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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888.

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Die Stadt Madrid.
an Philipp II und seine Umgebung (ich nenne nur Granvella)
zurückdenkt, so fühlt man sich jetzt schon in einer Zeit der Epi-
gonen. Die Kabinette und Ateliers der Italiener Pompeo Leoni
und Jacomo Trezzi aus Mailand, mit ihren Münzen, Anticaglien,
Gemälden und Handschriften gehörten einst zu den Sehenswür-
digkeiten des Hofes, an denen kein Fremder von Stand vorbei-
ging. Jedoch nach der Pause der zwei Jahrzehnte Philipp III,
dessen geistige Nullheit auch hier einschläfernd gewirkt hatte,
kam unter seinem jungen Nachfolger alsbald wieder etwas Be-
wegung in diesen Verkehr.

Vincenz Carducho hat in seinen Dialogen einige werthvolle
Andeutungen über die damalige Liebhaberwelt Madrids aufbe-
wahrt (S. 333 ff.). Sein Buch erschien 1633, jene Schilderung
aber muss früher aufgesetzt worden sein, da Monterey noch
dort ist, der im Jahre 1628 nach Italien ging. Er hätte seinem
Bericht noch mehr als bloss allgemeines Interesse geben können,
wenn er sich nicht aus Uebermass von Rücksichtnahme enthalten
hätte, die einzelnen Gemälde namhaft zu machen; aber er fürch-
tete Eifersucht zu erregen (por excusar ocasiones y celos S. 341).

Auch hier ist der italienische Einfluss unverkennbar. Mehrere
unter den kunstsinnigen Grossen waren in Italien gewesen: der
ehemalige Vicekönig von Neapel, Juan Alfonso Pimentel, Graf
von Benavente; Juan de Tassis, Graf von Villamediana, der Ober-
postmeister; zwei Italiener gehören zum Hofgesinde Philipp IV,
der florentinische Bildhauer (besonders in Pferden) und Edle Ru-
tilio Gaxi (er hatte den burgundischen Posten eines Acroy), von
dem die Modelle zu mehreren Madrider Brunnen herrührten, und
der schon genannte Römer Crescenzi.

Auf grösstem Fuss und mit fürstlichem Luxus hatten ihre
Paläste eingerichtet zwei Verwandte des Ministers, Monterey und
Leganes. Das sind die, welche (wie Novoa sagt) "Alcazare
bauten für reiche Tapisserien und kostbare Kupferstiche der
Ersten, die Brüssel und Rom besassen". Von Diego Mexia de
Guzman, später Marques de Leganes, dem Schwiegersohn Spi-
nola's, wusste man, dass er mit Widerstreben nach den hohen
auswärtigen Posten ging, die ihm ohne Verdienst und trotz Miss-
erfolgen zufielen, denn sein Herz hing an den Schätzen seines
Hauses zu Madrid, mit den seltenen Uhren und Spiegeln, den
Sekretären von ausgesuchter Marketeriearbeit und dem Artillerie-
museum, den Gemälden und den Lustgärten 1). D. Emanuel de

1) Novoa in den Documentos ineditos 77, 97 und 390 ff. Er ging als Gouver-

Die Stadt Madrid.
an Philipp II und seine Umgebung (ich nenne nur Granvella)
zurückdenkt, so fühlt man sich jetzt schon in einer Zeit der Epi-
gonen. Die Kabinette und Ateliers der Italiener Pompeo Leoni
und Jacomo Trezzi aus Mailand, mit ihren Münzen, Anticaglien,
Gemälden und Handschriften gehörten einst zu den Sehenswür-
digkeiten des Hofes, an denen kein Fremder von Stand vorbei-
ging. Jedoch nach der Pause der zwei Jahrzehnte Philipp III,
dessen geistige Nullheit auch hier einschläfernd gewirkt hatte,
kam unter seinem jungen Nachfolger alsbald wieder etwas Be-
wegung in diesen Verkehr.

Vincenz Carducho hat in seinen Dialogen einige werthvolle
Andeutungen über die damalige Liebhaberwelt Madrids aufbe-
wahrt (S. 333 ff.). Sein Buch erschien 1633, jene Schilderung
aber muss früher aufgesetzt worden sein, da Monterey noch
dort ist, der im Jahre 1628 nach Italien ging. Er hätte seinem
Bericht noch mehr als bloss allgemeines Interesse geben können,
wenn er sich nicht aus Uebermass von Rücksichtnahme enthalten
hätte, die einzelnen Gemälde namhaft zu machen; aber er fürch-
tete Eifersucht zu erregen (por excusar ocasiones y celos S. 341).

Auch hier ist der italienische Einfluss unverkennbar. Mehrere
unter den kunstsinnigen Grossen waren in Italien gewesen: der
ehemalige Vicekönig von Neapel, Juan Alfonso Pimentel, Graf
von Benavente; Juan de Tassis, Graf von Villamediana, der Ober-
postmeister; zwei Italiener gehören zum Hofgesinde Philipp IV,
der florentinische Bildhauer (besonders in Pferden) und Edle Ru-
tilio Gaxi (er hatte den burgundischen Posten eines Acroy), von
dem die Modelle zu mehreren Madrider Brunnen herrührten, und
der schon genannte Römer Crescenzi.

Auf grösstem Fuss und mit fürstlichem Luxus hatten ihre
Paläste eingerichtet zwei Verwandte des Ministers, Monterey und
Leganés. Das sind die, welche (wie Novoa sagt) „Alcazare
bauten für reiche Tapisserien und kostbare Kupferstiche der
Ersten, die Brüssel und Rom besassen“. Von Diego Mexía de
Guzman, später Marques de Leganés, dem Schwiegersohn Spi-
nola’s, wusste man, dass er mit Widerstreben nach den hohen
auswärtigen Posten ging, die ihm ohne Verdienst und trotz Miss-
erfolgen zufielen, denn sein Herz hing an den Schätzen seines
Hauses zu Madrid, mit den seltenen Uhren und Spiegeln, den
Sekretären von ausgesuchter Marketeriearbeit und dem Artillerie-
museum, den Gemälden und den Lustgärten 1). D. Emanuel de

1) Novoa in den Documentos inéditos 77, 97 und 390 ff. Er ging als Gouver-
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[173/0193] Die Stadt Madrid. an Philipp II und seine Umgebung (ich nenne nur Granvella) zurückdenkt, so fühlt man sich jetzt schon in einer Zeit der Epi- gonen. Die Kabinette und Ateliers der Italiener Pompeo Leoni und Jacomo Trezzi aus Mailand, mit ihren Münzen, Anticaglien, Gemälden und Handschriften gehörten einst zu den Sehenswür- digkeiten des Hofes, an denen kein Fremder von Stand vorbei- ging. Jedoch nach der Pause der zwei Jahrzehnte Philipp III, dessen geistige Nullheit auch hier einschläfernd gewirkt hatte, kam unter seinem jungen Nachfolger alsbald wieder etwas Be- wegung in diesen Verkehr. Vincenz Carducho hat in seinen Dialogen einige werthvolle Andeutungen über die damalige Liebhaberwelt Madrids aufbe- wahrt (S. 333 ff.). Sein Buch erschien 1633, jene Schilderung aber muss früher aufgesetzt worden sein, da Monterey noch dort ist, der im Jahre 1628 nach Italien ging. Er hätte seinem Bericht noch mehr als bloss allgemeines Interesse geben können, wenn er sich nicht aus Uebermass von Rücksichtnahme enthalten hätte, die einzelnen Gemälde namhaft zu machen; aber er fürch- tete Eifersucht zu erregen (por excusar ocasiones y celos S. 341). Auch hier ist der italienische Einfluss unverkennbar. Mehrere unter den kunstsinnigen Grossen waren in Italien gewesen: der ehemalige Vicekönig von Neapel, Juan Alfonso Pimentel, Graf von Benavente; Juan de Tassis, Graf von Villamediana, der Ober- postmeister; zwei Italiener gehören zum Hofgesinde Philipp IV, der florentinische Bildhauer (besonders in Pferden) und Edle Ru- tilio Gaxi (er hatte den burgundischen Posten eines Acroy), von dem die Modelle zu mehreren Madrider Brunnen herrührten, und der schon genannte Römer Crescenzi. Auf grösstem Fuss und mit fürstlichem Luxus hatten ihre Paläste eingerichtet zwei Verwandte des Ministers, Monterey und Leganés. Das sind die, welche (wie Novoa sagt) „Alcazare bauten für reiche Tapisserien und kostbare Kupferstiche der Ersten, die Brüssel und Rom besassen“. Von Diego Mexía de Guzman, später Marques de Leganés, dem Schwiegersohn Spi- nola’s, wusste man, dass er mit Widerstreben nach den hohen auswärtigen Posten ging, die ihm ohne Verdienst und trotz Miss- erfolgen zufielen, denn sein Herz hing an den Schätzen seines Hauses zu Madrid, mit den seltenen Uhren und Spiegeln, den Sekretären von ausgesuchter Marketeriearbeit und dem Artillerie- museum, den Gemälden und den Lustgärten 1). D. Emanuel de 1) Novoa in den Documentos inéditos 77, 97 und 390 ff. Er ging als Gouver-

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez01_1888/193>, abgerufen am 25.11.2024.