Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.Zweit. Kap. der jetzige Zustand des siamischen Hofes. als wenn man mit einer grosmüthigen Sanftmuth dem General verziehe, und ihm mit sei-nen Leuten abzuziehn erlaubte, welches dann auch bewilligt wurde. Folgende merkwürdige kleine Begebenheit verdient hiebei noch Erwähnung. Die Es waren um diese Zeit zwei königliche Schiffe mit Franzosen besezt auf dem Alle andre Franzosen, die sich damals in Siam befanden, musten die verräthe- daß D 3
Zweit. Kap. der jetzige Zuſtand des ſiamiſchen Hofes. als wenn man mit einer grosmuͤthigen Sanftmuth dem General verziehe, und ihm mit ſei-nen Leuten abzuziehn erlaubte, welches dann auch bewilligt wurde. Folgende merkwuͤrdige kleine Begebenheit verdient hiebei noch Erwaͤhnung. Die Es waren um dieſe Zeit zwei koͤnigliche Schiffe mit Franzoſen beſezt auf dem Alle andre Franzoſen, die ſich damals in Siam befanden, muſten die verraͤthe- daß D 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0105" n="29"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Zweit. Kap. der jetzige Zuſtand des ſiamiſchen Hofes.</hi></fw><lb/> als wenn man mit einer grosmuͤthigen Sanftmuth dem General verziehe, und ihm mit ſei-<lb/> nen Leuten abzuziehn erlaubte, welches dann auch bewilligt wurde.</p><lb/> <p>Folgende merkwuͤrdige kleine Begebenheit verdient hiebei noch Erwaͤhnung. Die<lb/> vierzehn franzoͤſiſchen Geiſſeln zu <hi rendition="#fr">Livo</hi> hatten Mittel gefunden zu entwiſchen; man ſezte<lb/> ihnen aber zu Pferde nach und holte ſie wieder ein. Der Landesſitte gemaͤs legte man ih-<lb/> nen, als man ſie zuruͤkbrachte, Stricke um den Hals. Dies erſchrekte einen dieſer Fran-<lb/> zoſen, der ein Jngenieur war, dermaßen, daß er ſogleich auf der Stelle tod blieb.</p><lb/> <p>Es waren um dieſe Zeit zwei koͤnigliche Schiffe mit Franzoſen beſezt auf dem<lb/> Meer, welche den Kapern aufpaſſen ſolten, und deren Zuruͤkkunft man gerade jezt erwar-<lb/> tete. Dieſer wuͤnſchte die <hi rendition="#fr">ſiamiſche Regierung</hi> ſich zu bemaͤchtigen, ehe ſie von dem<lb/> Bruch zwiſchen beiden Nationen Nachricht haͤtten. Dies gelang ihnen auch nach ihrem<lb/> Wunſch. <hi rendition="#fr">De Fargues</hi> hatte in der Nacht eine <hi rendition="#fr">Schaluppe</hi> ausgeſchikt, welche jenen<lb/> Schiffen die Neuigkeit uͤberbringen ſolte. Dieſe griffen die <hi rendition="#fr">Siamer</hi> noch im Fluſſe (aber<lb/> an einem Ort, wo ſie die franzoͤſiſchen Kanonen nicht mehr erreichen konten) an, eroberten<lb/> und verbranten ſie, obgleich die franzoͤſiſche Manſchaft ſich ganz verzweifelt wehrte.</p><lb/> <p>Alle andre Franzoſen, die ſich damals in <hi rendition="#fr">Siam</hi> befanden, muſten die verraͤthe-<lb/> riſchen Abſichten des <hi rendition="#fr">Faulcon</hi> und die unbeſonnene Auffuͤhrung ihres Generals ſehr hart mit<lb/> einem langwierigen und aͤußerſt unangenehmen Gefaͤngnis buͤßen. Auch der <hi rendition="#fr">Metropoli-<lb/> tanbiſchof, Louis,</hi> der ſich in dieſem anſehnlichen Charakter hier ſchon verſchiedne Jahre<lb/> aufgehalten hatte, war unter dieſer Zahl begriffen. Sein Pallaſt vor der Stadt wurde<lb/> gepluͤndert, und er ſelbſt nebſt den uͤbrigen <hi rendition="#fr">Vaͤtern</hi> von der <hi rendition="#fr">Geſelſchaft Jeſu,</hi> (deren,<lb/> denk ich, ſieben oder acht waren) wurden in den Hof der koͤniglichen Pakhaͤuſer in Ver-<lb/> haft gebracht. Jch habe daſelbſt den Herrn Metropolitan mit ſeiner ehrwuͤrdigen Geſel-<lb/> ſchaft noch in kleinen ſchlechten Haͤuſern von Schilf und Bambusrohr gefunden und mich<lb/> mit ihm unterhalten. Sie ertrugen ihr Leiden ſehr gelaſſen, und man mus beſonders<lb/> geſtehn, daß der Biſchof ein vortreflicher, gelehrter und gottesfuͤrchtiger Man war. Er<lb/> beſas beſonders eine ausnehmend gruͤndliche Kentnis der ſiamiſchen Religion, und der Spra-<lb/> che ihrer heiligen Buͤcher. Er hatte auch durch ſeine chriſtlichen Lehren und ſein Betragen,<lb/> wie ein andrer Paulus, ſeine heidniſche Waͤchter ſo eingenommen, daß ſie ihn als einen<lb/> heiligen Man Gottes verehrten. Drei andre Jeſuiten, die ſich zu <hi rendition="#fr">Livo,</hi> dicht an dem<lb/> Tempel <hi rendition="#fr">Wath Niak Pranj Waan</hi> niedergelaſſen hatten, unter dem Vorwande, daß<lb/> ſie die <hi rendition="#fr">Pali</hi> (die Sprache der ſiamiſchen heiligen Buͤcher) von den Prieſtern erlernen wol-<lb/> ten, verſchwanden ploͤzlich, und man konte gar nicht erfahren, wo ſie geblieben waͤren?<lb/> Dieſe Jeſuiten hatten ganz das Aeußere der ſiamiſchen Prieſter angenommen. Sie ſcho-<lb/> ren ſich den Kopf, kleideten ſich und lebten voͤllig wie jene. — Mitten in dieſen Unruhen<lb/> lies <hi rendition="#fr">Petratja</hi> die Hollaͤnder ſeiner Gewogenheit und ſeines Schutzes verſichern; ſie bitten,<lb/> <fw place="bottom" type="sig">D 3</fw><fw place="bottom" type="catch">daß</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [29/0105]
Zweit. Kap. der jetzige Zuſtand des ſiamiſchen Hofes.
als wenn man mit einer grosmuͤthigen Sanftmuth dem General verziehe, und ihm mit ſei-
nen Leuten abzuziehn erlaubte, welches dann auch bewilligt wurde.
Folgende merkwuͤrdige kleine Begebenheit verdient hiebei noch Erwaͤhnung. Die
vierzehn franzoͤſiſchen Geiſſeln zu Livo hatten Mittel gefunden zu entwiſchen; man ſezte
ihnen aber zu Pferde nach und holte ſie wieder ein. Der Landesſitte gemaͤs legte man ih-
nen, als man ſie zuruͤkbrachte, Stricke um den Hals. Dies erſchrekte einen dieſer Fran-
zoſen, der ein Jngenieur war, dermaßen, daß er ſogleich auf der Stelle tod blieb.
Es waren um dieſe Zeit zwei koͤnigliche Schiffe mit Franzoſen beſezt auf dem
Meer, welche den Kapern aufpaſſen ſolten, und deren Zuruͤkkunft man gerade jezt erwar-
tete. Dieſer wuͤnſchte die ſiamiſche Regierung ſich zu bemaͤchtigen, ehe ſie von dem
Bruch zwiſchen beiden Nationen Nachricht haͤtten. Dies gelang ihnen auch nach ihrem
Wunſch. De Fargues hatte in der Nacht eine Schaluppe ausgeſchikt, welche jenen
Schiffen die Neuigkeit uͤberbringen ſolte. Dieſe griffen die Siamer noch im Fluſſe (aber
an einem Ort, wo ſie die franzoͤſiſchen Kanonen nicht mehr erreichen konten) an, eroberten
und verbranten ſie, obgleich die franzoͤſiſche Manſchaft ſich ganz verzweifelt wehrte.
Alle andre Franzoſen, die ſich damals in Siam befanden, muſten die verraͤthe-
riſchen Abſichten des Faulcon und die unbeſonnene Auffuͤhrung ihres Generals ſehr hart mit
einem langwierigen und aͤußerſt unangenehmen Gefaͤngnis buͤßen. Auch der Metropoli-
tanbiſchof, Louis, der ſich in dieſem anſehnlichen Charakter hier ſchon verſchiedne Jahre
aufgehalten hatte, war unter dieſer Zahl begriffen. Sein Pallaſt vor der Stadt wurde
gepluͤndert, und er ſelbſt nebſt den uͤbrigen Vaͤtern von der Geſelſchaft Jeſu, (deren,
denk ich, ſieben oder acht waren) wurden in den Hof der koͤniglichen Pakhaͤuſer in Ver-
haft gebracht. Jch habe daſelbſt den Herrn Metropolitan mit ſeiner ehrwuͤrdigen Geſel-
ſchaft noch in kleinen ſchlechten Haͤuſern von Schilf und Bambusrohr gefunden und mich
mit ihm unterhalten. Sie ertrugen ihr Leiden ſehr gelaſſen, und man mus beſonders
geſtehn, daß der Biſchof ein vortreflicher, gelehrter und gottesfuͤrchtiger Man war. Er
beſas beſonders eine ausnehmend gruͤndliche Kentnis der ſiamiſchen Religion, und der Spra-
che ihrer heiligen Buͤcher. Er hatte auch durch ſeine chriſtlichen Lehren und ſein Betragen,
wie ein andrer Paulus, ſeine heidniſche Waͤchter ſo eingenommen, daß ſie ihn als einen
heiligen Man Gottes verehrten. Drei andre Jeſuiten, die ſich zu Livo, dicht an dem
Tempel Wath Niak Pranj Waan niedergelaſſen hatten, unter dem Vorwande, daß
ſie die Pali (die Sprache der ſiamiſchen heiligen Buͤcher) von den Prieſtern erlernen wol-
ten, verſchwanden ploͤzlich, und man konte gar nicht erfahren, wo ſie geblieben waͤren?
Dieſe Jeſuiten hatten ganz das Aeußere der ſiamiſchen Prieſter angenommen. Sie ſcho-
ren ſich den Kopf, kleideten ſich und lebten voͤllig wie jene. — Mitten in dieſen Unruhen
lies Petratja die Hollaͤnder ſeiner Gewogenheit und ſeines Schutzes verſichern; ſie bitten,
daß
D 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |