Genua den Werken des Lazzaro Calvi, wenn auch nur flüchtig (de passo) nachgegangen sei. Dieser Genueser (1502 + 1595) war ein Nachahmer des Perin del Vaga. Man begegnete seinen und seines Bruders Pantaleo Fassaden- und Saalmalereien auf Schritt und Tritt; und noch heute kann man sich von der prächtigen Wirkung genuesischer Paläste von damals eine Vorstellung auf- bauen vor dem alten Palast Doria, später Spinola (der jetzigen Präfektur), wo er für Antonio Doria in mächtigen und bewegten Gestalten genuesische Grossthaten geschildert hatte1).
Man hatte schon lange zwei bolognesische Freskomaler ins Auge gefasst, welche die allgemeine Stimme als die Erfinder oder Vollender eines von ihnen mit vertheilten Rollen ausgeübten Systems des Wandschmucks bezeichnete, Agostino Metelli aus Bologna (geb. 1609) und Angelo Michele Colonna aus Ravenna bei Como (geb. 1600). Mehrere der dem Hofe nahestehenden Fürstlichkeiten gehörten zu ihren Gönnern. Der Herzog Franz I von Modena hatte ihnen mehrere Gemächer seines Palasts, vor allem aber den grossen Hof und den Hauptsaal seines Lust- schlosses Sassuolo anvertraut; er wird bei seinem Besuch im Jahre 1638 von ihnen gesprochen haben; auch die Farnese hatten sie in Parma beschäftigt (S. Alessandro); und noch heute kann man mit den besten Eindruck von ihnen bekommen in den drei grossen Sälen des Palasts Pitti (nach dem Saal des Giovanni di S. Giovanni), die sie in den Jahren 1638--44 für Ferdinand aus- führten. Man hatte durch Bologneser mit ihnen verhandeln lassen. Zuerst durch den Marchese Virgilio Malvezzi (1595 + 1653), einen Gelehrten und Diplomaten, den der Herzog von Feria, unter dem er in Oberitalien gedient, mit nach Madrid genommen hatte (1636), den Freund des Olivares, Mitglied des Staatsraths, und auch nach jenes Sturz in hoher Gunst bei dem König, dessen officielle Geschichte er schrieb. Nach seiner Rückkehr bekleidete er in Bologna das Amt des Gonfaloniere (1646). Dort hatten sie ein Zimmer für ihn ausgemalt. Dann durch Monsignor Girolamo Boncompagni (seit 1651 Erzbischof von Bologna); beidemale vergeblich. Der florentinische Piaster hatte ja keinen stumpfern Klang als die spanischen Dublonen; als Metelli 1644 nach Bo- logna zurückkehrte, sagte er: Mit einem Sack voll farbiger Erde sind wir gegangen, mit einem Sack voll Piaster kommen wir zurück.
1) Fed. Alizeri, Guida illustrativa per la citta di Genova. G. 1876. 196.
Sechstes Buch.
Genua den Werken des Lazzaro Calvi, wenn auch nur flüchtig (de passo) nachgegangen sei. Dieser Genueser (1502 † 1595) war ein Nachahmer des Perin del Vaga. Man begegnete seinen und seines Bruders Pantaleo Fassaden- und Saalmalereien auf Schritt und Tritt; und noch heute kann man sich von der prächtigen Wirkung genuesischer Paläste von damals eine Vorstellung auf- bauen vor dem alten Palast Doria, später Spinola (der jetzigen Präfektur), wo er für Antonio Doria in mächtigen und bewegten Gestalten genuesische Grossthaten geschildert hatte1).
Man hatte schon lange zwei bolognesische Freskomaler ins Auge gefasst, welche die allgemeine Stimme als die Erfinder oder Vollender eines von ihnen mit vertheilten Rollen ausgeübten Systems des Wandschmucks bezeichnete, Agostino Metelli aus Bologna (geb. 1609) und Angelo Michele Colonna aus Ravenna bei Como (geb. 1600). Mehrere der dem Hofe nahestehenden Fürstlichkeiten gehörten zu ihren Gönnern. Der Herzog Franz I von Modena hatte ihnen mehrere Gemächer seines Palasts, vor allem aber den grossen Hof und den Hauptsaal seines Lust- schlosses Sassuolo anvertraut; er wird bei seinem Besuch im Jahre 1638 von ihnen gesprochen haben; auch die Farnese hatten sie in Parma beschäftigt (S. Alessandro); und noch heute kann man mit den besten Eindruck von ihnen bekommen in den drei grossen Sälen des Palasts Pitti (nach dem Saal des Giovanni di S. Giovanni), die sie in den Jahren 1638—44 für Ferdinand aus- führten. Man hatte durch Bologneser mit ihnen verhandeln lassen. Zuerst durch den Marchese Virgilio Malvezzi (1595 † 1653), einen Gelehrten und Diplomaten, den der Herzog von Feria, unter dem er in Oberitalien gedient, mit nach Madrid genommen hatte (1636), den Freund des Olivares, Mitglied des Staatsraths, und auch nach jenes Sturz in hoher Gunst bei dem König, dessen officielle Geschichte er schrieb. Nach seiner Rückkehr bekleidete er in Bologna das Amt des Gonfaloniere (1646). Dort hatten sie ein Zimmer für ihn ausgemalt. Dann durch Monsignor Girolamo Boncompagni (seit 1651 Erzbischof von Bologna); beidemale vergeblich. Der florentinische Piaster hatte ja keinen stumpfern Klang als die spanischen Dublonen; als Metelli 1644 nach Bo- logna zurückkehrte, sagte er: Mit einem Sack voll farbiger Erde sind wir gegangen, mit einem Sack voll Piaster kommen wir zurück.
1) Fed. Alizeri, Guida illustrativa per la città di Genova. G. 1876. 196.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0220"n="200"/><fwplace="top"type="header">Sechstes Buch.</fw><lb/>
Genua den Werken des Lazzaro Calvi, wenn auch nur flüchtig<lb/>
(<hirendition="#i">de passo</hi>) nachgegangen sei. Dieser Genueser (1502 † 1595) war<lb/>
ein Nachahmer des Perin del Vaga. Man begegnete seinen und<lb/>
seines Bruders Pantaleo Fassaden- und Saalmalereien auf Schritt<lb/>
und Tritt; und noch heute kann man sich von der prächtigen<lb/>
Wirkung genuesischer Paläste von damals eine Vorstellung auf-<lb/>
bauen vor dem alten Palast Doria, später Spinola (der jetzigen<lb/>
Präfektur), wo er für Antonio Doria in mächtigen und bewegten<lb/>
Gestalten genuesische Grossthaten geschildert hatte<noteplace="foot"n="1)">Fed. Alizeri, Guida illustrativa per la città di Genova. G. 1876. 196.</note>.</p><lb/><p>Man hatte schon lange zwei bolognesische Freskomaler ins<lb/>
Auge gefasst, welche die allgemeine Stimme als die Erfinder<lb/>
oder Vollender eines von ihnen mit vertheilten Rollen ausgeübten<lb/>
Systems des Wandschmucks bezeichnete, Agostino Metelli aus<lb/>
Bologna (geb. 1609) und Angelo Michele Colonna aus Ravenna<lb/>
bei Como (geb. 1600). Mehrere der dem Hofe nahestehenden<lb/>
Fürstlichkeiten gehörten zu ihren Gönnern. Der Herzog Franz I<lb/>
von Modena hatte ihnen mehrere Gemächer seines Palasts, vor<lb/>
allem aber den grossen Hof und den Hauptsaal seines Lust-<lb/>
schlosses Sassuolo anvertraut; er wird bei seinem Besuch im<lb/>
Jahre 1638 von ihnen gesprochen haben; auch die Farnese hatten<lb/>
sie in Parma beschäftigt (S. Alessandro); und noch heute kann<lb/>
man mit den besten Eindruck von ihnen bekommen in den drei<lb/>
grossen Sälen des Palasts Pitti (nach dem Saal des Giovanni di<lb/>
S. Giovanni), die sie in den Jahren 1638—44 für Ferdinand aus-<lb/>
führten. Man hatte durch Bologneser mit ihnen verhandeln<lb/>
lassen. Zuerst durch den Marchese Virgilio Malvezzi (1595 † 1653),<lb/>
einen Gelehrten und Diplomaten, den der Herzog von Feria, unter<lb/>
dem er in Oberitalien gedient, mit nach Madrid genommen hatte<lb/>
(1636), den Freund des Olivares, Mitglied des Staatsraths, und<lb/>
auch nach jenes Sturz in hoher Gunst bei dem König, dessen<lb/>
officielle Geschichte er schrieb. Nach seiner Rückkehr bekleidete<lb/>
er in Bologna das Amt des Gonfaloniere (1646). Dort hatten sie<lb/>
ein Zimmer für ihn ausgemalt. Dann durch Monsignor Girolamo<lb/>
Boncompagni (seit 1651 Erzbischof von Bologna); beidemale<lb/>
vergeblich. Der florentinische Piaster hatte ja keinen stumpfern<lb/>
Klang als die spanischen Dublonen; als Metelli 1644 nach Bo-<lb/>
logna zurückkehrte, sagte er: Mit einem Sack voll farbiger Erde<lb/>
sind wir gegangen, mit einem Sack voll Piaster kommen wir<lb/>
zurück.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[200/0220]
Sechstes Buch.
Genua den Werken des Lazzaro Calvi, wenn auch nur flüchtig
(de passo) nachgegangen sei. Dieser Genueser (1502 † 1595) war
ein Nachahmer des Perin del Vaga. Man begegnete seinen und
seines Bruders Pantaleo Fassaden- und Saalmalereien auf Schritt
und Tritt; und noch heute kann man sich von der prächtigen
Wirkung genuesischer Paläste von damals eine Vorstellung auf-
bauen vor dem alten Palast Doria, später Spinola (der jetzigen
Präfektur), wo er für Antonio Doria in mächtigen und bewegten
Gestalten genuesische Grossthaten geschildert hatte 1).
Man hatte schon lange zwei bolognesische Freskomaler ins
Auge gefasst, welche die allgemeine Stimme als die Erfinder
oder Vollender eines von ihnen mit vertheilten Rollen ausgeübten
Systems des Wandschmucks bezeichnete, Agostino Metelli aus
Bologna (geb. 1609) und Angelo Michele Colonna aus Ravenna
bei Como (geb. 1600). Mehrere der dem Hofe nahestehenden
Fürstlichkeiten gehörten zu ihren Gönnern. Der Herzog Franz I
von Modena hatte ihnen mehrere Gemächer seines Palasts, vor
allem aber den grossen Hof und den Hauptsaal seines Lust-
schlosses Sassuolo anvertraut; er wird bei seinem Besuch im
Jahre 1638 von ihnen gesprochen haben; auch die Farnese hatten
sie in Parma beschäftigt (S. Alessandro); und noch heute kann
man mit den besten Eindruck von ihnen bekommen in den drei
grossen Sälen des Palasts Pitti (nach dem Saal des Giovanni di
S. Giovanni), die sie in den Jahren 1638—44 für Ferdinand aus-
führten. Man hatte durch Bologneser mit ihnen verhandeln
lassen. Zuerst durch den Marchese Virgilio Malvezzi (1595 † 1653),
einen Gelehrten und Diplomaten, den der Herzog von Feria, unter
dem er in Oberitalien gedient, mit nach Madrid genommen hatte
(1636), den Freund des Olivares, Mitglied des Staatsraths, und
auch nach jenes Sturz in hoher Gunst bei dem König, dessen
officielle Geschichte er schrieb. Nach seiner Rückkehr bekleidete
er in Bologna das Amt des Gonfaloniere (1646). Dort hatten sie
ein Zimmer für ihn ausgemalt. Dann durch Monsignor Girolamo
Boncompagni (seit 1651 Erzbischof von Bologna); beidemale
vergeblich. Der florentinische Piaster hatte ja keinen stumpfern
Klang als die spanischen Dublonen; als Metelli 1644 nach Bo-
logna zurückkehrte, sagte er: Mit einem Sack voll farbiger Erde
sind wir gegangen, mit einem Sack voll Piaster kommen wir
zurück.
1) Fed. Alizeri, Guida illustrativa per la città di Genova. G. 1876. 196.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/220>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.