Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.Viert. K. Von der Größe und Lage der japanischen Jnseln und Lande. missaire, und starke Kriegsmacht in Gehorsam erhält. Doch werden sie wegen der weitenEntfernung noch sehr gelinde beherscht. Denn sie geben nur den fünften Theil ihrer Ackerfrüchte, da die eigentlichen Reichsunterthanen zwei Drittheile entrichten müssen. Ueberdem aber schicken sie noch jährlich ein Contributionsgeschenk, zum Beweise ihrer Unterthänigkeit, an den tatarischen Kaiser in Sina ab. Sie sollen auch, wie die Tunkiner und Japaner, einen Dairi oder geistlichen Erbkönig haben, der, wie sie angeben, aus einheimischem Göttergeschlecht abstamt. Er residirt auf der nördlichst gelegnen Hauptinsel Jajama, unweit der Jnsel Osjma von zweiter Größe. Zweitens, Corey oder Coräa ist eine von der Tatarei füdwerts über Sina japa- K 3
Viert. K. Von der Groͤße und Lage der japaniſchen Jnſeln und Lande. miſſaire, und ſtarke Kriegsmacht in Gehorſam erhaͤlt. Doch werden ſie wegen der weitenEntfernung noch ſehr gelinde beherſcht. Denn ſie geben nur den fuͤnften Theil ihrer Ackerfruͤchte, da die eigentlichen Reichsunterthanen zwei Drittheile entrichten muͤſſen. Ueberdem aber ſchicken ſie noch jaͤhrlich ein Contributionsgeſchenk, zum Beweiſe ihrer Unterthaͤnigkeit, an den tatariſchen Kaiſer in Sina ab. Sie ſollen auch, wie die Tunkiner und Japaner, einen Dairi oder geiſtlichen Erbkoͤnig haben, der, wie ſie angeben, aus einheimiſchem Goͤttergeſchlecht abſtamt. Er reſidirt auf der noͤrdlichſt gelegnen Hauptinſel Jajama, unweit der Jnſel Oſjma von zweiter Groͤße. Zweitens, Corey oder Coraͤa iſt eine von der Tatarei fuͤdwerts uͤber Sina japa- K 3
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Viert. K. Von der Groͤße und Lage der japaniſchen Jnſeln und Lande.
miſſaire, und ſtarke Kriegsmacht in Gehorſam erhaͤlt. Doch werden ſie wegen der weiten
Entfernung noch ſehr gelinde beherſcht. Denn ſie geben nur den fuͤnften Theil ihrer
Ackerfruͤchte, da die eigentlichen Reichsunterthanen zwei Drittheile entrichten muͤſſen.
Ueberdem aber ſchicken ſie noch jaͤhrlich ein Contributionsgeſchenk, zum Beweiſe ihrer
Unterthaͤnigkeit, an den tatariſchen Kaiſer in Sina ab. Sie ſollen auch, wie die
Tunkiner und Japaner, einen Dairi oder geiſtlichen Erbkoͤnig haben, der, wie ſie
angeben, aus einheimiſchem Goͤttergeſchlecht abſtamt. Er reſidirt auf der noͤrdlichſt
gelegnen Hauptinſel Jajama, unweit der Jnſel Oſjma von zweiter Groͤße.
Zweitens, Corey oder Coraͤa iſt eine von der Tatarei fuͤdwerts uͤber Sina
hervorragende Halbinſel, welche, nach den japaniſchen Nachrichten, ſchon ſeit uralten Zeiten in
drei verſchiedene Landſchaften getheilt war. Den aͤußerſten und gegen Japan hervorſtehen-
den Theil nennen die Japaner Tſjooſin; den mitlern eigentlich Corey, und den lezten,
der unmittelbar an die Tatarei graͤnzt, Fakkuſai; wiewol dieſe Namen oͤfters einer
vor dem andern gebraucht, und der ganzen Halbinſel beigelegt werden. Die Einwohner
ſind ſineſiſchen Urſprungs, haben aber oft mit den Tataren in Verbuͤndnis, oft unter
ihrer Botmaͤßigkeit geſtanden. Sie wurden zuerſt von dem Mikaddo Tſjun Ai bekriegt,
und von ſeiner Gemalin Dſingu (die ihres verſtorbnen Gemals Kriege in eigner Perſon
und in maͤnlicher Kleidung fortſezte) im Jahr 201 nach Chriſti Geburt unter japaniſche
Botmaͤßigkeit gebracht. Nach Verlauf einiger Zeit aber verbuͤndeten ſie ſich wieder mit
den Tataren, und waren von den Japanern ganz ungekraͤnkt, bis auf die Zeit des tapfern
Kaiſers Taiko. Dieſer las einmal in der Geſchichte des Reichs, daß dieſe Nation eh-
mals der ſeinigen zinsbar geweſen ſei, und wolte ſich dieſer alten Anſpruͤche zur Ausfuͤhrung
ſeines Vorhabens bedienen, welches, wie er ſagte, darin beſtand, daß er durch Corea ſich
einen Weg zu dem großen ſineſiſchen Reiche bahnen wolte, in der That aber blos darauf
ausging, daß er die Fuͤrſten und Haͤupter ſeines neuerworbnen Reichs an die Seite ſchaf-
fen, und deſto freiere Haͤnde zu Beveſtigung ſeines Throns haben wolte. Er ſchikte in die-
ſer Abſicht einen Geſandten an die Coreer ab, und verlangte die Bezeugung ihrer ihm
ſchuldigen Unterwuͤrfigkeit. Allein ſie toͤdteten dieſen Geſandten, und gaben dadurch dem
Taiko den Vorwand zu einem rechtmaͤßigen Kriege. Er lies daher ſeine Fuͤrſten das Land
mit einer großen Armee uͤberziehn, welche endlich in ſieben Jahren und mit großer Muͤhe
dieſe Coreer und ihre tatariſche Bundsgenoſſen uͤberwanden, und jene dahin brachten,
daß ſie ſich zu einer jaͤhrlichen Huldigung verpflichten muſten. Weiter aber wurde nichts
ausgerichtet, weil dieſer Kaiſer eben damals ſtarb. Der Kaiſer Jjejas lies ſie nur alle
drei Jahre zum Beweis der Unterwuͤrfigkeit mit einer Geſandſchaft am Hofe erſcheinen.
Sie haben ſich aber nachher immer almaͤhlig weiter mit den Tataren vereinigt, und die
japa-
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