Dieser Einzug war ein über Wunden und Bettlerlumpen gewor- fener Purpurmantel. Wenn die einzelnen Künste mit ihren reinen Darstellungsformen vor der Hand zu Ende sind, so gelingen ihnen durch solche Bündnisse und Anpassungen zuweilen noch neue, oft die stärksten Wirkungen.
An einem klaren windstillen Novembertag (den 15.), bei einer "Sonne von Krystall", fand der Einzug statt. Der Weg von San Ildefonso zum Escorial war erleuchtet, in den Portiken des letztern glänzten 2300 Lampen. In Buen Retiro sass die Königin auf. Voran zogen die deutschen, vlämischen und spa- nischen Wachen, 350 Mann, in Sammtlivreen; dann die Herolde; zweihundert Reiter; die Granden mit zahlreichen Pagen und Staffieren. Ihr folgten die Damen, zwölf berittene, die übrigen in Kutschen.
Die Strassen bis zum Schloss waren von den Dächern herab mit Teppichen, Tapisserien, bemalten sargas und Gemälden be- deckt, ein Augenzeuge vergleicht sie mit einem festlich ge- schmückten Kirchenschiff. Von fünf Triumphbogen, strahlend von Gold, stellten vier die Idee der spanischen Weltherrschaft dar, ethnographische Statuen und Gemälde vergegenwärtigten die Besitzungen in den vier Welttheilen; sie standen am Guadalajara- thor, im Prado, in der Carrera de S. Geronimo, an der Puerta del Sol und auf Plaza S. Maria. Der Architekt war Sebastian de Herrera Barnuevo, den der König dafür zum Maestro mayor der Palastbauten ernannte. Jeder kostete 25000 Escudos. Der florentinische Gesandte rühmt die Grösse und den edlen Stil; der im Prado wird Alonso Cano zugeschrieben. Hier erhob sich der Parnass, in natürlichem und künstlichem Blumenschmuck, Herkules und das Flügelross mit der Hippokrene von Wein auf seinen beiden Gipfeln, im Thal Apoll mit den Musen, und zu deren Seiten die Statuen der grossen spanischen Dichter des Alterthums: Seneca, Martial, Lucan; der Renaissance: Juan de Mena, Garcilaso und Camoens; die jüngstverstorbenen endlich: Quevedo, Gongora, Lope. An den Parnass schlossen sich die elyseischen Felder, deren Abschluss der Bogen an der Carrera d. S. Jeronimo bildete. Am Thor wurde die Königin von den 52 Regidoren Madrids in goldbrokatnen Togen empfan- gen, der Besamanos vollzogen und vom Corregidor die Stadt- schlüssel überreicht. Der König stand auf einem Balkon des Palasts Lerma. Sie setzte ihren Ritt nun unter dem Bal- dachin fort.
Die Königin Marianne.
Dieser Einzug war ein über Wunden und Bettlerlumpen gewor- fener Purpurmantel. Wenn die einzelnen Künste mit ihren reinen Darstellungsformen vor der Hand zu Ende sind, so gelingen ihnen durch solche Bündnisse und Anpassungen zuweilen noch neue, oft die stärksten Wirkungen.
An einem klaren windstillen Novembertag (den 15.), bei einer „Sonne von Krystall“, fand der Einzug statt. Der Weg von San Ildefonso zum Escorial war erleuchtet, in den Portiken des letztern glänzten 2300 Lampen. In Buen Retiro sass die Königin auf. Voran zogen die deutschen, vlämischen und spa- nischen Wachen, 350 Mann, in Sammtlivreen; dann die Herolde; zweihundert Reiter; die Granden mit zahlreichen Pagen und Staffieren. Ihr folgten die Damen, zwölf berittene, die übrigen in Kutschen.
Die Strassen bis zum Schloss waren von den Dächern herab mit Teppichen, Tapisserien, bemalten sargas und Gemälden be- deckt, ein Augenzeuge vergleicht sie mit einem festlich ge- schmückten Kirchenschiff. Von fünf Triumphbogen, strahlend von Gold, stellten vier die Idee der spanischen Weltherrschaft dar, ethnographische Statuen und Gemälde vergegenwärtigten die Besitzungen in den vier Welttheilen; sie standen am Guadalajara- thor, im Prado, in der Carrera de S. Gerónimo, an der Puerta del Sol und auf Plaza S. Maria. Der Architekt war Sebastian de Herrera Barnuevo, den der König dafür zum Maestro mayor der Palastbauten ernannte. Jeder kostete 25000 Escudos. Der florentinische Gesandte rühmt die Grösse und den edlen Stil; der im Prado wird Alonso Cano zugeschrieben. Hier erhob sich der Parnass, in natürlichem und künstlichem Blumenschmuck, Herkules und das Flügelross mit der Hippokrene von Wein auf seinen beiden Gipfeln, im Thal Apoll mit den Musen, und zu deren Seiten die Statuen der grossen spanischen Dichter des Alterthums: Seneca, Martial, Lucan; der Renaissance: Juan de Mena, Garcilaso und Camoens; die jüngstverstorbenen endlich: Quevedo, Góngora, Lope. An den Parnass schlossen sich die elyseischen Felder, deren Abschluss der Bogen an der Carrera d. S. Jerónimo bildete. Am Thor wurde die Königin von den 52 Regidoren Madrids in goldbrokatnen Togen empfan- gen, der Besamanos vollzogen und vom Corregidor die Stadt- schlüssel überreicht. Der König stand auf einem Balkon des Palasts Lerma. Sie setzte ihren Ritt nun unter dem Bal- dachin fort.
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Die Königin Marianne.
Dieser Einzug war ein über Wunden und Bettlerlumpen gewor-
fener Purpurmantel. Wenn die einzelnen Künste mit ihren reinen
Darstellungsformen vor der Hand zu Ende sind, so gelingen ihnen
durch solche Bündnisse und Anpassungen zuweilen noch neue,
oft die stärksten Wirkungen.
An einem klaren windstillen Novembertag (den 15.), bei
einer „Sonne von Krystall“, fand der Einzug statt. Der Weg
von San Ildefonso zum Escorial war erleuchtet, in den Portiken
des letztern glänzten 2300 Lampen. In Buen Retiro sass die
Königin auf. Voran zogen die deutschen, vlämischen und spa-
nischen Wachen, 350 Mann, in Sammtlivreen; dann die Herolde;
zweihundert Reiter; die Granden mit zahlreichen Pagen und
Staffieren. Ihr folgten die Damen, zwölf berittene, die übrigen
in Kutschen.
Die Strassen bis zum Schloss waren von den Dächern herab
mit Teppichen, Tapisserien, bemalten sargas und Gemälden be-
deckt, ein Augenzeuge vergleicht sie mit einem festlich ge-
schmückten Kirchenschiff. Von fünf Triumphbogen, strahlend von
Gold, stellten vier die Idee der spanischen Weltherrschaft dar,
ethnographische Statuen und Gemälde vergegenwärtigten die
Besitzungen in den vier Welttheilen; sie standen am Guadalajara-
thor, im Prado, in der Carrera de S. Gerónimo, an der Puerta
del Sol und auf Plaza S. Maria. Der Architekt war Sebastian
de Herrera Barnuevo, den der König dafür zum Maestro mayor
der Palastbauten ernannte. Jeder kostete 25000 Escudos. Der
florentinische Gesandte rühmt die Grösse und den edlen Stil;
der im Prado wird Alonso Cano zugeschrieben. Hier erhob sich
der Parnass, in natürlichem und künstlichem Blumenschmuck,
Herkules und das Flügelross mit der Hippokrene von Wein auf
seinen beiden Gipfeln, im Thal Apoll mit den Musen, und zu
deren Seiten die Statuen der grossen spanischen Dichter des
Alterthums: Seneca, Martial, Lucan; der Renaissance: Juan
de Mena, Garcilaso und Camoens; die jüngstverstorbenen endlich:
Quevedo, Góngora, Lope. An den Parnass schlossen sich die
elyseischen Felder, deren Abschluss der Bogen an der Carrera
d. S. Jerónimo bildete. Am Thor wurde die Königin von
den 52 Regidoren Madrids in goldbrokatnen Togen empfan-
gen, der Besamanos vollzogen und vom Corregidor die Stadt-
schlüssel überreicht. Der König stand auf einem Balkon
des Palasts Lerma. Sie setzte ihren Ritt nun unter dem Bal-
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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/307>, abgerufen am 25.11.2024.
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