Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888.Anhang. weinen, dass man die Tempera aufgebe [a. a, O. II, 20]; mit der Ma-lerei sei es am Ende, sagte er. Auch Pablo meinte, ohne die Oelma- lerei würden uns manche Pfuscher erspart geblieben sein. Tr. Ich sollte meinen, gerade weil das Colorit nicht nach Re- E. Es war ein Paradoxon des Greco, und nicht sein ärgstes. Tr. Ueberlassen wir indess die substantiellen Formen und Acci- E. Doch wol Schönheit oder Harmonie derselben, zarte Ueber- Tr. Diese Erklärung passt mir vollkommen. Dann aber müsst F. In Osuna sah ich kürzlich in der Colegiata eine Kreuzigung, E. Ich läugne nicht, dass dieser Ribera heute in der Praxis der 1) Don Pedro Giron, Herzog von Osuna, 1616--20 Vicekönig von Neapel, + 1624.
Anhang. weinen, dass man die Tempera aufgebe [a. a, O. II, 20]; mit der Ma-lerei sei es am Ende, sagte er. Auch Pablo meinte, ohne die Oelma- lerei würden uns manche Pfuscher erspart geblieben sein. Tr. Ich sollte meinen, gerade weil das Colorit nicht nach Re- E. Es war ein Paradoxon des Greco, und nicht sein ärgstes. Tr. Ueberlassen wir indess die substantiellen Formen und Acci- E. Doch wol Schönheit oder Harmonie derselben, zarte Ueber- Tr. Diese Erklärung passt mir vollkommen. Dann aber müsst F. In Osuna sah ich kürzlich in der Colegiata eine Kreuzigung, E. Ich läugne nicht, dass dieser Ribera heute in der Praxis der 1) Don Pedro Giron, Herzog von Osuna, 1616—20 Vicekönig von Neapel, † 1624.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0120" n="100"/><fw place="top" type="header">Anhang.</fw><lb/> weinen, dass man die Tempera aufgebe [a. a, O. II, 20]; mit der Ma-<lb/> lerei sei es am Ende, sagte er. Auch Pablo meinte, ohne die Oelma-<lb/> lerei würden uns manche Pfuscher erspart geblieben sein.</p><lb/> <p><hi rendition="#i">Tr</hi>. Ich sollte meinen, gerade weil das Colorit nicht nach Re-<lb/> geln zu lernen ist, müsste es schwerer und folglich edler sein. <hi rendition="#i">Mein</hi><lb/> hochverehrtes Vorbild, Domingo Theotocópuli, ein Sohn der Insel Creta,<lb/> gross geworden zu Venedig, als die Sonne der Kunst im Zenith strahlte,<lb/> dann Herrscher der Malerei im kaiserlichen Toledo, hielt das Colorit in<lb/> der That für schwerer als die Zeichnung. Und der verstand zu zeichnen!</p><lb/> <p><hi rendition="#i">E</hi>. Es war ein Paradoxon des Greco, und nicht sein ärgstes.<lb/> Er sagte mir einmal, als ich ihn im Jahre 1611 in Toledo besuchte,<lb/> „Michelangelo, der war ein guter Mann, aber malen hat er nicht ge-<lb/> konnt“. … Er entfernte sich von der landläufigen Ansicht der Künstler,<lb/> weil er in allem ebenso absonderlich war, wie in seinem Malen [a. a. O.<lb/> I, 318].</p><lb/> <p><hi rendition="#i">Tr</hi>. Ueberlassen wir indess die substantiellen Formen und Acci-<lb/> denzien den Baccalaureis von Salamanca! Wir Maler können uns unter<lb/> diesen tiefsinnigen Worten nun einmal nichts denken. Mir genügt, dass<lb/> auch Ihr doch die Vollkommenheit unserer Kunst nicht ohne Farben<lb/> denken mögt. Und was gehört nach Eurem System zur Vollkommen-<lb/> heit der Farbe?</p><lb/> <p><hi rendition="#i">E</hi>. Doch wol Schönheit oder Harmonie derselben, zarte Ueber-<lb/> gänge (<hi rendition="#i">dulzura</hi>), Hervorragung und Rundung. Aber die Rundung (<hi rendition="#i">relievo</hi>)<lb/> ist das wichtigste, wie schon Leon Battista Alberti gelehrt und nach ihm<lb/> Leonardo; sie entschädigt sogar, wie die Erfahrung zeigt, für das Fehlen<lb/> der ersten zwei.</p><lb/> <p><hi rendition="#i">Tr</hi>. Diese Erklärung passt mir vollkommen. Dann aber müsst<lb/> Ihr auch zugeben, dass die Borronesmaler und Naturalisten in dem<lb/> wesentlichsten Stücke die ersten sind. Nehmt jenen heil. Hieronymus<lb/> des Jusepe Ribera, oder jenen Kopf des heil. Andreas dort: erscheinen<lb/> nicht alle andern neben ihnen gemalt, und sie allein Leben?</p><lb/> <p><hi rendition="#i">F</hi>. In Osuna sah ich kürzlich in der Colegiata eine Kreuzigung,<lb/> die der ebenso grosse wie unglückliche Don Pedro Giron <note place="foot" n="1)">Don Pedro Giron, Herzog von Osuna, 1616—20 Vicekönig von Neapel, † 1624.</note> dorthin ge-<lb/> schickt hatte, der mit seinem königlichen Auge diesen Mann entdeckt<lb/> und aus seinem Dunkel hervorgezogen hat; und alles was sonst noch<lb/> da war von Italienern, Fabrizio Santa Fede, dem Cavalier d’Arpino,<lb/> habe ich ganz vergessen anzusehn.</p><lb/> <p><hi rendition="#i">E</hi>. Ich läugne nicht, dass dieser Ribera heute in der Praxis der<lb/> Farben den Primat behauptet und in Neapel mit seinen herrlichen Wer-<lb/> ken unserer Nation Ehre macht. Deshalb hat auch unser Herzog von<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [100/0120]
Anhang.
weinen, dass man die Tempera aufgebe [a. a, O. II, 20]; mit der Ma-
lerei sei es am Ende, sagte er. Auch Pablo meinte, ohne die Oelma-
lerei würden uns manche Pfuscher erspart geblieben sein.
Tr. Ich sollte meinen, gerade weil das Colorit nicht nach Re-
geln zu lernen ist, müsste es schwerer und folglich edler sein. Mein
hochverehrtes Vorbild, Domingo Theotocópuli, ein Sohn der Insel Creta,
gross geworden zu Venedig, als die Sonne der Kunst im Zenith strahlte,
dann Herrscher der Malerei im kaiserlichen Toledo, hielt das Colorit in
der That für schwerer als die Zeichnung. Und der verstand zu zeichnen!
E. Es war ein Paradoxon des Greco, und nicht sein ärgstes.
Er sagte mir einmal, als ich ihn im Jahre 1611 in Toledo besuchte,
„Michelangelo, der war ein guter Mann, aber malen hat er nicht ge-
konnt“. … Er entfernte sich von der landläufigen Ansicht der Künstler,
weil er in allem ebenso absonderlich war, wie in seinem Malen [a. a. O.
I, 318].
Tr. Ueberlassen wir indess die substantiellen Formen und Acci-
denzien den Baccalaureis von Salamanca! Wir Maler können uns unter
diesen tiefsinnigen Worten nun einmal nichts denken. Mir genügt, dass
auch Ihr doch die Vollkommenheit unserer Kunst nicht ohne Farben
denken mögt. Und was gehört nach Eurem System zur Vollkommen-
heit der Farbe?
E. Doch wol Schönheit oder Harmonie derselben, zarte Ueber-
gänge (dulzura), Hervorragung und Rundung. Aber die Rundung (relievo)
ist das wichtigste, wie schon Leon Battista Alberti gelehrt und nach ihm
Leonardo; sie entschädigt sogar, wie die Erfahrung zeigt, für das Fehlen
der ersten zwei.
Tr. Diese Erklärung passt mir vollkommen. Dann aber müsst
Ihr auch zugeben, dass die Borronesmaler und Naturalisten in dem
wesentlichsten Stücke die ersten sind. Nehmt jenen heil. Hieronymus
des Jusepe Ribera, oder jenen Kopf des heil. Andreas dort: erscheinen
nicht alle andern neben ihnen gemalt, und sie allein Leben?
F. In Osuna sah ich kürzlich in der Colegiata eine Kreuzigung,
die der ebenso grosse wie unglückliche Don Pedro Giron 1) dorthin ge-
schickt hatte, der mit seinem königlichen Auge diesen Mann entdeckt
und aus seinem Dunkel hervorgezogen hat; und alles was sonst noch
da war von Italienern, Fabrizio Santa Fede, dem Cavalier d’Arpino,
habe ich ganz vergessen anzusehn.
E. Ich läugne nicht, dass dieser Ribera heute in der Praxis der
Farben den Primat behauptet und in Neapel mit seinen herrlichen Wer-
ken unserer Nation Ehre macht. Deshalb hat auch unser Herzog von
1) Don Pedro Giron, Herzog von Osuna, 1616—20 Vicekönig von Neapel, † 1624.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |