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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.

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Kämpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch.

Eben so kennen auch die Japaner noch nicht die hinter Jesogasima liegenden und
von ihnen Oku Jeso genanten Länder; nur habe ich erfahren, daß sie ihnen 300 japanische
Meilen
Länge geben. Ein vor wenig Jahren dahin verschlagener Schiffer berichtet, daß
er unter den rauhen Einwohnern einige mit seinen sinesischen Zeugen bekleidet gesehn, und
daraus eine Verbindung dieses Landes mit Doats oder der Tatarei, wenigstens nur
eine geringe Entfernung gefolgert habe. Eine gleiche Nachricht brachte eine 1684 abge-
schikte sinesische Junke nach einer drei monatlichen Reise zurük. Ein viel gereiseter und
erfahrner Schiffer, welcher an allen Orten um Japan herumgefahren war, wuste mir auf
meine Frage nichts mehr als dieses zu sagen, daß der Strom zwischen Japan und Jeso-
gasima
beständig abwechselnd, bald nach Wesien, bald nach Osten, hinter Jesogasima
aber niemals anders als Nordwärts fließe. Er schlos daher, es müsse bei Doats (der
Tatarei) nothwendig ein Durchgang in nordische See seyn. Vor wenig
Jahren wurde auch eine kaiserliche Junke von der Ostküste Japans aus-
geschikt, welche zwischen 40 und 50 Grad viel ausstehen muste, und endlich östlich an
ein festes Land gerieth, das man für America hält. Die Junke überwinderte daselbst in
einem Seebusen, und glaubte zu bemerken, daß das Land nach Nordwesten eine Richtung
habe. Man beschlos nachher weiter keine Untersuchungen in diesen Gegenden anzustellen.
Jch habe verschiedne japanische Charten über diese Gegenden in Jedo bei Tsusima No
Cami,
dem Nongasackischen Gouverneur, auch in Symmios bei Osacca und in ver-
schiedenen andern Tempeln gesehen. Diese zeigen vor der großen Tatarei hinter Jesoga-
sima
noch ein hervorstehendes Land, das etwa 15 Grad der Länge mehr nach Osten liegt,
als das östliche Ufer Japans, und zwischen diesem Lande und America nach einem geräu-
migen Meer. Jch bemerkte auch auf diesem Lande mit Alphabeth Schriften noch folgende
Provinzen bezeichnet: Kabersan, Orankai, Sitsji, Ferisan, Amarisi. Zwischen
den beiden leztern Provinzen ergos sich ein großer Strom hinter Jeso gegen Südost in die
See. Aber so wie alle Charten der Japaner schlecht und nachlässig gemacht, und mit
keinen Graden der Länge und Breite versehen sind, daher auch immer eine von der andern
abgehen; so kan man sich auf dieselben gar nicht verlassen, vorzüglich nicht auf diejenigen,

welche
[Spaltenumbruch] mals noch sehr wenig bekanten Reiche zu Lande
durch noch unbekantere Theile von Rusland und
der Tatarei, im Jahr 1692. Witsen hat die Be-
schreibung derselben in holländischer Sprache her-
ausgegeben; nach welcher 1706 eine englische Ueber-
setzung gemacht ist, welche ich vor mir habe. Er
hat sich der Witsenschen Charte, wie er selbst
[Spaltenumbruch] sagt, auf seiner Reise beständig bedient und sie
mit der Natur verglichen. Diejenige, welche er
liefert, ist daher nicht, wie man aus Kämpfers
Worten schließen könte, blos ein Nachdruk der
Witsenschen. Sie weicht vielmehr oft von der-
selben ab, da sie Jsbrand Jdes durchaus nach sei-
nen eignen Beybachtungen berichtigt hat.
Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Erſtes Buch.

Eben ſo kennen auch die Japaner noch nicht die hinter Jeſogaſima liegenden und
von ihnen Oku Jeſo genanten Laͤnder; nur habe ich erfahren, daß ſie ihnen 300 japaniſche
Meilen
Laͤnge geben. Ein vor wenig Jahren dahin verſchlagener Schiffer berichtet, daß
er unter den rauhen Einwohnern einige mit ſeinen ſineſiſchen Zeugen bekleidet geſehn, und
daraus eine Verbindung dieſes Landes mit Doats oder der Tatarei, wenigſtens nur
eine geringe Entfernung gefolgert habe. Eine gleiche Nachricht brachte eine 1684 abge-
ſchikte ſineſiſche Junke nach einer drei monatlichen Reiſe zuruͤk. Ein viel gereiſeter und
erfahrner Schiffer, welcher an allen Orten um Japan herumgefahren war, wuſte mir auf
meine Frage nichts mehr als dieſes zu ſagen, daß der Strom zwiſchen Japan und Jeſo-
gaſima
beſtaͤndig abwechſelnd, bald nach Weſien, bald nach Oſten, hinter Jeſogaſima
aber niemals anders als Nordwaͤrts fließe. Er ſchlos daher, es muͤſſe bei Doats (der
Tatarei) nothwendig ein Durchgang in nordiſche See ſeyn. Vor wenig
Jahren wurde auch eine kaiſerliche Junke von der Oſtkuͤſte Japans aus-
geſchikt, welche zwiſchen 40 und 50 Grad viel ausſtehen muſte, und endlich oͤſtlich an
ein feſtes Land gerieth, das man fuͤr America haͤlt. Die Junke uͤberwinderte daſelbſt in
einem Seebuſen, und glaubte zu bemerken, daß das Land nach Nordweſten eine Richtung
habe. Man beſchlos nachher weiter keine Unterſuchungen in dieſen Gegenden anzuſtellen.
Jch habe verſchiedne japaniſche Charten uͤber dieſe Gegenden in Jedo bei Tſuſima No
Cami,
dem Nongaſackiſchen Gouverneur, auch in Symmios bei Oſacca und in ver-
ſchiedenen andern Tempeln geſehen. Dieſe zeigen vor der großen Tatarei hinter Jeſoga-
ſima
noch ein hervorſtehendes Land, das etwa 15 Grad der Laͤnge mehr nach Oſten liegt,
als das oͤſtliche Ufer Japans, und zwiſchen dieſem Lande und America nach einem geraͤu-
migen Meer. Jch bemerkte auch auf dieſem Lande mit Alphabeth Schriften noch folgende
Provinzen bezeichnet: Kaberſan, Orankai, Sitſji, Feriſan, Amariſi. Zwiſchen
den beiden leztern Provinzen ergos ſich ein großer Strom hinter Jeſo gegen Suͤdoſt in die
See. Aber ſo wie alle Charten der Japaner ſchlecht und nachlaͤſſig gemacht, und mit
keinen Graden der Laͤnge und Breite verſehen ſind, daher auch immer eine von der andern
abgehen; ſo kan man ſich auf dieſelben gar nicht verlaſſen, vorzuͤglich nicht auf diejenigen,

welche
[Spaltenumbruch] mals noch ſehr wenig bekanten Reiche zu Lande
durch noch unbekantere Theile von Rusland und
der Tatarei, im Jahr 1692. Witſen hat die Be-
ſchreibung derſelben in hollaͤndiſcher Sprache her-
ausgegeben; nach welcher 1706 eine engliſche Ueber-
ſetzung gemacht iſt, welche ich vor mir habe. Er
hat ſich der Witſenſchen Charte, wie er ſelbſt
[Spaltenumbruch] ſagt, auf ſeiner Reiſe beſtaͤndig bedient und ſie
mit der Natur verglichen. Diejenige, welche er
liefert, iſt daher nicht, wie man aus Kaͤmpfers
Worten ſchließen koͤnte, blos ein Nachdruk der
Witſenſchen. Sie weicht vielmehr oft von der-
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nen eignen Beybachtungen berichtigt hat.
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[82/0170] Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Erſtes Buch. Eben ſo kennen auch die Japaner noch nicht die hinter Jeſogaſima liegenden und von ihnen Oku Jeſo genanten Laͤnder; nur habe ich erfahren, daß ſie ihnen 300 japaniſche Meilen Laͤnge geben. Ein vor wenig Jahren dahin verſchlagener Schiffer berichtet, daß er unter den rauhen Einwohnern einige mit ſeinen ſineſiſchen Zeugen bekleidet geſehn, und daraus eine Verbindung dieſes Landes mit Doats oder der Tatarei, wenigſtens nur eine geringe Entfernung gefolgert habe. Eine gleiche Nachricht brachte eine 1684 abge- ſchikte ſineſiſche Junke nach einer drei monatlichen Reiſe zuruͤk. Ein viel gereiſeter und erfahrner Schiffer, welcher an allen Orten um Japan herumgefahren war, wuſte mir auf meine Frage nichts mehr als dieſes zu ſagen, daß der Strom zwiſchen Japan und Jeſo- gaſima beſtaͤndig abwechſelnd, bald nach Weſien, bald nach Oſten, hinter Jeſogaſima aber niemals anders als Nordwaͤrts fließe. Er ſchlos daher, es muͤſſe bei Doats (der Tatarei) nothwendig ein Durchgang in nordiſche See ſeyn. Vor wenig Jahren wurde auch eine kaiſerliche Junke von der Oſtkuͤſte Japans aus- geſchikt, welche zwiſchen 40 und 50 Grad viel ausſtehen muſte, und endlich oͤſtlich an ein feſtes Land gerieth, das man fuͤr America haͤlt. Die Junke uͤberwinderte daſelbſt in einem Seebuſen, und glaubte zu bemerken, daß das Land nach Nordweſten eine Richtung habe. Man beſchlos nachher weiter keine Unterſuchungen in dieſen Gegenden anzuſtellen. Jch habe verſchiedne japaniſche Charten uͤber dieſe Gegenden in Jedo bei Tſuſima No Cami, dem Nongaſackiſchen Gouverneur, auch in Symmios bei Oſacca und in ver- ſchiedenen andern Tempeln geſehen. Dieſe zeigen vor der großen Tatarei hinter Jeſoga- ſima noch ein hervorſtehendes Land, das etwa 15 Grad der Laͤnge mehr nach Oſten liegt, als das oͤſtliche Ufer Japans, und zwiſchen dieſem Lande und America nach einem geraͤu- migen Meer. Jch bemerkte auch auf dieſem Lande mit Alphabeth Schriften noch folgende Provinzen bezeichnet: Kaberſan, Orankai, Sitſji, Feriſan, Amariſi. Zwiſchen den beiden leztern Provinzen ergos ſich ein großer Strom hinter Jeſo gegen Suͤdoſt in die See. Aber ſo wie alle Charten der Japaner ſchlecht und nachlaͤſſig gemacht, und mit keinen Graden der Laͤnge und Breite verſehen ſind, daher auch immer eine von der andern abgehen; ſo kan man ſich auf dieſelben gar nicht verlaſſen, vorzuͤglich nicht auf diejenigen, welche **) **) mals noch ſehr wenig bekanten Reiche zu Lande durch noch unbekantere Theile von Rusland und der Tatarei, im Jahr 1692. Witſen hat die Be- ſchreibung derſelben in hollaͤndiſcher Sprache her- ausgegeben; nach welcher 1706 eine engliſche Ueber- ſetzung gemacht iſt, welche ich vor mir habe. Er hat ſich der Witſenſchen Charte, wie er ſelbſt ſagt, auf ſeiner Reiſe beſtaͤndig bedient und ſie mit der Natur verglichen. Diejenige, welche er liefert, iſt daher nicht, wie man aus Kaͤmpfers Worten ſchließen koͤnte, blos ein Nachdruk der Witſenſchen. Sie weicht vielmehr oft von der- ſelben ab, da ſie Jsbrand Jdes durchaus nach ſei- nen eignen Beybachtungen berichtigt hat.

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777/170>, abgerufen am 24.11.2024.