Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888.

Bild:
<< vorherige Seite

Sechstes Buch.
und heilige Alterthümer schonend, diese Halle so viel lichter,
reicher, gefälliger gemacht habe. Auch den Bau von S. Ignazio
mit der Fassade von Algardi gelang dem Fürsten Ludovisi
zu vollenden. S. Peter hatte den Marmorfussboden und die
Marmorbekleidung der Seitenschiffe mit den Pamfili'schen Tau-
ben und das Attilarelief erhalten. Endlich wurde das Kapito-
linische Museum eröffnet, womit der vor fast einem Jahrhundert
von Michel Angelo gemachte Entwurf des neuen Kapitols end-
lich zur Ausführung kam.

Sonst waren die sparsamen Zeiten der Pamfili eher magere
Jahre für die Künstler, welche die Barberini und ihre freigebige,
auch persönlich wolwollende Protektion vermissten. Der gegen-
wärtige Neffe, Camillo, ein Jahr Cardinal, dann durch seine Ver-
mählung mit der reichsten Erbin Roms, Olimpia Aldobrandini, wie-
der der einzige Stammhalter des Hauses, gab zwar mehr als alle
Malern und Bildhauern zu thun, aber er war in Geldsachen peinlich;
er hat mit Mola über ein Honorar processirt. Die Eingebungen
kamen überall von seiner Mutter, welche die Schnüre des päbst-
lichen Säckels in festen Händen hielt. Deshalb stand oben an
was dem Glanz des Hauses diente; die Piazza Navona mit Palast,
Kirche und Brunnen, und die Villa Bel Respiro auf dem Jani-
culus, die gleich nach der Thronbesteigung unter Oberleitung
Algardi's begonnen wurde: diess war der schönste und grösste
Garten des Jahrhunderts. Den Palast alldort überliess Algardi
seinem Landsmann Gio. Francesco Grimaldi.

Der Pabst zeigte zwar gelegentlich lebhafte Empfindung
und zutreffendes Urtheil in Kunstsachen; allein er machte sich
aus Malern sowenig als aus Schöngeistern; er lasse sich nicht
gern ein mit den Malern, sagte er, er habe immer nur Verdruss
und Täuschungen mit ihnen erlebt.

Beziehungen zu Roms Künstlern.

In der römischen Künstlergemeinde waren auch damals alle
erdenklichen Typen vertreten, -- Zigeuner, Cavaliere, Idealisten
und Sonderlinge. In Passeri's Buch1) sieht man sie nicht nur

1) G. B. Passeri, Vite de' pittori scultori ed architetti che anno lavorato in
Roma. Roma 1772. 40. Passeri's Buch giebt ein sehr gutes Bild der damaligen
Künstlergemeinde Roms; wegen der vielen offenen Urtheile ist es erst ein Jahr-
hundert nach seinem Tode, und auch dann nicht ohne Kürzungen gedruckt worden.

Sechstes Buch.
und heilige Alterthümer schonend, diese Halle so viel lichter,
reicher, gefälliger gemacht habe. Auch den Bau von S. Ignazio
mit der Fassade von Algardi gelang dem Fürsten Ludovisi
zu vollenden. S. Peter hatte den Marmorfussboden und die
Marmorbekleidung der Seitenschiffe mit den Pamfili’schen Tau-
ben und das Attilarelief erhalten. Endlich wurde das Kapito-
linische Museum eröffnet, womit der vor fast einem Jahrhundert
von Michel Angelo gemachte Entwurf des neuen Kapitols end-
lich zur Ausführung kam.

Sonst waren die sparsamen Zeiten der Pamfili eher magere
Jahre für die Künstler, welche die Barberini und ihre freigebige,
auch persönlich wolwollende Protektion vermissten. Der gegen-
wärtige Neffe, Camillo, ein Jahr Cardinal, dann durch seine Ver-
mählung mit der reichsten Erbin Roms, Olimpia Aldobrandini, wie-
der der einzige Stammhalter des Hauses, gab zwar mehr als alle
Malern und Bildhauern zu thun, aber er war in Geldsachen peinlich;
er hat mit Mola über ein Honorar processirt. Die Eingebungen
kamen überall von seiner Mutter, welche die Schnüre des päbst-
lichen Säckels in festen Händen hielt. Deshalb stand oben an
was dem Glanz des Hauses diente; die Piazza Navona mit Palast,
Kirche und Brunnen, und die Villa Bel Respiro auf dem Jani-
culus, die gleich nach der Thronbesteigung unter Oberleitung
Algardi’s begonnen wurde: diess war der schönste und grösste
Garten des Jahrhunderts. Den Palast alldort überliess Algardi
seinem Landsmann Gio. Francesco Grimaldi.

Der Pabst zeigte zwar gelegentlich lebhafte Empfindung
und zutreffendes Urtheil in Kunstsachen; allein er machte sich
aus Malern sowenig als aus Schöngeistern; er lasse sich nicht
gern ein mit den Malern, sagte er, er habe immer nur Verdruss
und Täuschungen mit ihnen erlebt.

Beziehungen zu Roms Künstlern.

In der römischen Künstlergemeinde waren auch damals alle
erdenklichen Typen vertreten, — Zigeuner, Cavaliere, Idealisten
und Sonderlinge. In Passeri’s Buch1) sieht man sie nicht nur

1) G. B. Passeri, Vite de’ pittori scultori ed architetti che anno lavorato in
Roma. Roma 1772. 40. Passeri’s Buch giebt ein sehr gutes Bild der damaligen
Künstlergemeinde Roms; wegen der vielen offenen Urtheile ist es erst ein Jahr-
hundert nach seinem Tode, und auch dann nicht ohne Kürzungen gedruckt worden.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0188" n="168"/><fw place="top" type="header">Sechstes Buch.</fw><lb/>
und heilige Alterthümer schonend, diese Halle so viel lichter,<lb/>
reicher, gefälliger gemacht habe. Auch den Bau von S. Ignazio<lb/>
mit der Fassade von Algardi gelang dem Fürsten Ludovisi<lb/>
zu vollenden. S. Peter hatte den Marmorfussboden und die<lb/>
Marmorbekleidung der Seitenschiffe mit den Pamfili&#x2019;schen Tau-<lb/>
ben und das Attilarelief erhalten. Endlich wurde das Kapito-<lb/>
linische Museum eröffnet, womit der vor fast einem Jahrhundert<lb/>
von Michel Angelo gemachte Entwurf des neuen Kapitols end-<lb/>
lich zur Ausführung kam.</p><lb/>
          <p>Sonst waren die sparsamen Zeiten der Pamfili eher magere<lb/>
Jahre für die Künstler, welche die Barberini und ihre freigebige,<lb/>
auch persönlich wolwollende Protektion vermissten. Der gegen-<lb/>
wärtige Neffe, Camillo, ein Jahr Cardinal, dann durch seine Ver-<lb/>
mählung mit der reichsten Erbin Roms, Olimpia Aldobrandini, wie-<lb/>
der der einzige Stammhalter des Hauses, gab zwar mehr als alle<lb/>
Malern und Bildhauern zu thun, aber er war in Geldsachen peinlich;<lb/>
er hat mit Mola über ein Honorar processirt. Die Eingebungen<lb/>
kamen überall von seiner Mutter, welche die Schnüre des päbst-<lb/>
lichen Säckels in festen Händen hielt. Deshalb stand oben an<lb/>
was dem Glanz des Hauses diente; die Piazza Navona mit Palast,<lb/>
Kirche und Brunnen, und die Villa Bel Respiro auf dem Jani-<lb/>
culus, die gleich nach der Thronbesteigung unter Oberleitung<lb/>
Algardi&#x2019;s begonnen wurde: diess war der schönste und grösste<lb/>
Garten des Jahrhunderts. Den Palast alldort überliess Algardi<lb/>
seinem Landsmann Gio. Francesco Grimaldi.</p><lb/>
          <p>Der Pabst zeigte zwar gelegentlich lebhafte Empfindung<lb/>
und zutreffendes Urtheil in Kunstsachen; allein er machte sich<lb/>
aus Malern sowenig als aus Schöngeistern; er lasse sich nicht<lb/>
gern ein mit den Malern, sagte er, er habe immer nur Verdruss<lb/>
und Täuschungen mit ihnen erlebt.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Beziehungen zu Roms Künstlern.</hi> </head><lb/>
          <p>In der römischen Künstlergemeinde waren auch damals alle<lb/>
erdenklichen Typen vertreten, &#x2014; Zigeuner, Cavaliere, Idealisten<lb/>
und Sonderlinge. In Passeri&#x2019;s Buch<note place="foot" n="1)">G. B. Passeri, Vite de&#x2019; pittori scultori ed architetti che anno lavorato in<lb/>
Roma. Roma 1772. 4<hi rendition="#sup">0</hi>. Passeri&#x2019;s Buch giebt ein sehr gutes Bild der damaligen<lb/>
Künstlergemeinde Roms; wegen der vielen offenen Urtheile ist es erst ein Jahr-<lb/>
hundert nach seinem Tode, und auch dann nicht ohne Kürzungen gedruckt worden.</note> sieht man sie nicht nur<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[168/0188] Sechstes Buch. und heilige Alterthümer schonend, diese Halle so viel lichter, reicher, gefälliger gemacht habe. Auch den Bau von S. Ignazio mit der Fassade von Algardi gelang dem Fürsten Ludovisi zu vollenden. S. Peter hatte den Marmorfussboden und die Marmorbekleidung der Seitenschiffe mit den Pamfili’schen Tau- ben und das Attilarelief erhalten. Endlich wurde das Kapito- linische Museum eröffnet, womit der vor fast einem Jahrhundert von Michel Angelo gemachte Entwurf des neuen Kapitols end- lich zur Ausführung kam. Sonst waren die sparsamen Zeiten der Pamfili eher magere Jahre für die Künstler, welche die Barberini und ihre freigebige, auch persönlich wolwollende Protektion vermissten. Der gegen- wärtige Neffe, Camillo, ein Jahr Cardinal, dann durch seine Ver- mählung mit der reichsten Erbin Roms, Olimpia Aldobrandini, wie- der der einzige Stammhalter des Hauses, gab zwar mehr als alle Malern und Bildhauern zu thun, aber er war in Geldsachen peinlich; er hat mit Mola über ein Honorar processirt. Die Eingebungen kamen überall von seiner Mutter, welche die Schnüre des päbst- lichen Säckels in festen Händen hielt. Deshalb stand oben an was dem Glanz des Hauses diente; die Piazza Navona mit Palast, Kirche und Brunnen, und die Villa Bel Respiro auf dem Jani- culus, die gleich nach der Thronbesteigung unter Oberleitung Algardi’s begonnen wurde: diess war der schönste und grösste Garten des Jahrhunderts. Den Palast alldort überliess Algardi seinem Landsmann Gio. Francesco Grimaldi. Der Pabst zeigte zwar gelegentlich lebhafte Empfindung und zutreffendes Urtheil in Kunstsachen; allein er machte sich aus Malern sowenig als aus Schöngeistern; er lasse sich nicht gern ein mit den Malern, sagte er, er habe immer nur Verdruss und Täuschungen mit ihnen erlebt. Beziehungen zu Roms Künstlern. In der römischen Künstlergemeinde waren auch damals alle erdenklichen Typen vertreten, — Zigeuner, Cavaliere, Idealisten und Sonderlinge. In Passeri’s Buch 1) sieht man sie nicht nur 1) G. B. Passeri, Vite de’ pittori scultori ed architetti che anno lavorato in Roma. Roma 1772. 40. Passeri’s Buch giebt ein sehr gutes Bild der damaligen Künstlergemeinde Roms; wegen der vielen offenen Urtheile ist es erst ein Jahr- hundert nach seinem Tode, und auch dann nicht ohne Kürzungen gedruckt worden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/188
Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/188>, abgerufen am 23.11.2024.