitrechnung, Geschichte, Religion und
Sitten der Siamer hat er besonders viele erhebliche Bemerkungen geliefert; und von der
bekanten Revolution, welche die Franzosen und den Constantin Phaulkon verbante, giebt
Kämpfer verschiedne ganz neue Nachrichten, welche von denen der französischen Schrift-
steller etwas abweichen. Er verdient hierin ohne Zweifel mehr Glauben als diese, welche
aus Siam vertrieben waren, und also nicht so genaue Nachrichten liefern konten, als Käm-
pfer,
der nach ihnen seine Nachrichten im Lande selbst einzog.

Kämpfer verlies Siam am 4ten Julii 1690. Seine Reise nach Japan, wo
er am 26sten September ankam, ist im dritten Kapitel des ersten Buchs dieser Geschichte
und Beschreibung von Japan
umständlich beschrieben. Jch füge demselben noch einen
zweiten Brief unsers Kämpfers an seinen Bruder Joachim Kämpfer bey, der sich da-
mals in Leiden als Doctor Juris aufhielt.

Hochgeehrtester, herzwehrtester Herr Bruder.

Meine Reise von Batavia habe durch günstigen Zulaß meiner Herrn Patronen daselbst
auf Siam genommen, und nachdem diesen Hof und des Landes Gelegenheit zur Genüge beäu-
get, die Reise anhero genommen, die aber wegen der contrairen Nordostsaison nicht nur
sehr lange, sondern voller Gefahr und Jnkommodite gewesen, daß wir zwischen China und
Japan allein bey zwey Monat in Ungewitter und steter Gefahr zugebracht, woselbst Cajüt

und
d 2

Einleitung des Herausgebers.
kam. Dieſe Reiſe iſt im erſten Kapitel des erſten Buchs des Werks, das ich heraus-
gebe, vom Verfaſſer ſelbſt beſchrieben worden; und man lernt eben da, mit welchem For-
ſchungsgeiſte Kaͤmpfer die kurze Zeit von nicht einem vollen Monat nuͤzte, ſeine und des
europaͤiſchen Publikums Kentniſſe uͤber Siam zu erweitern.

Unmittelbar vor ſeiner Ankunft in dieſem Sitze des ſchaͤndlichſten Deſpotiſmus hat-
ten die beruͤhmten von den Vaͤtern der Geſelſchaft Jeſu angegebnen Geſandſchaften Lud-
wig XIV noch Demſelben Anlas zu ſehr ausfuͤhrlichen und genauen Beſchreibungen gegeben.
Die Tachard, Chaumont, Gervaiſe, Choiſy, Forbin und, — den ich zuerſt haͤtte
nennen ſollen — la Loubere ſind ihre Verfaſſer. Man haͤtte denken ſollen, daß nach ſo
vielen und fleißigen Unterſuchern einem Reiſenden, der unmittelbar nach ihnen kam, nichts
mehr wuͤrde uͤbrig gelaſſen ſeyn. Aber dieſer Reiſende war Kaͤmpfer — und er hat in vier
Wochen Manches geſehn, was ſeinen Vorgaͤngern, die Jahre dort zubrachten, entwiſcht
war. Seine Uebereinſtimmung mit dem Beſten derſelben iſt zugleich ein Beweis der Rich-
tigkeit ſeiner Nachrichten uͤberhaupt. Ueber die Zeitrechnung, Geſchichte, Religion und
Sitten der Siamer hat er beſonders viele erhebliche Bemerkungen geliefert; und von der
bekanten Revolution, welche die Franzoſen und den Conſtantin Phaulkon verbante, giebt
Kaͤmpfer verſchiedne ganz neue Nachrichten, welche von denen der franzoͤſiſchen Schrift-
ſteller etwas abweichen. Er verdient hierin ohne Zweifel mehr Glauben als dieſe, welche
aus Siam vertrieben waren, und alſo nicht ſo genaue Nachrichten liefern konten, als Kaͤm-
pfer,
der nach ihnen ſeine Nachrichten im Lande ſelbſt einzog.

Kaͤmpfer verlies Siam am 4ten Julii 1690. Seine Reiſe nach Japan, wo
er am 26ſten September ankam, iſt im dritten Kapitel des erſten Buchs dieſer Geſchichte
und Beſchreibung von Japan
umſtaͤndlich beſchrieben. Jch fuͤge demſelben noch einen
zweiten Brief unſers Kaͤmpfers an ſeinen Bruder Joachim Kaͤmpfer bey, der ſich da-
mals in Leiden als Doctor Juris aufhielt.

Hochgeehrteſter, herzwehrteſter Herr Bruder.

Meine Reiſe von Batavia habe durch guͤnſtigen Zulaß meiner Herrn Patronen daſelbſt
auf Siam genommen, und nachdem dieſen Hof und des Landes Gelegenheit zur Genuͤge beaͤu-
get, die Reiſe anhero genommen, die aber wegen der contrairen Nordoſtſaiſon nicht nur
ſehr lange, ſondern voller Gefahr und Jnkommodite geweſen, daß wir zwiſchen China und
Japan allein bey zwey Monat in Ungewitter und ſteter Gefahr zugebracht, woſelbſt Cajuͤt

und
d 2
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0031" n="XXVII"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Einleitung des Herausgebers.</hi></fw><lb/>
kam. Die&#x017F;e Rei&#x017F;e i&#x017F;t im <hi rendition="#fr">er&#x017F;ten Kapitel des er&#x017F;ten Buchs des Werks,</hi> das ich heraus-<lb/>
gebe, vom Verfa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;elb&#x017F;t be&#x017F;chrieben worden; und man lernt eben da, mit welchem For-<lb/>
&#x017F;chungsgei&#x017F;te <hi rendition="#fr">Ka&#x0364;mpfer</hi> die kurze Zeit von nicht einem vollen Monat nu&#x0364;zte, &#x017F;eine und des<lb/>
europa&#x0364;i&#x017F;chen Publikums Kentni&#x017F;&#x017F;e u&#x0364;ber <hi rendition="#fr">Siam</hi> zu erweitern.</p><lb/>
          <p>Unmittelbar vor &#x017F;einer Ankunft in die&#x017F;em Sitze des &#x017F;cha&#x0364;ndlich&#x017F;ten De&#x017F;poti&#x017F;mus hat-<lb/>
ten die beru&#x0364;hmten von den Va&#x0364;tern der Ge&#x017F;el&#x017F;chaft Je&#x017F;u angegebnen Ge&#x017F;and&#x017F;chaften Lud-<lb/>
wig <hi rendition="#aq">XIV</hi> noch Dem&#x017F;elben Anlas zu &#x017F;ehr ausfu&#x0364;hrlichen und genauen Be&#x017F;chreibungen gegeben.<lb/>
Die <hi rendition="#fr">Tachard, Chaumont, Gervai&#x017F;e, Choi&#x017F;y, Forbin</hi> und, &#x2014; den ich zuer&#x017F;t ha&#x0364;tte<lb/>
nennen &#x017F;ollen &#x2014; la <hi rendition="#fr">Loubere</hi> &#x017F;ind ihre Verfa&#x017F;&#x017F;er. Man ha&#x0364;tte denken &#x017F;ollen, daß nach &#x017F;o<lb/>
vielen und fleißigen Unter&#x017F;uchern einem Rei&#x017F;enden, der unmittelbar nach ihnen kam, nichts<lb/>
mehr wu&#x0364;rde u&#x0364;brig gela&#x017F;&#x017F;en &#x017F;eyn. Aber die&#x017F;er Rei&#x017F;ende war <hi rendition="#fr">Ka&#x0364;mpfer</hi> &#x2014; und er hat in vier<lb/>
Wochen Manches ge&#x017F;ehn, was &#x017F;einen Vorga&#x0364;ngern, die Jahre dort zubrachten, entwi&#x017F;cht<lb/>
war. Seine Ueberein&#x017F;timmung mit dem Be&#x017F;ten der&#x017F;elben i&#x017F;t zugleich ein Beweis der Rich-<lb/>
tigkeit &#x017F;einer Nachrichten u&#x0364;berhaupt. Ueber die Zeitrechnung, Ge&#x017F;chichte, Religion und<lb/>
Sitten der <hi rendition="#fr">Siamer</hi> hat er be&#x017F;onders viele erhebliche Bemerkungen geliefert; und von der<lb/>
bekanten Revolution, welche die Franzo&#x017F;en und den <hi rendition="#fr">Con&#x017F;tantin Phaulkon</hi> verbante, giebt<lb/><hi rendition="#fr">Ka&#x0364;mpfer</hi> ver&#x017F;chiedne ganz neue Nachrichten, welche von denen der franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Schrift-<lb/>
&#x017F;teller etwas abweichen. Er verdient hierin ohne Zweifel mehr Glauben als die&#x017F;e, welche<lb/>
aus <hi rendition="#fr">Siam</hi> vertrieben waren, und al&#x017F;o nicht &#x017F;o genaue Nachrichten liefern konten, als <hi rendition="#fr">Ka&#x0364;m-<lb/>
pfer,</hi> der nach ihnen &#x017F;eine Nachrichten im Lande &#x017F;elb&#x017F;t einzog.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Ka&#x0364;mpfer</hi> verlies <hi rendition="#fr">Siam</hi> am 4ten Julii 1690. Seine Rei&#x017F;e nach Japan, wo<lb/>
er am 26&#x017F;ten September ankam, i&#x017F;t im dritten Kapitel des er&#x017F;ten Buchs die&#x017F;er <hi rendition="#fr">Ge&#x017F;chichte<lb/>
und Be&#x017F;chreibung von Japan</hi> um&#x017F;ta&#x0364;ndlich be&#x017F;chrieben. Jch fu&#x0364;ge dem&#x017F;elben noch einen<lb/>
zweiten Brief un&#x017F;ers <hi rendition="#fr">Ka&#x0364;mpfers</hi> an &#x017F;einen Bruder <hi rendition="#fr">Joachim Ka&#x0364;mpfer</hi> bey, der &#x017F;ich da-<lb/>
mals in <hi rendition="#fr">Leiden</hi> als <hi rendition="#aq">Doctor Juris</hi> aufhielt.</p><lb/>
          <floatingText>
            <body>
              <salute> <hi rendition="#b">Hochgeehrte&#x017F;ter, herzwehrte&#x017F;ter Herr Bruder.</hi> </salute><lb/>
              <p><hi rendition="#in">M</hi>eine Rei&#x017F;e von Batavia habe durch gu&#x0364;n&#x017F;tigen Zulaß meiner Herrn Patronen da&#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
auf Siam genommen, und nachdem die&#x017F;en Hof und des Landes Gelegenheit zur Genu&#x0364;ge bea&#x0364;u-<lb/>
get, die Rei&#x017F;e anhero genommen, die aber wegen der contrairen Nordo&#x017F;t&#x017F;ai&#x017F;on nicht nur<lb/>
&#x017F;ehr lange, &#x017F;ondern voller Gefahr und Jnkommodite gewe&#x017F;en, daß wir zwi&#x017F;chen China und<lb/>
Japan allein bey zwey Monat in Ungewitter und &#x017F;teter Gefahr zugebracht, wo&#x017F;elb&#x017F;t Caju&#x0364;t<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">d 2</fw><fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
            </body>
          </floatingText>
        </div>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[XXVII/0031] Einleitung des Herausgebers. kam. Dieſe Reiſe iſt im erſten Kapitel des erſten Buchs des Werks, das ich heraus- gebe, vom Verfaſſer ſelbſt beſchrieben worden; und man lernt eben da, mit welchem For- ſchungsgeiſte Kaͤmpfer die kurze Zeit von nicht einem vollen Monat nuͤzte, ſeine und des europaͤiſchen Publikums Kentniſſe uͤber Siam zu erweitern. Unmittelbar vor ſeiner Ankunft in dieſem Sitze des ſchaͤndlichſten Deſpotiſmus hat- ten die beruͤhmten von den Vaͤtern der Geſelſchaft Jeſu angegebnen Geſandſchaften Lud- wig XIV noch Demſelben Anlas zu ſehr ausfuͤhrlichen und genauen Beſchreibungen gegeben. Die Tachard, Chaumont, Gervaiſe, Choiſy, Forbin und, — den ich zuerſt haͤtte nennen ſollen — la Loubere ſind ihre Verfaſſer. Man haͤtte denken ſollen, daß nach ſo vielen und fleißigen Unterſuchern einem Reiſenden, der unmittelbar nach ihnen kam, nichts mehr wuͤrde uͤbrig gelaſſen ſeyn. Aber dieſer Reiſende war Kaͤmpfer — und er hat in vier Wochen Manches geſehn, was ſeinen Vorgaͤngern, die Jahre dort zubrachten, entwiſcht war. Seine Uebereinſtimmung mit dem Beſten derſelben iſt zugleich ein Beweis der Rich- tigkeit ſeiner Nachrichten uͤberhaupt. Ueber die Zeitrechnung, Geſchichte, Religion und Sitten der Siamer hat er beſonders viele erhebliche Bemerkungen geliefert; und von der bekanten Revolution, welche die Franzoſen und den Conſtantin Phaulkon verbante, giebt Kaͤmpfer verſchiedne ganz neue Nachrichten, welche von denen der franzoͤſiſchen Schrift- ſteller etwas abweichen. Er verdient hierin ohne Zweifel mehr Glauben als dieſe, welche aus Siam vertrieben waren, und alſo nicht ſo genaue Nachrichten liefern konten, als Kaͤm- pfer, der nach ihnen ſeine Nachrichten im Lande ſelbſt einzog. Kaͤmpfer verlies Siam am 4ten Julii 1690. Seine Reiſe nach Japan, wo er am 26ſten September ankam, iſt im dritten Kapitel des erſten Buchs dieſer Geſchichte und Beſchreibung von Japan umſtaͤndlich beſchrieben. Jch fuͤge demſelben noch einen zweiten Brief unſers Kaͤmpfers an ſeinen Bruder Joachim Kaͤmpfer bey, der ſich da- mals in Leiden als Doctor Juris aufhielt. Hochgeehrteſter, herzwehrteſter Herr Bruder. Meine Reiſe von Batavia habe durch guͤnſtigen Zulaß meiner Herrn Patronen daſelbſt auf Siam genommen, und nachdem dieſen Hof und des Landes Gelegenheit zur Genuͤge beaͤu- get, die Reiſe anhero genommen, die aber wegen der contrairen Nordoſtſaiſon nicht nur ſehr lange, ſondern voller Gefahr und Jnkommodite geweſen, daß wir zwiſchen China und Japan allein bey zwey Monat in Ungewitter und ſteter Gefahr zugebracht, woſelbſt Cajuͤt und d 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777/31
Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777, S. XXVII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777/31>, abgerufen am 18.12.2024.