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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.

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Kämpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch.
vier erhabene Pinangbecken mit gespiztem Betel und Pinangs, die mit Jesminen und
andern Blumen ganz überstreuet waren, vorgesezt wurden. Der Berklam selbst sas
(ohne Zweifel weil er hier die Person des Königs vertrat) in einem zugemachten Zimmer
hinter einem bunten Tuch, das über eine bambusne zwei bis drei Fus von dem Boden erhabene
Stange gelegt war; so daß man nur seinen Oberleib sah. Vor ihm standen zwei güldne
Schirme, an jeder Seite einer, so daß man nur den Obertheil seines Körpers sehn konte.
Hinter ihm lagen zwei güldne Dolche auf zwei Küssen, bei welchen zwei von den vorher-
erwähnten Mandarinssäbeln mit langen Stielen stunden. Noch weiter hinter ihm an der
Mauer waren zwei europäische Gemälde übereinander gestelt, und diese Mauer war rings-
herum, nach der Landesweise, mit Blumwerk bemalt. Nachdem wir uns nun auf diese
Art alle gesezt hatten, lies der Berklam durch den Dolmetscher unsern Residenten, Myn-
heer van Hoorn
befragen, wie sich der Generalgouverneur unsrer ostindischen Com-
pagnie befände? wie lange er schon in Jndien sey? wie viel Truppen wir jezt zu Bata-
via
und Bantam unterhielten? welches von diesen beiden das beste Land wäre? und auch,
wer der Schiffer und ich wären? nebst verschiednen Fragen der Art mehr. Nachdem
sie hinlänglich beantwortet waren, wurden die Beutel aufgeschnitten, die Briefe herausge-
nommen, und, nachdem sie verschiednen der gegenwärtigen Mandarins durch die Hände
passirt waren, laut abgelesen. Da der Dolmetscher verschiedne Ausdrücke in dem malayi-
schen Schreiben
nicht verstand, musten sie ihm die Herrn, Moses und Daniel, erklären.
Nachdem die Audienz ohngefehr dreiviertel Stunden gewährt hatte, begaben wir uns von
dem Sohn des Berklams, der bisher hinter dem Stuhl seines Vaters gesessen hatte, be-
gleitet, durch sein andres Haus nach unsrer Prau, die unter der Zeit dorthin gebracht
war, und fuhren dann nach der Mahlzeit ab, die schon unsrer wartete.

Es ereignete sich übrigens während unsers Aufenthalts in Siam nichts Merkwür-
diges; außer daß gegen Ende des Monats durch die ganze Stadt ein königlicher Befehl
bekant gemacht wurde, daß Niemand in dem Flusse sich waschen oder baden solte. Die
Ursache dieses Befehls, sagte man mir, sey, daß einige Tage hintereinander verschiedne
Menschen von giftigen Wasserschlangen gebissen, und sogleich darauf gestorben wären.
Diese Schlangen sollen nicht über eines Fingers lang, und nicht dicker, als ein Blutsauger
seyn, braun und blau von Farbe. Nur alle sieben, zehn oder mehr Jahre stellen sie sich einmal in
dem Flus ein. Jch sahe nach diesem Vorbot doch verschiedne, welche in ihren Fahrzeugen sich
nur mit dem Wasser abspülten; da die Siamer des Wassers eben so wenig als die Fische
entbehren können. Um sie zu desto besserer Befolgung des königlichen Befehls zu verpflich-
ten, wurde noch verordnet, daß die hinterlasne Erben eines am Schlangenbis Gestorbnen
achtzehn Taal Strafe bezahlen solten.

Zweites

Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Erſtes Buch.
vier erhabene Pinangbecken mit geſpiztem Betel und Pinangs, die mit Jesminen und
andern Blumen ganz uͤberſtreuet waren, vorgeſezt wurden. Der Berklam ſelbſt ſas
(ohne Zweifel weil er hier die Perſon des Koͤnigs vertrat) in einem zugemachten Zimmer
hinter einem bunten Tuch, das uͤber eine bambusne zwei bis drei Fus von dem Boden erhabene
Stange gelegt war; ſo daß man nur ſeinen Oberleib ſah. Vor ihm ſtanden zwei guͤldne
Schirme, an jeder Seite einer, ſo daß man nur den Obertheil ſeines Koͤrpers ſehn konte.
Hinter ihm lagen zwei guͤldne Dolche auf zwei Kuͤſſen, bei welchen zwei von den vorher-
erwaͤhnten Mandarinsſaͤbeln mit langen Stielen ſtunden. Noch weiter hinter ihm an der
Mauer waren zwei europaͤiſche Gemaͤlde uͤbereinander geſtelt, und dieſe Mauer war rings-
herum, nach der Landesweiſe, mit Blumwerk bemalt. Nachdem wir uns nun auf dieſe
Art alle geſezt hatten, lies der Berklam durch den Dolmetſcher unſern Reſidenten, Myn-
heer van Hoorn
befragen, wie ſich der Generalgouverneur unſrer oſtindiſchen Com-
pagnie befaͤnde? wie lange er ſchon in Jndien ſey? wie viel Truppen wir jezt zu Bata-
via
und Bantam unterhielten? welches von dieſen beiden das beſte Land waͤre? und auch,
wer der Schiffer und ich waͤren? nebſt verſchiednen Fragen der Art mehr. Nachdem
ſie hinlaͤnglich beantwortet waren, wurden die Beutel aufgeſchnitten, die Briefe herausge-
nommen, und, nachdem ſie verſchiednen der gegenwaͤrtigen Mandarins durch die Haͤnde
paſſirt waren, laut abgeleſen. Da der Dolmetſcher verſchiedne Ausdruͤcke in dem malayi-
ſchen Schreiben
nicht verſtand, muſten ſie ihm die Herrn, Moſes und Daniel, erklaͤren.
Nachdem die Audienz ohngefehr dreiviertel Stunden gewaͤhrt hatte, begaben wir uns von
dem Sohn des Berklams, der bisher hinter dem Stuhl ſeines Vaters geſeſſen hatte, be-
gleitet, durch ſein andres Haus nach unſrer Prau, die unter der Zeit dorthin gebracht
war, und fuhren dann nach der Mahlzeit ab, die ſchon unſrer wartete.

Es ereignete ſich uͤbrigens waͤhrend unſers Aufenthalts in Siam nichts Merkwuͤr-
diges; außer daß gegen Ende des Monats durch die ganze Stadt ein koͤniglicher Befehl
bekant gemacht wurde, daß Niemand in dem Fluſſe ſich waſchen oder baden ſolte. Die
Urſache dieſes Befehls, ſagte man mir, ſey, daß einige Tage hintereinander verſchiedne
Menſchen von giftigen Waſſerſchlangen gebiſſen, und ſogleich darauf geſtorben waͤren.
Dieſe Schlangen ſollen nicht uͤber eines Fingers lang, und nicht dicker, als ein Blutſauger
ſeyn, braun und blau von Farbe. Nur alle ſieben, zehn oder mehr Jahre ſtellen ſie ſich einmal in
dem Flus ein. Jch ſahe nach dieſem Vorbot doch verſchiedne, welche in ihren Fahrzeugen ſich
nur mit dem Waſſer abſpuͤlten; da die Siamer des Waſſers eben ſo wenig als die Fiſche
entbehren koͤnnen. Um ſie zu deſto beſſerer Befolgung des koͤniglichen Befehls zu verpflich-
ten, wurde noch verordnet, daß die hinterlasne Erben eines am Schlangenbis Geſtorbnen
achtzehn Taal Strafe bezahlen ſolten.

Zweites
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[24/0100] Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Erſtes Buch. vier erhabene Pinangbecken mit geſpiztem Betel und Pinangs, die mit Jesminen und andern Blumen ganz uͤberſtreuet waren, vorgeſezt wurden. Der Berklam ſelbſt ſas (ohne Zweifel weil er hier die Perſon des Koͤnigs vertrat) in einem zugemachten Zimmer hinter einem bunten Tuch, das uͤber eine bambusne zwei bis drei Fus von dem Boden erhabene Stange gelegt war; ſo daß man nur ſeinen Oberleib ſah. Vor ihm ſtanden zwei guͤldne Schirme, an jeder Seite einer, ſo daß man nur den Obertheil ſeines Koͤrpers ſehn konte. Hinter ihm lagen zwei guͤldne Dolche auf zwei Kuͤſſen, bei welchen zwei von den vorher- erwaͤhnten Mandarinsſaͤbeln mit langen Stielen ſtunden. Noch weiter hinter ihm an der Mauer waren zwei europaͤiſche Gemaͤlde uͤbereinander geſtelt, und dieſe Mauer war rings- herum, nach der Landesweiſe, mit Blumwerk bemalt. Nachdem wir uns nun auf dieſe Art alle geſezt hatten, lies der Berklam durch den Dolmetſcher unſern Reſidenten, Myn- heer van Hoorn befragen, wie ſich der Generalgouverneur unſrer oſtindiſchen Com- pagnie befaͤnde? wie lange er ſchon in Jndien ſey? wie viel Truppen wir jezt zu Bata- via und Bantam unterhielten? welches von dieſen beiden das beſte Land waͤre? und auch, wer der Schiffer und ich waͤren? nebſt verſchiednen Fragen der Art mehr. Nachdem ſie hinlaͤnglich beantwortet waren, wurden die Beutel aufgeſchnitten, die Briefe herausge- nommen, und, nachdem ſie verſchiednen der gegenwaͤrtigen Mandarins durch die Haͤnde paſſirt waren, laut abgeleſen. Da der Dolmetſcher verſchiedne Ausdruͤcke in dem malayi- ſchen Schreiben nicht verſtand, muſten ſie ihm die Herrn, Moſes und Daniel, erklaͤren. Nachdem die Audienz ohngefehr dreiviertel Stunden gewaͤhrt hatte, begaben wir uns von dem Sohn des Berklams, der bisher hinter dem Stuhl ſeines Vaters geſeſſen hatte, be- gleitet, durch ſein andres Haus nach unſrer Prau, die unter der Zeit dorthin gebracht war, und fuhren dann nach der Mahlzeit ab, die ſchon unſrer wartete. Es ereignete ſich uͤbrigens waͤhrend unſers Aufenthalts in Siam nichts Merkwuͤr- diges; außer daß gegen Ende des Monats durch die ganze Stadt ein koͤniglicher Befehl bekant gemacht wurde, daß Niemand in dem Fluſſe ſich waſchen oder baden ſolte. Die Urſache dieſes Befehls, ſagte man mir, ſey, daß einige Tage hintereinander verſchiedne Menſchen von giftigen Waſſerſchlangen gebiſſen, und ſogleich darauf geſtorben waͤren. Dieſe Schlangen ſollen nicht uͤber eines Fingers lang, und nicht dicker, als ein Blutſauger ſeyn, braun und blau von Farbe. Nur alle ſieben, zehn oder mehr Jahre ſtellen ſie ſich einmal in dem Flus ein. Jch ſahe nach dieſem Vorbot doch verſchiedne, welche in ihren Fahrzeugen ſich nur mit dem Waſſer abſpuͤlten; da die Siamer des Waſſers eben ſo wenig als die Fiſche entbehren koͤnnen. Um ſie zu deſto beſſerer Befolgung des koͤniglichen Befehls zu verpflich- ten, wurde noch verordnet, daß die hinterlasne Erben eines am Schlangenbis Geſtorbnen achtzehn Taal Strafe bezahlen ſolten. Zweites

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777/100>, abgerufen am 23.11.2024.