Kähler, Ludwig August: Die drei Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–57. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.tendsten Debauche mit der plattesten Einförmigkeit mir allerdings doppelt fühlbar machen mußte. Freund Classen that das Seinige, diesen Dämon zu bannen, und machte den Wirth auf gut seemännisch, indem er mir tüchtig zutrank. In der That, Sir Drunkner und alle meine lockern Gesellen schwelgerischer Nächte waren armselige Buben gegen den alten runzeligen, eisenfesten, mit Kupfer ausgeschlagenen Schiffspatron. Sein geräumiger Mund schien das Spundloch eines wandelnden Weinfasses, und ich sah mit schreckenvollem Erstaunen die Bouteillen französischer und spanischer Weine sich zu Dutzenden allmählich darin ausleeren, bis mir endlich die Kraft mitzutrinken, wie zu sehen, gebrach, und Classen und Georg mich auf meine Hängematte brachten, wo ich schlief, daß der Sturm des jüngsten Gerichtes mich durch sein Schütteln nicht hätte erwecken können. Ich liebte den Wein als ein Mittel, den Reiz einer interessanten Gesellschaft zu erhöhen, und hatte, selbst bei dem übermäßigen Gebrauche dieses Mittels, den Zweck nie aus den Augen verloren. Diese Schiffssauferei empörte mich, als ich erwachte, mit einer Empfindung, als hätte ich einen betäubenden Schlag empfangen, und keine neubelebenden Erinnerungen hatte, als die des Satyrgesichts mir gegenüber und der Anzahl von Flaschen, die in seine unergründliche Kehle geflossen waren. Ich war verdrießlich und tendsten Debauche mit der plattesten Einförmigkeit mir allerdings doppelt fühlbar machen mußte. Freund Classen that das Seinige, diesen Dämon zu bannen, und machte den Wirth auf gut seemännisch, indem er mir tüchtig zutrank. In der That, Sir Drunkner und alle meine lockern Gesellen schwelgerischer Nächte waren armselige Buben gegen den alten runzeligen, eisenfesten, mit Kupfer ausgeschlagenen Schiffspatron. Sein geräumiger Mund schien das Spundloch eines wandelnden Weinfasses, und ich sah mit schreckenvollem Erstaunen die Bouteillen französischer und spanischer Weine sich zu Dutzenden allmählich darin ausleeren, bis mir endlich die Kraft mitzutrinken, wie zu sehen, gebrach, und Classen und Georg mich auf meine Hängematte brachten, wo ich schlief, daß der Sturm des jüngsten Gerichtes mich durch sein Schütteln nicht hätte erwecken können. Ich liebte den Wein als ein Mittel, den Reiz einer interessanten Gesellschaft zu erhöhen, und hatte, selbst bei dem übermäßigen Gebrauche dieses Mittels, den Zweck nie aus den Augen verloren. Diese Schiffssauferei empörte mich, als ich erwachte, mit einer Empfindung, als hätte ich einen betäubenden Schlag empfangen, und keine neubelebenden Erinnerungen hatte, als die des Satyrgesichts mir gegenüber und der Anzahl von Flaschen, die in seine unergründliche Kehle geflossen waren. Ich war verdrießlich und <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="3"> <p><pb facs="#f0011"/> tendsten Debauche mit der plattesten Einförmigkeit mir allerdings doppelt fühlbar machen mußte.</p><lb/> <p>Freund Classen that das Seinige, diesen Dämon zu bannen, und machte den Wirth auf gut seemännisch, indem er mir tüchtig zutrank. In der That, Sir Drunkner und alle meine lockern Gesellen schwelgerischer Nächte waren armselige Buben gegen den alten runzeligen, eisenfesten, mit Kupfer ausgeschlagenen Schiffspatron. Sein geräumiger Mund schien das Spundloch eines wandelnden Weinfasses, und ich sah mit schreckenvollem Erstaunen die Bouteillen französischer und spanischer Weine sich zu Dutzenden allmählich darin ausleeren, bis mir endlich die Kraft mitzutrinken, wie zu sehen, gebrach, und Classen und Georg mich auf meine Hängematte brachten, wo ich schlief, daß der Sturm des jüngsten Gerichtes mich durch sein Schütteln nicht hätte erwecken können.</p><lb/> <p>Ich liebte den Wein als ein Mittel, den Reiz einer interessanten Gesellschaft zu erhöhen, und hatte, selbst bei dem übermäßigen Gebrauche dieses Mittels, den Zweck nie aus den Augen verloren. Diese Schiffssauferei empörte mich, als ich erwachte, mit einer Empfindung, als hätte ich einen betäubenden Schlag empfangen, und keine neubelebenden Erinnerungen hatte, als die des Satyrgesichts mir gegenüber und der Anzahl von Flaschen, die in seine unergründliche Kehle geflossen waren. Ich war verdrießlich und<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0011]
tendsten Debauche mit der plattesten Einförmigkeit mir allerdings doppelt fühlbar machen mußte.
Freund Classen that das Seinige, diesen Dämon zu bannen, und machte den Wirth auf gut seemännisch, indem er mir tüchtig zutrank. In der That, Sir Drunkner und alle meine lockern Gesellen schwelgerischer Nächte waren armselige Buben gegen den alten runzeligen, eisenfesten, mit Kupfer ausgeschlagenen Schiffspatron. Sein geräumiger Mund schien das Spundloch eines wandelnden Weinfasses, und ich sah mit schreckenvollem Erstaunen die Bouteillen französischer und spanischer Weine sich zu Dutzenden allmählich darin ausleeren, bis mir endlich die Kraft mitzutrinken, wie zu sehen, gebrach, und Classen und Georg mich auf meine Hängematte brachten, wo ich schlief, daß der Sturm des jüngsten Gerichtes mich durch sein Schütteln nicht hätte erwecken können.
Ich liebte den Wein als ein Mittel, den Reiz einer interessanten Gesellschaft zu erhöhen, und hatte, selbst bei dem übermäßigen Gebrauche dieses Mittels, den Zweck nie aus den Augen verloren. Diese Schiffssauferei empörte mich, als ich erwachte, mit einer Empfindung, als hätte ich einen betäubenden Schlag empfangen, und keine neubelebenden Erinnerungen hatte, als die des Satyrgesichts mir gegenüber und der Anzahl von Flaschen, die in seine unergründliche Kehle geflossen waren. Ich war verdrießlich und
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Zitationshilfe: | Kähler, Ludwig August: Die drei Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–57. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaehler_schwestern_1910/11>, abgerufen am 16.02.2025. |