empfohlen und überhaupt letztern über dortige Verhältnisse orientirt haben.
Neapel war damals die ausgiebigste Fundgrube der Spanier für italienische Kunstwerke. Noch giebt es spanische Kirchen, wo man sich nach Neapel versetzt glaubt, z. B. die Colegiata von Osuna, die Kirche der barfüssigen Augustinerinnen zu Salamanca; auch im königlichen Schloss war von den italienischen Schulen der Gegenwart diese fast allein vertreten. Für jene Stiftung des ehemaligen Vicekönigs Monterey in der alten Universitätsstadt haben ziemlich alle hervorragenden Maler Neapels (und auch das Kunstgewerbe) beigetragen; ein grosser Theil der Gemälde war freilich in der Clausur, und das Beste hiervon ist vor einigen Jahren nach Paris entführt worden.
Bei dieser Gelegenheit besuchte er zum zweitenmale Joseph Ribera. Zwanzig Jahre waren seit der ersten Begegnung ver- flossen, für beide die grössere und wichtigere Hälfte ihrer Künst- lerlaufbahn. Nur Ribera war an der Staffelei noch unwandelbar derselbe wie damals. Welche Reihe von Schöpfungen waren in diesen zwei Jahrzehnten aus dem Hause gegenüber S. Fran- cesco in ferne Länder gesandt worden. Da war die grosse Concepcion, gemalt für denselben Monterey im Jahre 1635, die Lieblingsdarstellung der katholischen Spanier, ein Gegenstand, der zu den landläufigen Vorstellungen von seinem Talent so wenig stimmte. Auf diese Apotheose der heiligen Jungfrau folgte (1637) das unerreichte Bild tiefsten Seelenleidens in der Pieta von San Martino, einem Werk, neben dessen Ernst und Majestät des Schmerzes alle Darstellungen des Jahrhunderts zu Schauspielerei verblassen. Dann waren die aufregenden Jahre gefolgt, wo Domenichino dort erschienen war, um den Neapolitanern zu lehren was monumentale Malerei sei. Ribera hat ihm seinen Auftrag nicht streitig gemacht, denn er war kein Frescomaler. Aber er wollte doch zeigen, dass ihm das, was jene Norditaliener als Monopol ihres vornehmen Stils betrachteten, ebenso zu Gebote stand, wenn er wollte. Damals malte er die heilige Familie mit der hl. Katharina für Genua (1643), jetzt in Stratton Park in Eng- land. Es ist eine trauliche Familiengruppe, die beiden Frauen von einer Feinheit und Adel der Linien, einer Hoheit, Anmuth und gehaltenen Innigkeit, die es schwer macht sich von dem Bild zu trennen. Im folgenden Jahre wurde ihm das Kreuz des päbstlichen Christusordens verliehen. Das Jahr 1646 brachte ihm eine künstlerische Genugthuung. Er erhielt eine der Altartafeln
Sechstes Buch.
empfohlen und überhaupt letztern über dortige Verhältnisse orientirt haben.
Neapel war damals die ausgiebigste Fundgrube der Spanier für italienische Kunstwerke. Noch giebt es spanische Kirchen, wo man sich nach Neapel versetzt glaubt, z. B. die Colegiata von Osuna, die Kirche der barfüssigen Augustinerinnen zu Salamanca; auch im königlichen Schloss war von den italienischen Schulen der Gegenwart diese fast allein vertreten. Für jene Stiftung des ehemaligen Vicekönigs Monterey in der alten Universitätsstadt haben ziemlich alle hervorragenden Maler Neapels (und auch das Kunstgewerbe) beigetragen; ein grosser Theil der Gemälde war freilich in der Clausur, und das Beste hiervon ist vor einigen Jahren nach Paris entführt worden.
Bei dieser Gelegenheit besuchte er zum zweitenmale Joseph Ribera. Zwanzig Jahre waren seit der ersten Begegnung ver- flossen, für beide die grössere und wichtigere Hälfte ihrer Künst- lerlaufbahn. Nur Ribera war an der Staffelei noch unwandelbar derselbe wie damals. Welche Reihe von Schöpfungen waren in diesen zwei Jahrzehnten aus dem Hause gegenüber S. Fran- cesco in ferne Länder gesandt worden. Da war die grosse Concepcion, gemalt für denselben Monterey im Jahre 1635, die Lieblingsdarstellung der katholischen Spanier, ein Gegenstand, der zu den landläufigen Vorstellungen von seinem Talent so wenig stimmte. Auf diese Apotheose der heiligen Jungfrau folgte (1637) das unerreichte Bild tiefsten Seelenleidens in der Pietà von San Martino, einem Werk, neben dessen Ernst und Majestät des Schmerzes alle Darstellungen des Jahrhunderts zu Schauspielerei verblassen. Dann waren die aufregenden Jahre gefolgt, wo Domenichino dort erschienen war, um den Neapolitanern zu lehren was monumentale Malerei sei. Ribera hat ihm seinen Auftrag nicht streitig gemacht, denn er war kein Frescomaler. Aber er wollte doch zeigen, dass ihm das, was jene Norditaliener als Monopol ihres vornehmen Stils betrachteten, ebenso zu Gebote stand, wenn er wollte. Damals malte er die heilige Familie mit der hl. Katharina für Genua (1643), jetzt in Stratton Park in Eng- land. Es ist eine trauliche Familiengruppe, die beiden Frauen von einer Feinheit und Adel der Linien, einer Hoheit, Anmuth und gehaltenen Innigkeit, die es schwer macht sich von dem Bild zu trennen. Im folgenden Jahre wurde ihm das Kreuz des päbstlichen Christusordens verliehen. Das Jahr 1646 brachte ihm eine künstlerische Genugthuung. Er erhielt eine der Altartafeln
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Sechstes Buch.
empfohlen und überhaupt letztern über dortige Verhältnisse
orientirt haben.
Neapel war damals die ausgiebigste Fundgrube der Spanier
für italienische Kunstwerke. Noch giebt es spanische Kirchen,
wo man sich nach Neapel versetzt glaubt, z. B. die Colegiata
von Osuna, die Kirche der barfüssigen Augustinerinnen zu
Salamanca; auch im königlichen Schloss war von den italienischen
Schulen der Gegenwart diese fast allein vertreten. Für jene
Stiftung des ehemaligen Vicekönigs Monterey in der alten
Universitätsstadt haben ziemlich alle hervorragenden Maler
Neapels (und auch das Kunstgewerbe) beigetragen; ein grosser
Theil der Gemälde war freilich in der Clausur, und das Beste
hiervon ist vor einigen Jahren nach Paris entführt worden.
Bei dieser Gelegenheit besuchte er zum zweitenmale Joseph
Ribera. Zwanzig Jahre waren seit der ersten Begegnung ver-
flossen, für beide die grössere und wichtigere Hälfte ihrer Künst-
lerlaufbahn. Nur Ribera war an der Staffelei noch unwandelbar
derselbe wie damals. Welche Reihe von Schöpfungen waren
in diesen zwei Jahrzehnten aus dem Hause gegenüber S. Fran-
cesco in ferne Länder gesandt worden. Da war die grosse
Concepcion, gemalt für denselben Monterey im Jahre 1635, die
Lieblingsdarstellung der katholischen Spanier, ein Gegenstand,
der zu den landläufigen Vorstellungen von seinem Talent so wenig
stimmte. Auf diese Apotheose der heiligen Jungfrau folgte (1637)
das unerreichte Bild tiefsten Seelenleidens in der Pietà von
San Martino, einem Werk, neben dessen Ernst und Majestät des
Schmerzes alle Darstellungen des Jahrhunderts zu Schauspielerei
verblassen. Dann waren die aufregenden Jahre gefolgt, wo
Domenichino dort erschienen war, um den Neapolitanern zu lehren
was monumentale Malerei sei. Ribera hat ihm seinen Auftrag
nicht streitig gemacht, denn er war kein Frescomaler. Aber er
wollte doch zeigen, dass ihm das, was jene Norditaliener als
Monopol ihres vornehmen Stils betrachteten, ebenso zu Gebote
stand, wenn er wollte. Damals malte er die heilige Familie mit
der hl. Katharina für Genua (1643), jetzt in Stratton Park in Eng-
land. Es ist eine trauliche Familiengruppe, die beiden Frauen
von einer Feinheit und Adel der Linien, einer Hoheit, Anmuth
und gehaltenen Innigkeit, die es schwer macht sich von dem
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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/182>, abgerufen am 21.11.2024.
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