Kähler, Ludwig August: Die drei Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–57. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Sie schrecken mich zurück, indem Sie mir schmeicheln. Das ist meine Absicht. Aber der Zug Ihrer Reize ist mächtiger. Ich wünschte deren weniger zu haben. Ich würde dann weniger leiden. Das ist nicht die Absicht, warum ich es wünsche. Ich bin jetzt verlassen. Ich beklage jeden Verlassenen (abandonne). Um so eher hoffe ich, sagte ich, und bog ein Knie vor ihr, daß Sie meinen Jammer ansehen und mich heirathen werden. O, ich bitte, mein Herr, verrichten Sie das stehend. Das ist der Mühe nicht Werth; heirathen? das ist sehr wenig; von Herzen gern. Ich fürchtete in Wahrheit, Sie wollten mir zumuthen, Sie zu lieben. Ich setze das voraus. Sie thun mir einen großen Gefallen, wenn Sie das immer voraussetzen. Sie ersparen mir eine sehr beschwerliche Mühe. Sie zwingen mich zu zweifeln, um ein so kostbares Bestreben nicht zu verlieren. Sie werden aus jeden Fall nichts verlieren. Ich fühle, wie wenig ich ein solches Kleinod verdiene, und werde mich bemühen, Sie wenigstens an Zärtlichkeit zu übertreffen. So werden Sie sehr große Vorzüge vor mir haben. Sie schrecken mich zurück, indem Sie mir schmeicheln. Das ist meine Absicht. Aber der Zug Ihrer Reize ist mächtiger. Ich wünschte deren weniger zu haben. Ich würde dann weniger leiden. Das ist nicht die Absicht, warum ich es wünsche. Ich bin jetzt verlassen. Ich beklage jeden Verlassenen (abandonné). Um so eher hoffe ich, sagte ich, und bog ein Knie vor ihr, daß Sie meinen Jammer ansehen und mich heirathen werden. O, ich bitte, mein Herr, verrichten Sie das stehend. Das ist der Mühe nicht Werth; heirathen? das ist sehr wenig; von Herzen gern. Ich fürchtete in Wahrheit, Sie wollten mir zumuthen, Sie zu lieben. Ich setze das voraus. Sie thun mir einen großen Gefallen, wenn Sie das immer voraussetzen. Sie ersparen mir eine sehr beschwerliche Mühe. Sie zwingen mich zu zweifeln, um ein so kostbares Bestreben nicht zu verlieren. Sie werden aus jeden Fall nichts verlieren. Ich fühle, wie wenig ich ein solches Kleinod verdiene, und werde mich bemühen, Sie wenigstens an Zärtlichkeit zu übertreffen. So werden Sie sehr große Vorzüge vor mir haben. <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="13"> <pb facs="#f0047"/> <p>Sie schrecken mich zurück, indem Sie mir schmeicheln.</p><lb/> <p>Das ist meine Absicht.</p><lb/> <p>Aber der Zug Ihrer Reize ist mächtiger.</p><lb/> <p>Ich wünschte deren weniger zu haben.</p><lb/> <p>Ich würde dann weniger leiden.</p><lb/> <p>Das ist nicht die Absicht, warum ich es wünsche.</p><lb/> <p>Ich bin jetzt verlassen.</p><lb/> <p>Ich beklage jeden Verlassenen (abandonné).</p><lb/> <p>Um so eher hoffe ich, sagte ich, und bog ein Knie vor ihr, daß Sie meinen Jammer ansehen und mich heirathen werden.</p><lb/> <p>O, ich bitte, mein Herr, verrichten Sie das stehend. Das ist der Mühe nicht Werth; heirathen? das ist sehr wenig; von Herzen gern. Ich fürchtete in Wahrheit, Sie wollten mir zumuthen, Sie zu lieben.</p><lb/> <p>Ich setze das voraus.</p><lb/> <p>Sie thun mir einen großen Gefallen, wenn Sie das immer voraussetzen. Sie ersparen mir eine sehr beschwerliche Mühe.</p><lb/> <p>Sie zwingen mich zu zweifeln, um ein so kostbares Bestreben nicht zu verlieren.</p><lb/> <p>Sie werden aus jeden Fall nichts verlieren.</p><lb/> <p>Ich fühle, wie wenig ich ein solches Kleinod verdiene, und werde mich bemühen, Sie wenigstens an Zärtlichkeit zu übertreffen.</p><lb/> <p>So werden Sie sehr große Vorzüge vor mir haben.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0047]
Sie schrecken mich zurück, indem Sie mir schmeicheln.
Das ist meine Absicht.
Aber der Zug Ihrer Reize ist mächtiger.
Ich wünschte deren weniger zu haben.
Ich würde dann weniger leiden.
Das ist nicht die Absicht, warum ich es wünsche.
Ich bin jetzt verlassen.
Ich beklage jeden Verlassenen (abandonné).
Um so eher hoffe ich, sagte ich, und bog ein Knie vor ihr, daß Sie meinen Jammer ansehen und mich heirathen werden.
O, ich bitte, mein Herr, verrichten Sie das stehend. Das ist der Mühe nicht Werth; heirathen? das ist sehr wenig; von Herzen gern. Ich fürchtete in Wahrheit, Sie wollten mir zumuthen, Sie zu lieben.
Ich setze das voraus.
Sie thun mir einen großen Gefallen, wenn Sie das immer voraussetzen. Sie ersparen mir eine sehr beschwerliche Mühe.
Sie zwingen mich zu zweifeln, um ein so kostbares Bestreben nicht zu verlieren.
Sie werden aus jeden Fall nichts verlieren.
Ich fühle, wie wenig ich ein solches Kleinod verdiene, und werde mich bemühen, Sie wenigstens an Zärtlichkeit zu übertreffen.
So werden Sie sehr große Vorzüge vor mir haben.
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Zitationshilfe: | Kähler, Ludwig August: Die drei Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–57. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaehler_schwestern_1910/47>, abgerufen am 16.07.2024. |