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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.

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Kämpfers Geschichte von Japan. Zweites Buch.

Der erste chinesische Kaiser, von welchem in diesem zweiten Alter Meldung ge-
schieht, ist Fuki oder mit seinem ganzen Tittel Ta ko Fuki, welches die Chineser Fohi
aussprechen. Dieser Fürst hatte nach einiger Bericht einen Schlangenleib, und nach an-
drer Meinung ein Schlangenhaupt und einen sehr hohen Verstand. Er entdekte die Be-
wegung der Himmel und die zwölf himlischen Zeichen, und theilete die Zeit in Monate und
Jahre ein; erfand viele nüzliche Künste und Wissenschaften, welche er der Welt zum al-
gemeinen Nutzen der Menschen mittheilte. Die Chineser machen ihn zu ihrem ersten
Kaiser und Grundleger ihrer Monarchie, und viele unter ihnen geben vor, daß sie von des-
sen Regierung bis auf gegenwärtige Zeit eine ganz genaue und ununterbrochene Geschichte
ihres Kaiserthums aufweisen können, nebst einer wahrhaften chronologischen Erbfolge ihrer
Kaiser, welche vor dieser Zeit ganz zweifel- und fabelhaft gewesen sey. Der erwähnte
Kaiser sol nach einem meiner japanischen Geschichtschreiber 20, 446 vor Symnu oder
21, 106 Jahr vor Christi Geburt, und also viele 1000 Jahre vor der Schopfung zu regie-
ren angefangen haben. Jhm gebührt aber eigentlich in dieser andern Periode keine Stelle,
sondern er solte billiger in die erste und fabelhafte Zeit versezt werden.*) Mein anderer
chronologischer Autor sezt den Anfang seiner Regierung mit mehr Wahrscheinlichkeit in das
2928te Jahr vor Symnu, welches ist das 3588te vor Christi Geburt oder nach Petavio
das 396te Jahr nach der Schöpfung. Er hat nach einem Autor 110 und nach einem an-
dern 115 Jahr regiert. Da ich den leztern Autor in vielen Sachen weit accurater als den

ersten
*) [Spaltenumbruch]
Kämpfer hat hier gerade eben das geur-
theilt, was nach ihm die besten Untersucher der
sinesischen Geschichte behauptet haben. Herr De-
guignes -- dieser beinahe einzige unter den euro-
päischen Gelehrten, der zu sinesischen Quellen Zu-
gang gehabt hat, sagt: "Es ist uumöglich zu be-
stimmen, zu welcher Zeit Fohi gelebt und regiert
habe. Die chinesischen Geschichtschreiber sind hier-
in sehr ungleicher Meinung. Und ich glaube
nicht, daß die historische Gewisheit bis auf seine
Zeiten herausgehn kan, da die Chineser selbst sie
nur von des Yao Zeit her behaupten." S. seine
algemeine Geschichte der Hunnen etc. nach der deut-
schen Uebersetzung p. 4. Hr. Hofrath Gatterer
trit eben dieser Meinung bei, s. sein Handbuch der
Universalhistorie, p. 26. Auch der Pater du Halde
behauptet, daß nach den besten sinesischen Geschicht-
[Spaltenumbruch] schreibern die Zeit des Fohi schlechterdings nicht
zu bestimmen sey; s. Description de l'Empire de
la Chine T. I. p.
260. Auch Couplet selbst trent
doch den Fohi und Xin-Num von der für wahr
gehaltnen Geschichte; ob er gleich, wie wir so-
gleich sehn werden, dreist genug ist, den Regie-
rungsanhang des Fohi genau anzusetzen, doch ohne
Gründe anzugeben. Kircher erwähnt einmal bei-
läufig, (S. China illustrata Part. VI. c. I. p. 225)
daß seiner Meinung nach Fohi ohngefehr 300 Jahre
nach der Sündfluht die Buchstaben der Sineser
erfunden habe. Allein auch er giebt keine Gründe.
Martin Martinius (in seiner sinicae Historiae De-
cas 1. 1658. 4. p.
11) sezt den Regierungsanfang
des Fohi ins Jahr vor Christo 2952; Couplet folgt
ihm hierin.
Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Zweites Buch.

Der erſte chineſiſche Kaiſer, von welchem in dieſem zweiten Alter Meldung ge-
ſchieht, iſt Fuki oder mit ſeinem ganzen Tittel Ta ko Fuki, welches die Chineſer Fohi
ausſprechen. Dieſer Fuͤrſt hatte nach einiger Bericht einen Schlangenleib, und nach an-
drer Meinung ein Schlangenhaupt und einen ſehr hohen Verſtand. Er entdekte die Be-
wegung der Himmel und die zwoͤlf himliſchen Zeichen, und theilete die Zeit in Monate und
Jahre ein; erfand viele nuͤzliche Kuͤnſte und Wiſſenſchaften, welche er der Welt zum al-
gemeinen Nutzen der Menſchen mittheilte. Die Chineſer machen ihn zu ihrem erſten
Kaiſer und Grundleger ihrer Monarchie, und viele unter ihnen geben vor, daß ſie von deſ-
ſen Regierung bis auf gegenwaͤrtige Zeit eine ganz genaue und ununterbrochene Geſchichte
ihres Kaiſerthums aufweiſen koͤnnen, nebſt einer wahrhaften chronologiſchen Erbfolge ihrer
Kaiſer, welche vor dieſer Zeit ganz zweifel- und fabelhaft geweſen ſey. Der erwaͤhnte
Kaiſer ſol nach einem meiner japaniſchen Geſchichtſchreiber 20, 446 vor Symnu oder
21, 106 Jahr vor Chriſti Geburt, und alſo viele 1000 Jahre vor der Schopfung zu regie-
ren angefangen haben. Jhm gebuͤhrt aber eigentlich in dieſer andern Periode keine Stelle,
ſondern er ſolte billiger in die erſte und fabelhafte Zeit verſezt werden.*) Mein anderer
chronologiſcher Autor ſezt den Anfang ſeiner Regierung mit mehr Wahrſcheinlichkeit in das
2928te Jahr vor Symnu, welches iſt das 3588te vor Chriſti Geburt oder nach Petavio
das 396te Jahr nach der Schoͤpfung. Er hat nach einem Autor 110 und nach einem an-
dern 115 Jahr regiert. Da ich den leztern Autor in vielen Sachen weit accurater als den

erſten
*) [Spaltenumbruch]
Kaͤmpfer hat hier gerade eben das geur-
theilt, was nach ihm die beſten Unterſucher der
ſineſiſchen Geſchichte behauptet haben. Herr De-
guignes -- dieſer beinahe einzige unter den euro-
paͤiſchen Gelehrten, der zu ſineſiſchen Quellen Zu-
gang gehabt hat, ſagt: „Es iſt uumoͤglich zu be-
ſtimmen, zu welcher Zeit Fohi gelebt und regiert
habe. Die chineſiſchen Geſchichtſchreiber ſind hier-
in ſehr ungleicher Meinung. Und ich glaube
nicht, daß die hiſtoriſche Gewisheit bis auf ſeine
Zeiten herausgehn kan, da die Chineſer ſelbſt ſie
nur von des Yao Zeit her behaupten.‟ S. ſeine
algemeine Geſchichte der Hunnen ꝛc. nach der deut-
ſchen Ueberſetzung p. 4. Hr. Hofrath Gatterer
trit eben dieſer Meinung bei, ſ. ſein Handbuch der
Univerſalhiſtorie, p. 26. Auch der Pater du Halde
behauptet, daß nach den beſten ſineſiſchen Geſchicht-
[Spaltenumbruch] ſchreibern die Zeit des Fohi ſchlechterdings nicht
zu beſtimmen ſey; ſ. Deſcription de l’Empire de
la Chine T. I. p.
260. Auch Couplet ſelbſt trent
doch den Fohi und Xin-Num von der fuͤr wahr
gehaltnen Geſchichte; ob er gleich, wie wir ſo-
gleich ſehn werden, dreiſt genug iſt, den Regie-
rungsanhang des Fohi genau anzuſetzen, doch ohne
Gruͤnde anzugeben. Kircher erwaͤhnt einmal bei-
laͤufig, (S. China illuſtrata Part. VI. c. I. p. 225)
daß ſeiner Meinung nach Fohi ohngefehr 300 Jahre
nach der Suͤndfluht die Buchſtaben der Sineſer
erfunden habe. Allein auch er giebt keine Gruͤnde.
Martin Martinius (in ſeiner ſinicae Hiſtoriae De-
cas 1. 1658. 4. p.
11) ſezt den Regierungsanfang
des Fohi ins Jahr vor Chriſto 2952; Couplet folgt
ihm hierin.
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[166/0266] Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Zweites Buch. Der erſte chineſiſche Kaiſer, von welchem in dieſem zweiten Alter Meldung ge- ſchieht, iſt Fuki oder mit ſeinem ganzen Tittel Ta ko Fuki, welches die Chineſer Fohi ausſprechen. Dieſer Fuͤrſt hatte nach einiger Bericht einen Schlangenleib, und nach an- drer Meinung ein Schlangenhaupt und einen ſehr hohen Verſtand. Er entdekte die Be- wegung der Himmel und die zwoͤlf himliſchen Zeichen, und theilete die Zeit in Monate und Jahre ein; erfand viele nuͤzliche Kuͤnſte und Wiſſenſchaften, welche er der Welt zum al- gemeinen Nutzen der Menſchen mittheilte. Die Chineſer machen ihn zu ihrem erſten Kaiſer und Grundleger ihrer Monarchie, und viele unter ihnen geben vor, daß ſie von deſ- ſen Regierung bis auf gegenwaͤrtige Zeit eine ganz genaue und ununterbrochene Geſchichte ihres Kaiſerthums aufweiſen koͤnnen, nebſt einer wahrhaften chronologiſchen Erbfolge ihrer Kaiſer, welche vor dieſer Zeit ganz zweifel- und fabelhaft geweſen ſey. Der erwaͤhnte Kaiſer ſol nach einem meiner japaniſchen Geſchichtſchreiber 20, 446 vor Symnu oder 21, 106 Jahr vor Chriſti Geburt, und alſo viele 1000 Jahre vor der Schopfung zu regie- ren angefangen haben. Jhm gebuͤhrt aber eigentlich in dieſer andern Periode keine Stelle, ſondern er ſolte billiger in die erſte und fabelhafte Zeit verſezt werden. *) Mein anderer chronologiſcher Autor ſezt den Anfang ſeiner Regierung mit mehr Wahrſcheinlichkeit in das 2928te Jahr vor Symnu, welches iſt das 3588te vor Chriſti Geburt oder nach Petavio das 396te Jahr nach der Schoͤpfung. Er hat nach einem Autor 110 und nach einem an- dern 115 Jahr regiert. Da ich den leztern Autor in vielen Sachen weit accurater als den erſten *) Kaͤmpfer hat hier gerade eben das geur- theilt, was nach ihm die beſten Unterſucher der ſineſiſchen Geſchichte behauptet haben. Herr De- guignes -- dieſer beinahe einzige unter den euro- paͤiſchen Gelehrten, der zu ſineſiſchen Quellen Zu- gang gehabt hat, ſagt: „Es iſt uumoͤglich zu be- ſtimmen, zu welcher Zeit Fohi gelebt und regiert habe. Die chineſiſchen Geſchichtſchreiber ſind hier- in ſehr ungleicher Meinung. Und ich glaube nicht, daß die hiſtoriſche Gewisheit bis auf ſeine Zeiten herausgehn kan, da die Chineſer ſelbſt ſie nur von des Yao Zeit her behaupten.‟ S. ſeine algemeine Geſchichte der Hunnen ꝛc. nach der deut- ſchen Ueberſetzung p. 4. Hr. Hofrath Gatterer trit eben dieſer Meinung bei, ſ. ſein Handbuch der Univerſalhiſtorie, p. 26. Auch der Pater du Halde behauptet, daß nach den beſten ſineſiſchen Geſchicht- ſchreibern die Zeit des Fohi ſchlechterdings nicht zu beſtimmen ſey; ſ. Deſcription de l’Empire de la Chine T. I. p. 260. Auch Couplet ſelbſt trent doch den Fohi und Xin-Num von der fuͤr wahr gehaltnen Geſchichte; ob er gleich, wie wir ſo- gleich ſehn werden, dreiſt genug iſt, den Regie- rungsanhang des Fohi genau anzuſetzen, doch ohne Gruͤnde anzugeben. Kircher erwaͤhnt einmal bei- laͤufig, (S. China illuſtrata Part. VI. c. I. p. 225) daß ſeiner Meinung nach Fohi ohngefehr 300 Jahre nach der Suͤndfluht die Buchſtaben der Sineſer erfunden habe. Allein auch er giebt keine Gruͤnde. Martin Martinius (in ſeiner ſinicae Hiſtoriae De- cas 1. 1658. 4. p. 11) ſezt den Regierungsanfang des Fohi ins Jahr vor Chriſto 2952; Couplet folgt ihm hierin.

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777/266>, abgerufen am 24.11.2024.