der heiligen Sacramente und Vollmachtertheilung zum Testiren an seinen vertrauten Freund D. Gaspar de Fuensalida, Hofzahl- meister S. M., gab er um zwei Uhr Nachmittags, im 61 sten Jahre seines Lebens, seine Seele dem der sie zu solcher Bewunderung der Welt geschaffen hatte, alle in grosser Trauer zurücklassend, und nicht am wenigsten Seine Majestät, die, als das Leben in Gefahr schwebte, zu verstehen gegeben hatte, wie sehr sie ihn lieb und werth hielt.
"Sie hüllten den Leichnam in das bescheidene Todtenkleid, und dann kleideten sie ihn an wie im Leben, nach Gebrauch der Ritterorden: mit dem Kapitelsmantel und dem rothen Ordens- zeichen auf der Brust, Hut, Degen, Stiefel und Sporen: und so lag er in jener Nacht auf seinem Sterbebett in einem schwarz ausgeschlagenen Saal; zur Seite einige Leuchter mit Wachs- fackeln und andere Kerzen auf dem Altar, wo ein Crucifix stand, bis zum Sonnabend. Darauf legten sie die Leiche in den Sarg, der mit schwarzem Sammt und goldnen Nägeln und Tressen ausgeschlagen war, und oben darauf ein Kreuz mit derselben Einfassung; mit vergoldeten Beschlägen an den Ecken und zwei Schlüsseln; bis dass die Nacht kam, deren Finsterniss alle in Trauer kleidete, da brachten sie ihn zu seiner letzten Ruhe in der Pfarrei S. Johannis des Täufers. Dort empfingen ihn die Ca- valiere der Kammer S. M. und trugen ihn zum Trauergerüst, welches in der Mitte des Chors (Capilla mayor) errichtet war; auf die Tumba wurde der Leichnam gelegt; zu beiden Seiten standen zwölf silberne Leuchter mit Wachsfackeln und viele Kerzen. Das Todtenamt wurde mit grosser Feierlichkeit abge- halten, unter trefflicher Musik der königlichen Kapelle, mit jenem Ausdruck und Takt, mit den Instrumenten und Stimmen, die bei solchen ernsten Handlungen üblich sind. Viele Edelleute und Kammerherrn waren zugegen. Dann holten sie die Lade herunter und übergaben sie D. Joseph de Salinas vom Cala- travaorden, Ayuda de Camara S. M., und andern Rittern der Kammer, die zugegen waren. Diese trugen ihn auf ihren Schul- tern in die Gruft und Grabstätte des D. Gaspar de Fuensalida, der ihm als Beweis seiner Liebe diesen Platz zur Beisetzung ge- währte."
Dem König ging der unerwartete Verlust seines Lieblings- malers sehr nahe. Als die Junta de obras y bosques am 15. August darum einkam, dass der erledigte Gehalt von tausend Ducaten nicht wieder gewährt werden, sondern an die Junta zurückfallen solle,
Siebentes Buch.
der heiligen Sacramente und Vollmachtertheilung zum Testiren an seinen vertrauten Freund D. Gaspar de Fuensalida, Hofzahl- meister S. M., gab er um zwei Uhr Nachmittags, im 61 sten Jahre seines Lebens, seine Seele dem der sie zu solcher Bewunderung der Welt geschaffen hatte, alle in grosser Trauer zurücklassend, und nicht am wenigsten Seine Majestät, die, als das Leben in Gefahr schwebte, zu verstehen gegeben hatte, wie sehr sie ihn lieb und werth hielt.
„Sie hüllten den Leichnam in das bescheidene Todtenkleid, und dann kleideten sie ihn an wie im Leben, nach Gebrauch der Ritterorden: mit dem Kapitelsmantel und dem rothen Ordens- zeichen auf der Brust, Hut, Degen, Stiefel und Sporen: und so lag er in jener Nacht auf seinem Sterbebett in einem schwarz ausgeschlagenen Saal; zur Seite einige Leuchter mit Wachs- fackeln und andere Kerzen auf dem Altar, wo ein Crucifix stand, bis zum Sonnabend. Darauf legten sie die Leiche in den Sarg, der mit schwarzem Sammt und goldnen Nägeln und Tressen ausgeschlagen war, und oben darauf ein Kreuz mit derselben Einfassung; mit vergoldeten Beschlägen an den Ecken und zwei Schlüsseln; bis dass die Nacht kam, deren Finsterniss alle in Trauer kleidete, da brachten sie ihn zu seiner letzten Ruhe in der Pfarrei S. Johannis des Täufers. Dort empfingen ihn die Ca- valiere der Kammer S. M. und trugen ihn zum Trauergerüst, welches in der Mitte des Chors (Capilla mayor) errichtet war; auf die Tumba wurde der Leichnam gelegt; zu beiden Seiten standen zwölf silberne Leuchter mit Wachsfackeln und viele Kerzen. Das Todtenamt wurde mit grosser Feierlichkeit abge- halten, unter trefflicher Musik der königlichen Kapelle, mit jenem Ausdruck und Takt, mit den Instrumenten und Stimmen, die bei solchen ernsten Handlungen üblich sind. Viele Edelleute und Kammerherrn waren zugegen. Dann holten sie die Lade herunter und übergaben sie D. Joseph de Salinas vom Cala- travaorden, Ayuda de Camara S. M., und andern Rittern der Kammer, die zugegen waren. Diese trugen ihn auf ihren Schul- tern in die Gruft und Grabstätte des D. Gaspar de Fuensalida, der ihm als Beweis seiner Liebe diesen Platz zur Beisetzung ge- währte.“
Dem König ging der unerwartete Verlust seines Lieblings- malers sehr nahe. Als die Junta de obras y bosques am 15. August darum einkam, dass der erledigte Gehalt von tausend Ducaten nicht wieder gewährt werden, sondern an die Junta zurückfallen solle,
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Siebentes Buch.
der heiligen Sacramente und Vollmachtertheilung zum Testiren
an seinen vertrauten Freund D. Gaspar de Fuensalida, Hofzahl-
meister S. M., gab er um zwei Uhr Nachmittags, im 61 sten Jahre
seines Lebens, seine Seele dem der sie zu solcher Bewunderung
der Welt geschaffen hatte, alle in grosser Trauer zurücklassend,
und nicht am wenigsten Seine Majestät, die, als das Leben in
Gefahr schwebte, zu verstehen gegeben hatte, wie sehr sie ihn
lieb und werth hielt.
„Sie hüllten den Leichnam in das bescheidene Todtenkleid,
und dann kleideten sie ihn an wie im Leben, nach Gebrauch der
Ritterorden: mit dem Kapitelsmantel und dem rothen Ordens-
zeichen auf der Brust, Hut, Degen, Stiefel und Sporen: und so
lag er in jener Nacht auf seinem Sterbebett in einem schwarz
ausgeschlagenen Saal; zur Seite einige Leuchter mit Wachs-
fackeln und andere Kerzen auf dem Altar, wo ein Crucifix stand,
bis zum Sonnabend. Darauf legten sie die Leiche in den Sarg,
der mit schwarzem Sammt und goldnen Nägeln und Tressen
ausgeschlagen war, und oben darauf ein Kreuz mit derselben
Einfassung; mit vergoldeten Beschlägen an den Ecken und zwei
Schlüsseln; bis dass die Nacht kam, deren Finsterniss alle in
Trauer kleidete, da brachten sie ihn zu seiner letzten Ruhe in
der Pfarrei S. Johannis des Täufers. Dort empfingen ihn die Ca-
valiere der Kammer S. M. und trugen ihn zum Trauergerüst,
welches in der Mitte des Chors (Capilla mayor) errichtet war;
auf die Tumba wurde der Leichnam gelegt; zu beiden Seiten
standen zwölf silberne Leuchter mit Wachsfackeln und viele
Kerzen. Das Todtenamt wurde mit grosser Feierlichkeit abge-
halten, unter trefflicher Musik der königlichen Kapelle, mit
jenem Ausdruck und Takt, mit den Instrumenten und Stimmen,
die bei solchen ernsten Handlungen üblich sind. Viele Edelleute
und Kammerherrn waren zugegen. Dann holten sie die Lade
herunter und übergaben sie D. Joseph de Salinas vom Cala-
travaorden, Ayuda de Camara S. M., und andern Rittern der
Kammer, die zugegen waren. Diese trugen ihn auf ihren Schul-
tern in die Gruft und Grabstätte des D. Gaspar de Fuensalida,
der ihm als Beweis seiner Liebe diesen Platz zur Beisetzung ge-
währte.“
Dem König ging der unerwartete Verlust seines Lieblings-
malers sehr nahe. Als die Junta de obras y bosques am 15. August
darum einkam, dass der erledigte Gehalt von tausend Ducaten nicht
wieder gewährt werden, sondern an die Junta zurückfallen solle,
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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/414>, abgerufen am 22.11.2024.
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