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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888.

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Fünftes Buch.
schung mit französischem Blut hatte schon bei dem Grossvater
bessere Resultate gegeben, als die mit dem naheverwandten.
Dass die Jägerei diessmal kein blosser Maskenscherz war, dafür
liefert die Hofchronik Beweise. In seinem neunten Jahr hat der
Prinz Probestücke abgelegt auf die sich ein Erwachsener etwas
hätte einbilden können. Im Januar 1638 erlegte er mit wohlge-
zieltem Flintenschuss an der wildesten Stelle des Gebirgs eine
Sau; die Kugel war durch und durch gegangen. In demselben
Jahr traf er bei einer Corrida de novillos von seinem Balkon aus
den Stier in die Stirn, auf der Schulter eines Jägers anlegend.
Zum Gedächtniss dieser beiden Meisterschüsse ist 1642 ein Kupfer
gestochen worden, von Cornelius Galle in Brüssel, wo er dem
Alonso Martinez sein Feuerrohr reicht, und die erlegten Thiere
vor ihm ausgestreckt zu sehen sind1).

Der Oheim Ferdinand schrieb darauf aus Brüssel (6. April
1638): "Es wundert mich nicht, dass E. M. ganz hin ist (caduco),
wie Ihr mir zu sagen geruht, über die Schüsse des Prinzen;
denn schon bei der blossen Erzählung habe ich geweint vor
Freude, als ich von so viel Geistesgegenwart und Geschick
(desembarazo y buen manna) las; auch Prinz Thomas (von Savoyen)
war erstaunt, wie er in so zarter Jugend sich erdreisten konnte,
auf einen Keiler zu feuern."

Grade um diese Zeit muss das andere Bildniss in der Prado-
galerie aufgenommen sein (Nr. 1118, 1,58 x 1,13). Der Prinz
steht in einem Saal des Pardoschlosses neben einem grossen
offenen Balkonfenster, er stützt zwar wieder die Rechte auf seine
kleine Büchse, trägt aber einen schwarzen Hofanzug, ähnlich dem
im Reiterbild, und die Linke ruht an der Degenkoppel. Dieses
Gemälde ist bezweifelt und im Katalog von 1872 sogar unter
die Schulbilder gesetzt worden. Dürftigkeit der Erfindung in
den Sachen der Umgebung, magere skizzenhafte Impastirung,
Befangenheit in der Handschrift der Züge sollen Schülerhand
verrathen. Dennoch scheint es mit der Originalität nicht so
verzweifelt zu stehen. Die Malführung, den Ton hat keiner
der sonst bekannten Maler der Zeit, von Kopistenhand ist
keine Spur. Die dünne flache Modellirung findet sich ähnlich

1) Auf einer Tafel die Denkschrift, POSTERITATI SACRUM. SERENISSI-
MUS PRINCEPS BALTHASAR CAROLUS etc. 18 x 12.8, beschrieben von
Curtis, S. 59. Mato el Principe un dia un jabali a la punteria, con la escopeta,
en lo mas brennoso del monte, con tanto acierto que las balas le pasaron las en-
trannas. Memorial XIV, 21. Januar 1638 und S. 329.

Fünftes Buch.
schung mit französischem Blut hatte schon bei dem Grossvater
bessere Resultate gegeben, als die mit dem naheverwandten.
Dass die Jägerei diessmal kein blosser Maskenscherz war, dafür
liefert die Hofchronik Beweise. In seinem neunten Jahr hat der
Prinz Probestücke abgelegt auf die sich ein Erwachsener etwas
hätte einbilden können. Im Januar 1638 erlegte er mit wohlge-
zieltem Flintenschuss an der wildesten Stelle des Gebirgs eine
Sau; die Kugel war durch und durch gegangen. In demselben
Jahr traf er bei einer Corrida de novillos von seinem Balkon aus
den Stier in die Stirn, auf der Schulter eines Jägers anlegend.
Zum Gedächtniss dieser beiden Meisterschüsse ist 1642 ein Kupfer
gestochen worden, von Cornelius Galle in Brüssel, wo er dem
Alonso Martinez sein Feuerrohr reicht, und die erlegten Thiere
vor ihm ausgestreckt zu sehen sind1).

Der Oheim Ferdinand schrieb darauf aus Brüssel (6. April
1638): „Es wundert mich nicht, dass E. M. ganz hin ist (caduco),
wie Ihr mir zu sagen geruht, über die Schüsse des Prinzen;
denn schon bei der blossen Erzählung habe ich geweint vor
Freude, als ich von so viel Geistesgegenwart und Geschick
(desembarazo y buen maña) las; auch Prinz Thomas (von Savoyen)
war erstaunt, wie er in so zarter Jugend sich erdreisten konnte,
auf einen Keiler zu feuern.“

Grade um diese Zeit muss das andere Bildniss in der Prado-
galerie aufgenommen sein (Nr. 1118, 1,58 × 1,13). Der Prinz
steht in einem Saal des Pardoschlosses neben einem grossen
offenen Balkonfenster, er stützt zwar wieder die Rechte auf seine
kleine Büchse, trägt aber einen schwarzen Hofanzug, ähnlich dem
im Reiterbild, und die Linke ruht an der Degenkoppel. Dieses
Gemälde ist bezweifelt und im Katalog von 1872 sogar unter
die Schulbilder gesetzt worden. Dürftigkeit der Erfindung in
den Sachen der Umgebung, magere skizzenhafte Impastirung,
Befangenheit in der Handschrift der Züge sollen Schülerhand
verrathen. Dennoch scheint es mit der Originalität nicht so
verzweifelt zu stehen. Die Malführung, den Ton hat keiner
der sonst bekannten Maler der Zeit, von Kopistenhand ist
keine Spur. Die dünne flache Modellirung findet sich ähnlich

1) Auf einer Tafel die Denkschrift, POSTERITATI SACRUM. SERENISSI-
MUS PRINCEPS BALTHASAR CAROLUS etc. 18 × 12.8, beschrieben von
Curtis, S. 59. Mató el Principe un dia un jabali á la puntería, con la escopeta,
en lo mas breñoso del monte, con tanto acierto que las balas le pasaron las en-
trañas. Memorial XIV, 21. Januar 1638 und S. 329.
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[134/0154] Fünftes Buch. schung mit französischem Blut hatte schon bei dem Grossvater bessere Resultate gegeben, als die mit dem naheverwandten. Dass die Jägerei diessmal kein blosser Maskenscherz war, dafür liefert die Hofchronik Beweise. In seinem neunten Jahr hat der Prinz Probestücke abgelegt auf die sich ein Erwachsener etwas hätte einbilden können. Im Januar 1638 erlegte er mit wohlge- zieltem Flintenschuss an der wildesten Stelle des Gebirgs eine Sau; die Kugel war durch und durch gegangen. In demselben Jahr traf er bei einer Corrida de novillos von seinem Balkon aus den Stier in die Stirn, auf der Schulter eines Jägers anlegend. Zum Gedächtniss dieser beiden Meisterschüsse ist 1642 ein Kupfer gestochen worden, von Cornelius Galle in Brüssel, wo er dem Alonso Martinez sein Feuerrohr reicht, und die erlegten Thiere vor ihm ausgestreckt zu sehen sind 1). Der Oheim Ferdinand schrieb darauf aus Brüssel (6. April 1638): „Es wundert mich nicht, dass E. M. ganz hin ist (caduco), wie Ihr mir zu sagen geruht, über die Schüsse des Prinzen; denn schon bei der blossen Erzählung habe ich geweint vor Freude, als ich von so viel Geistesgegenwart und Geschick (desembarazo y buen maña) las; auch Prinz Thomas (von Savoyen) war erstaunt, wie er in so zarter Jugend sich erdreisten konnte, auf einen Keiler zu feuern.“ Grade um diese Zeit muss das andere Bildniss in der Prado- galerie aufgenommen sein (Nr. 1118, 1,58 × 1,13). Der Prinz steht in einem Saal des Pardoschlosses neben einem grossen offenen Balkonfenster, er stützt zwar wieder die Rechte auf seine kleine Büchse, trägt aber einen schwarzen Hofanzug, ähnlich dem im Reiterbild, und die Linke ruht an der Degenkoppel. Dieses Gemälde ist bezweifelt und im Katalog von 1872 sogar unter die Schulbilder gesetzt worden. Dürftigkeit der Erfindung in den Sachen der Umgebung, magere skizzenhafte Impastirung, Befangenheit in der Handschrift der Züge sollen Schülerhand verrathen. Dennoch scheint es mit der Originalität nicht so verzweifelt zu stehen. Die Malführung, den Ton hat keiner der sonst bekannten Maler der Zeit, von Kopistenhand ist keine Spur. Die dünne flache Modellirung findet sich ähnlich 1) Auf einer Tafel die Denkschrift, POSTERITATI SACRUM. SERENISSI- MUS PRINCEPS BALTHASAR CAROLUS etc. 18 × 12.8, beschrieben von Curtis, S. 59. Mató el Principe un dia un jabali á la puntería, con la escopeta, en lo mas breñoso del monte, con tanto acierto que las balas le pasaron las en- trañas. Memorial XIV, 21. Januar 1638 und S. 329.

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/154>, abgerufen am 23.11.2024.