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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888.

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Drittes Buch.
er kein gutes Bildniss von ihr besass, und dass sie sich im Be-
reich seines Malers befand. Wir wissen nicht, wer das Bildniss
gemalt hat, das Olivares bereits im Jahre 1625 dem Erzherzog
Ferdinand gesandt hatte 1). Das Porträt des Rubens war nach
Brüssel gekommen. Im Jagdschloss Pardo befand sich eins unter
den elf Bildnissen der Familie Philipp III von Bartolome Gon-
zalez 2), und im Palast in der Südgalerie ein anderes unter sechs
derselbigen von einem gewissen Villandrando, aber beides waren
Bilder aus ihren Kinderjahren. Nach Velazquez' Tode fand sich
in der von ihm innegehabten Palastwohnung im cuarto bajo del
principe, vn Retrato de la Sra. Infanta Reyna de Vngria
3).

Zwei Gemälde können das in Neapel gemalte Bildniss sein;
ein Brustbild (keine Skizze!) in der Pradogallerie (Nr. 1072)
und das in ganzer Figur im Berliner Museum. Von dem ersten
war eine geringe Copie in der Sammlung Salamanca. Das Ber-
liner Bild soll auch aus dem königlichen Palast stammen, es hat
die Inventarnummer 471, durch Oberst von Schepeler kam es 1851
in die Suermondt'sche Sammlung und mit dieser 1872 nach Berlin;
bis dahin hiess es Isabella von Bourbon. Es ist kein so be-
deutendes Bild, wie es die Schriftsteller, welche für Suermondt
schrieben, darstellen. Das Madrider Brustbild hiess im ersten
Catalog (1828 Nr. 262) noch "Bildniss einer unbekannten Dame
in der ersten Manier des Velazquez", in der Folge (z. B. 1845)
(Nr. 135) Königin Isabella. Die spätere Umtaufe, der sich der
Berliner Catalog anschloss, gründet sich auf die Unvereinbarkeit
mit dem sichern Reiterbildniss der letztern (Nr. 1067), auf die
Familien-, ja Geschwisterähnlichkeit mit ihren Brüdern, und
die Uebereinstimmung der Zeit. Zur Vollständigkeit des Be-
weises gehörte nur noch die Vergleichung mit einem authent-
ischen Conterfey der Infantin selbst; ein solches schien neuerdings
zum Vorschein gekommen in einer Miniatur, angeblich des Bal-
thasar Gerbier, welche Buckingham aus Spanien mitbrachte 4).

1) Khevenhiller, Annales Ferdin. X, 712.
2) Inventar von 1617. Sie trug ein strohfarbenes (pajizo) Kleid mit weissen
Aermeln, die eine Hand ruhte auf dem grünen Tisch, die andere hielt ein Taschen-
tuch; Landschaft. In der zweiten Folge trug sie ein rothes (colorado) Kleid, und
hielt einen Fächer.
3) Documentos ineditos LV, 422.
4) Photographie in Lord R. Gower's Historical galleries of England. In der
Ecke oben steht: This is the picture of the Infanta of Spain that was brought over
by the Duke of Bucks. She was to have married King Charles I. Ein feiner Stich,

Drittes Buch.
er kein gutes Bildniss von ihr besass, und dass sie sich im Be-
reich seines Malers befand. Wir wissen nicht, wer das Bildniss
gemalt hat, das Olivares bereits im Jahre 1625 dem Erzherzog
Ferdinand gesandt hatte 1). Das Porträt des Rubens war nach
Brüssel gekommen. Im Jagdschloss Pardo befand sich eins unter
den elf Bildnissen der Familie Philipp III von Bartolomé Gon-
zalez 2), und im Palast in der Südgalerie ein anderes unter sechs
derselbigen von einem gewissen Villandrando, aber beides waren
Bilder aus ihren Kinderjahren. Nach Velazquez’ Tode fand sich
in der von ihm innegehabten Palastwohnung im cuarto bajo del
principe, vn Retrato de la Sra. Infanta Reyna de Vngria
3).

Zwei Gemälde können das in Neapel gemalte Bildniss sein;
ein Brustbild (keine Skizze!) in der Pradogallerie (Nr. 1072)
und das in ganzer Figur im Berliner Museum. Von dem ersten
war eine geringe Copie in der Sammlung Salamanca. Das Ber-
liner Bild soll auch aus dem königlichen Palast stammen, es hat
die Inventarnummer 471, durch Oberst von Schepeler kam es 1851
in die Suermondt’sche Sammlung und mit dieser 1872 nach Berlin;
bis dahin hiess es Isabella von Bourbon. Es ist kein so be-
deutendes Bild, wie es die Schriftsteller, welche für Suermondt
schrieben, darstellen. Das Madrider Brustbild hiess im ersten
Catalog (1828 Nr. 262) noch „Bildniss einer unbekannten Dame
in der ersten Manier des Velazquez“, in der Folge (z. B. 1845)
(Nr. 135) Königin Isabella. Die spätere Umtaufe, der sich der
Berliner Catalog anschloss, gründet sich auf die Unvereinbarkeit
mit dem sichern Reiterbildniss der letztern (Nr. 1067), auf die
Familien-, ja Geschwisterähnlichkeit mit ihren Brüdern, und
die Uebereinstimmung der Zeit. Zur Vollständigkeit des Be-
weises gehörte nur noch die Vergleichung mit einem authent-
ischen Conterfey der Infantin selbst; ein solches schien neuerdings
zum Vorschein gekommen in einer Miniatur, angeblich des Bal-
thasar Gerbier, welche Buckingham aus Spanien mitbrachte 4).

1) Khevenhiller, Annales Ferdin. X, 712.
2) Inventar von 1617. Sie trug ein strohfarbenes (pajizo) Kleid mit weissen
Aermeln, die eine Hand ruhte auf dem grünen Tisch, die andere hielt ein Taschen-
tuch; Landschaft. In der zweiten Folge trug sie ein rothes (colorado) Kleid, und
hielt einen Fächer.
3) Documentos inéditos LV, 422.
4) Photographie in Lord R. Gower’s Historical galleries of England. In der
Ecke oben steht: This is the picture of the Infanta of Spain that was brought over
by the Duke of Bucks. She was to have married Kìng Charles I. Ein feiner Stich,
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[314/0340] Drittes Buch. er kein gutes Bildniss von ihr besass, und dass sie sich im Be- reich seines Malers befand. Wir wissen nicht, wer das Bildniss gemalt hat, das Olivares bereits im Jahre 1625 dem Erzherzog Ferdinand gesandt hatte 1). Das Porträt des Rubens war nach Brüssel gekommen. Im Jagdschloss Pardo befand sich eins unter den elf Bildnissen der Familie Philipp III von Bartolomé Gon- zalez 2), und im Palast in der Südgalerie ein anderes unter sechs derselbigen von einem gewissen Villandrando, aber beides waren Bilder aus ihren Kinderjahren. Nach Velazquez’ Tode fand sich in der von ihm innegehabten Palastwohnung im cuarto bajo del principe, vn Retrato de la Sra. Infanta Reyna de Vngria 3). Zwei Gemälde können das in Neapel gemalte Bildniss sein; ein Brustbild (keine Skizze!) in der Pradogallerie (Nr. 1072) und das in ganzer Figur im Berliner Museum. Von dem ersten war eine geringe Copie in der Sammlung Salamanca. Das Ber- liner Bild soll auch aus dem königlichen Palast stammen, es hat die Inventarnummer 471, durch Oberst von Schepeler kam es 1851 in die Suermondt’sche Sammlung und mit dieser 1872 nach Berlin; bis dahin hiess es Isabella von Bourbon. Es ist kein so be- deutendes Bild, wie es die Schriftsteller, welche für Suermondt schrieben, darstellen. Das Madrider Brustbild hiess im ersten Catalog (1828 Nr. 262) noch „Bildniss einer unbekannten Dame in der ersten Manier des Velazquez“, in der Folge (z. B. 1845) (Nr. 135) Königin Isabella. Die spätere Umtaufe, der sich der Berliner Catalog anschloss, gründet sich auf die Unvereinbarkeit mit dem sichern Reiterbildniss der letztern (Nr. 1067), auf die Familien-, ja Geschwisterähnlichkeit mit ihren Brüdern, und die Uebereinstimmung der Zeit. Zur Vollständigkeit des Be- weises gehörte nur noch die Vergleichung mit einem authent- ischen Conterfey der Infantin selbst; ein solches schien neuerdings zum Vorschein gekommen in einer Miniatur, angeblich des Bal- thasar Gerbier, welche Buckingham aus Spanien mitbrachte 4). 1) Khevenhiller, Annales Ferdin. X, 712. 2) Inventar von 1617. Sie trug ein strohfarbenes (pajizo) Kleid mit weissen Aermeln, die eine Hand ruhte auf dem grünen Tisch, die andere hielt ein Taschen- tuch; Landschaft. In der zweiten Folge trug sie ein rothes (colorado) Kleid, und hielt einen Fächer. 3) Documentos inéditos LV, 422. 4) Photographie in Lord R. Gower’s Historical galleries of England. In der Ecke oben steht: This is the picture of the Infanta of Spain that was brought over by the Duke of Bucks. She was to have married Kìng Charles I. Ein feiner Stich,

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez01_1888/340>, abgerufen am 24.11.2024.