etwas gutes gewesen sein, denn es war bezeichnet, aber damals schon sehr mitgenommen.
Im dritten sah man einen bedeckten siedenden Topf über dem Kohlenbecken, nebst viel Küchengeräth, dabei stand der Küchenjunge mit einem Krug in der Hand und einer Weiber- haube (escofieta) auf dem Kopf, "eine sehr lächerliche Figur".
In der Sammlung des Violinisten Mauro Dalay, den Elisabeth Farnese nach Spanien mitgebracht hatte, von wo er 1731 nach Parma zurückkehrte, war ein Stück mit zwei Facchinen an einem Tisch, es kostete damals 30 Dublonen 1). Marie Louise schenkte Goya den "Jungen Suppe essend"; dies Bild wurde mit der Samm- lung des Stechers V. Pelequer 1867 im Hotel Drouot für 2930 Francs verkauft.
Die Alte mit dem Eierkuchen.
(39" x 46")
Ein dem Aguador ebenbürtiges, eigentliches Küchenstück ist neuerdings zum Vorschein gekommen, und aus der Sammlung J. C. Robinson's in die von Mr. Francis Cook zu Richmond über- gegangen: die alte Frau bei der Bereitung des Eierkuchens (tortilla). Vielleicht ist diess das dritte von Palomino erwähnte Bild, wenn man ihm eine Ungenauigkeit in der Beschreibung nachsehen will. Die Hand des Meisters ist nach der völligen Uebereinstimmung mit dem "Wassermann" unzweifelhaft.
Das Gemälde giebt uns einen deutlichen Einblick in des jungen Mannes Gesinnung, Verfahren und Können. Wol noch nie bis dahin hatte ein Spanier sich zu einem so anspruchlosen Gegenstand herabgelassen. Die enge, rauchgeschwärzte Küche, das bescheidenste Geräth einer andalusischen Bauernwirthschaft, die wenigen Gaben der Natur, deren der mässige Südländer be- darf, eine steinalte Bäuerin und ein hässlicher Küchenjunge. Diese bodega sieht mehr der magern als der fetten Küche des alten Peter Brueghel ähnlich.
Die Hauptfigur, die Frau, steht, im Profil, vor dem rothen Topf über dem Feuer, in dem zwei Eier brozeln, ein drittes hält sie in der Linken, und in der Rechten den Rührlöffel. Sie blickt horchend, mit offenem Mund, auf den Knaben, der wahrscheinlich über seinen Einkauf berichtet. Diese Gestalt wird dem Gast spani- scher Posaden nicht fremd sein. Es ist eine jener in der Arbeit
1) Campori, Cataloghi 623.
Volksfiguren.
etwas gutes gewesen sein, denn es war bezeichnet, aber damals schon sehr mitgenommen.
Im dritten sah man einen bedeckten siedenden Topf über dem Kohlenbecken, nebst viel Küchengeräth, dabei stand der Küchenjunge mit einem Krug in der Hand und einer Weiber- haube (escofieta) auf dem Kopf, „eine sehr lächerliche Figur“.
In der Sammlung des Violinisten Mauro Dalay, den Elisabeth Farnese nach Spanien mitgebracht hatte, von wo er 1731 nach Parma zurückkehrte, war ein Stück mit zwei Facchinen an einem Tisch, es kostete damals 30 Dublonen 1). Marie Louise schenkte Goya den „Jungen Suppe essend“; dies Bild wurde mit der Samm- lung des Stechers V. Pelequer 1867 im Hôtel Drouot für 2930 Francs verkauft.
Die Alte mit dem Eierkuchen.
(39″ × 46″)
Ein dem Aguador ebenbürtiges, eigentliches Küchenstück ist neuerdings zum Vorschein gekommen, und aus der Sammlung J. C. Robinson’s in die von Mr. Francis Cook zu Richmond über- gegangen: die alte Frau bei der Bereitung des Eierkuchens (tortilla). Vielleicht ist diess das dritte von Palomino erwähnte Bild, wenn man ihm eine Ungenauigkeit in der Beschreibung nachsehen will. Die Hand des Meisters ist nach der völligen Uebereinstimmung mit dem „Wassermann“ unzweifelhaft.
Das Gemälde giebt uns einen deutlichen Einblick in des jungen Mannes Gesinnung, Verfahren und Können. Wol noch nie bis dahin hatte ein Spanier sich zu einem so anspruchlosen Gegenstand herabgelassen. Die enge, rauchgeschwärzte Küche, das bescheidenste Geräth einer andalusischen Bauernwirthschaft, die wenigen Gaben der Natur, deren der mässige Südländer be- darf, eine steinalte Bäuerin und ein hässlicher Küchenjunge. Diese bodega sieht mehr der magern als der fetten Küche des alten Peter Brueghel ähnlich.
Die Hauptfigur, die Frau, steht, im Profil, vor dem rothen Topf über dem Feuer, in dem zwei Eier brozeln, ein drittes hält sie in der Linken, und in der Rechten den Rührlöffel. Sie blickt horchend, mit offenem Mund, auf den Knaben, der wahrscheinlich über seinen Einkauf berichtet. Diese Gestalt wird dem Gast spani- scher Posaden nicht fremd sein. Es ist eine jener in der Arbeit
1) Campori, Cataloghi 623.
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Volksfiguren.
etwas gutes gewesen sein, denn es war bezeichnet, aber damals
schon sehr mitgenommen.
Im dritten sah man einen bedeckten siedenden Topf über
dem Kohlenbecken, nebst viel Küchengeräth, dabei stand der
Küchenjunge mit einem Krug in der Hand und einer Weiber-
haube (escofieta) auf dem Kopf, „eine sehr lächerliche Figur“.
In der Sammlung des Violinisten Mauro Dalay, den Elisabeth
Farnese nach Spanien mitgebracht hatte, von wo er 1731 nach
Parma zurückkehrte, war ein Stück mit zwei Facchinen an einem
Tisch, es kostete damals 30 Dublonen 1). Marie Louise schenkte
Goya den „Jungen Suppe essend“; dies Bild wurde mit der Samm-
lung des Stechers V. Pelequer 1867 im Hôtel Drouot für 2930 Francs
verkauft.
Die Alte mit dem Eierkuchen.
(39″ × 46″)
Ein dem Aguador ebenbürtiges, eigentliches Küchenstück ist
neuerdings zum Vorschein gekommen, und aus der Sammlung
J. C. Robinson’s in die von Mr. Francis Cook zu Richmond über-
gegangen: die alte Frau bei der Bereitung des Eierkuchens
(tortilla). Vielleicht ist diess das dritte von Palomino erwähnte
Bild, wenn man ihm eine Ungenauigkeit in der Beschreibung
nachsehen will. Die Hand des Meisters ist nach der völligen
Uebereinstimmung mit dem „Wassermann“ unzweifelhaft.
Das Gemälde giebt uns einen deutlichen Einblick in des
jungen Mannes Gesinnung, Verfahren und Können. Wol noch
nie bis dahin hatte ein Spanier sich zu einem so anspruchlosen
Gegenstand herabgelassen. Die enge, rauchgeschwärzte Küche,
das bescheidenste Geräth einer andalusischen Bauernwirthschaft,
die wenigen Gaben der Natur, deren der mässige Südländer be-
darf, eine steinalte Bäuerin und ein hässlicher Küchenjunge. Diese
bodega sieht mehr der magern als der fetten Küche des alten
Peter Brueghel ähnlich.
Die Hauptfigur, die Frau, steht, im Profil, vor dem rothen
Topf über dem Feuer, in dem zwei Eier brozeln, ein drittes hält
sie in der Linken, und in der Rechten den Rührlöffel. Sie blickt
horchend, mit offenem Mund, auf den Knaben, der wahrscheinlich
über seinen Einkauf berichtet. Diese Gestalt wird dem Gast spani-
scher Posaden nicht fremd sein. Es ist eine jener in der Arbeit
1) Campori, Cataloghi 623.
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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez01_1888/153>, abgerufen am 24.11.2024.
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