Kähler, Ludwig August: Die drei Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–57. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Pferde, Spiel, Flasche, Jagd und witzige Gesellschaften meine Neigungen erfüllt. Ich sah in Hamburg alle Demoisellen und Jungfern so gleichgültig an, als die bereits erwähnten, und konnte in dieser Hinsicht höchstens in Worten für einen Lustigk gelten. Der erste Kuß von diesen Lippen goß Feuer in mein Blut. Ich sah, ich dachte nichts, als Constance; ich hungerte und dürstete nach nichts, als nach dem Nektar ihres Mundes. Und da es nur von mir abzuhängen schien, sie für meine Braut zu erklären und mich jedes Genusses zu versichern, den sie gewähren konnte, war es so wunderbar, daß ich die Stufenleiter der Wollust in Gedanken erstieg und von jener Minute an an jedem ihrer Reize nicht mit entzücktem Erstaunen, sondern mit reger ungestümer Begierde hing? Das Uebel wuchs, je öfter ich sie sah -- sie selbst wurde unruhiger, als zuvor -- ich brauchte alle Künste der Welt, um wieder zu genießen, was mein Verlangen nur reizte, ohne es zu befriedigen -- und vierzehn Tage nach meiner Ankunft ging ich zu Mr. Gerson und erbat mir die Hand seiner Tochter. Der alte Mann hüpfte auf einem Beine vor Freuden. Er führte mich selbst zu seiner Tochter und drückte sie in meine Arme. Ich schloß die Unvergleichliche mit dem feurigsten Entzücken an meine Brust. -- Es ist richtig! rief er, indem er uns zusah, schnippte mit den Fingern und tanzte in der Stube herum, es ist vortrefflich, so ist es recht! -- ich erinnere mich Pferde, Spiel, Flasche, Jagd und witzige Gesellschaften meine Neigungen erfüllt. Ich sah in Hamburg alle Demoisellen und Jungfern so gleichgültig an, als die bereits erwähnten, und konnte in dieser Hinsicht höchstens in Worten für einen Lustigk gelten. Der erste Kuß von diesen Lippen goß Feuer in mein Blut. Ich sah, ich dachte nichts, als Constance; ich hungerte und dürstete nach nichts, als nach dem Nektar ihres Mundes. Und da es nur von mir abzuhängen schien, sie für meine Braut zu erklären und mich jedes Genusses zu versichern, den sie gewähren konnte, war es so wunderbar, daß ich die Stufenleiter der Wollust in Gedanken erstieg und von jener Minute an an jedem ihrer Reize nicht mit entzücktem Erstaunen, sondern mit reger ungestümer Begierde hing? Das Uebel wuchs, je öfter ich sie sah — sie selbst wurde unruhiger, als zuvor — ich brauchte alle Künste der Welt, um wieder zu genießen, was mein Verlangen nur reizte, ohne es zu befriedigen — und vierzehn Tage nach meiner Ankunft ging ich zu Mr. Gerson und erbat mir die Hand seiner Tochter. Der alte Mann hüpfte auf einem Beine vor Freuden. Er führte mich selbst zu seiner Tochter und drückte sie in meine Arme. Ich schloß die Unvergleichliche mit dem feurigsten Entzücken an meine Brust. — Es ist richtig! rief er, indem er uns zusah, schnippte mit den Fingern und tanzte in der Stube herum, es ist vortrefflich, so ist es recht! — ich erinnere mich <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="9"> <p><pb facs="#f0038"/> Pferde, Spiel, Flasche, Jagd und witzige Gesellschaften meine Neigungen erfüllt. Ich sah in Hamburg alle Demoisellen und Jungfern so gleichgültig an, als die bereits erwähnten, und konnte in dieser Hinsicht höchstens in Worten für einen Lustigk gelten.</p><lb/> <p>Der erste Kuß von diesen Lippen goß Feuer in mein Blut. Ich sah, ich dachte nichts, als Constance; ich hungerte und dürstete nach nichts, als nach dem Nektar ihres Mundes. Und da es nur von mir abzuhängen schien, sie für meine Braut zu erklären und mich jedes Genusses zu versichern, den sie gewähren konnte, war es so wunderbar, daß ich die Stufenleiter der Wollust in Gedanken erstieg und von jener Minute an an jedem ihrer Reize nicht mit entzücktem Erstaunen, sondern mit reger ungestümer Begierde hing?</p><lb/> <p>Das Uebel wuchs, je öfter ich sie sah — sie selbst wurde unruhiger, als zuvor — ich brauchte alle Künste der Welt, um wieder zu genießen, was mein Verlangen nur reizte, ohne es zu befriedigen — und vierzehn Tage nach meiner Ankunft ging ich zu Mr. Gerson und erbat mir die Hand seiner Tochter.</p><lb/> <p>Der alte Mann hüpfte auf einem Beine vor Freuden. Er führte mich selbst zu seiner Tochter und drückte sie in meine Arme. Ich schloß die Unvergleichliche mit dem feurigsten Entzücken an meine Brust. — Es ist richtig! rief er, indem er uns zusah, schnippte mit den Fingern und tanzte in der Stube herum, es ist vortrefflich, so ist es recht! — ich erinnere mich<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0038]
Pferde, Spiel, Flasche, Jagd und witzige Gesellschaften meine Neigungen erfüllt. Ich sah in Hamburg alle Demoisellen und Jungfern so gleichgültig an, als die bereits erwähnten, und konnte in dieser Hinsicht höchstens in Worten für einen Lustigk gelten.
Der erste Kuß von diesen Lippen goß Feuer in mein Blut. Ich sah, ich dachte nichts, als Constance; ich hungerte und dürstete nach nichts, als nach dem Nektar ihres Mundes. Und da es nur von mir abzuhängen schien, sie für meine Braut zu erklären und mich jedes Genusses zu versichern, den sie gewähren konnte, war es so wunderbar, daß ich die Stufenleiter der Wollust in Gedanken erstieg und von jener Minute an an jedem ihrer Reize nicht mit entzücktem Erstaunen, sondern mit reger ungestümer Begierde hing?
Das Uebel wuchs, je öfter ich sie sah — sie selbst wurde unruhiger, als zuvor — ich brauchte alle Künste der Welt, um wieder zu genießen, was mein Verlangen nur reizte, ohne es zu befriedigen — und vierzehn Tage nach meiner Ankunft ging ich zu Mr. Gerson und erbat mir die Hand seiner Tochter.
Der alte Mann hüpfte auf einem Beine vor Freuden. Er führte mich selbst zu seiner Tochter und drückte sie in meine Arme. Ich schloß die Unvergleichliche mit dem feurigsten Entzücken an meine Brust. — Es ist richtig! rief er, indem er uns zusah, schnippte mit den Fingern und tanzte in der Stube herum, es ist vortrefflich, so ist es recht! — ich erinnere mich
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Zitationshilfe: | Kähler, Ludwig August: Die drei Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–57. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaehler_schwestern_1910/38>, abgerufen am 16.07.2024. |