Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

der Gebirge auf dem Erdcörper.
ihren Studierstuben Lehrgebäude machen, so sehr ver-
achtet, den Schluß machen soll; so wird sie vielleicht
mit einem sehr verjüngten Maaßstabe auszumessen
seyn.

Wie unrichtig und ungegründet aber das ganze
Lehrgebäude des Verfassers ist, das veroffenbahret sich
auch daraus, daß seiner Meynung nach durch die Flu-
then gar keine Gebirge entstehen können, wenn nicht
bereits hohe Felsengebirge von der Schöpfung her vor-
handen sind, an welche sich die Fluthen stoßen können.
Denn sonst, saget er g), würden die Fluthen sanft
fortrollen, da sie keine Hinterniß fänden, und den
mit sich führenden Schlamm und Gestein allenthalben
gleich absetzen, so, daß keine Gebirge entstehen könn-
ten. Daß der Verfasser alle seine gerühmte Kennt-
nisse und sein ganzes kleines Lehrgebäude bloß aus ei-
nem sehr unbeträchtlichen Bezirk in Vergleichung des
ganzen Erdbodens geschöpfet habe, und dennoch alle
Gebirge auf dem ganzen großen Erdcörper darnach
beurtheilen und gleichsam umformen will, das le-
get sich auch hier klar zu Tage. Jn der ganzen
Mark Brandenburg, die Neumark mit einbegriffen,
in dem größten Theile von Groß-Pohlen, in ganz
Pommern, in dem Herzogthum Mecklenburg, in Holl-
stein, Schleßwig und Jütland, wie auch auf der gan-
zen Dänischen Jnsul Seeland, folglich in einem Strich
Landes, der mehr als hundert Meilen in der Län-
ge, und fast eben so viel in die Breite hat, wenn man

den
g) Angeführte Abhandlung Iste Abtheil. S. 27.
D 5

der Gebirge auf dem Erdcoͤrper.
ihren Studierſtuben Lehrgebaͤude machen, ſo ſehr ver-
achtet, den Schluß machen ſoll; ſo wird ſie vielleicht
mit einem ſehr verjuͤngten Maaßſtabe auszumeſſen
ſeyn.

Wie unrichtig und ungegruͤndet aber das ganze
Lehrgebaͤude des Verfaſſers iſt, das veroffenbahret ſich
auch daraus, daß ſeiner Meynung nach durch die Flu-
then gar keine Gebirge entſtehen koͤnnen, wenn nicht
bereits hohe Felſengebirge von der Schoͤpfung her vor-
handen ſind, an welche ſich die Fluthen ſtoßen koͤnnen.
Denn ſonſt, ſaget er g), wuͤrden die Fluthen ſanft
fortrollen, da ſie keine Hinterniß faͤnden, und den
mit ſich fuͤhrenden Schlamm und Geſtein allenthalben
gleich abſetzen, ſo, daß keine Gebirge entſtehen koͤnn-
ten. Daß der Verfaſſer alle ſeine geruͤhmte Kennt-
niſſe und ſein ganzes kleines Lehrgebaͤude bloß aus ei-
nem ſehr unbetraͤchtlichen Bezirk in Vergleichung des
ganzen Erdbodens geſchoͤpfet habe, und dennoch alle
Gebirge auf dem ganzen großen Erdcoͤrper darnach
beurtheilen und gleichſam umformen will, das le-
get ſich auch hier klar zu Tage. Jn der ganzen
Mark Brandenburg, die Neumark mit einbegriffen,
in dem groͤßten Theile von Groß-Pohlen, in ganz
Pommern, in dem Herzogthum Mecklenburg, in Holl-
ſtein, Schleßwig und Juͤtland, wie auch auf der gan-
zen Daͤniſchen Jnſul Seeland, folglich in einem Strich
Landes, der mehr als hundert Meilen in der Laͤn-
ge, und faſt eben ſo viel in die Breite hat, wenn man

den
g) Angefuͤhrte Abhandlung Iſte Abtheil. S. 27.
D 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0085" n="57"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">der Gebirge auf dem Erdco&#x0364;rper.</hi></fw><lb/>
ihren Studier&#x017F;tuben Lehrgeba&#x0364;ude machen, &#x017F;o &#x017F;ehr ver-<lb/>
achtet, den Schluß machen &#x017F;oll; &#x017F;o wird &#x017F;ie vielleicht<lb/>
mit einem &#x017F;ehr verju&#x0364;ngten Maaß&#x017F;tabe auszume&#x017F;&#x017F;en<lb/>
&#x017F;eyn.</p><lb/>
          <p>Wie unrichtig und ungegru&#x0364;ndet aber das ganze<lb/>
Lehrgeba&#x0364;ude des Verfa&#x017F;&#x017F;ers i&#x017F;t, das veroffenbahret &#x017F;ich<lb/>
auch daraus, daß &#x017F;einer Meynung nach durch die Flu-<lb/>
then gar keine Gebirge ent&#x017F;tehen ko&#x0364;nnen, wenn nicht<lb/>
bereits hohe Fel&#x017F;engebirge von der Scho&#x0364;pfung her vor-<lb/>
handen &#x017F;ind, an welche &#x017F;ich die Fluthen &#x017F;toßen ko&#x0364;nnen.<lb/>
Denn &#x017F;on&#x017F;t, &#x017F;aget er <note place="foot" n="g)">Angefu&#x0364;hrte Abhandlung <hi rendition="#aq">I</hi>&#x017F;te Abtheil. S. 27.</note>, wu&#x0364;rden die Fluthen &#x017F;anft<lb/>
fortrollen, da &#x017F;ie keine Hinterniß fa&#x0364;nden, und den<lb/>
mit &#x017F;ich fu&#x0364;hrenden Schlamm und Ge&#x017F;tein allenthalben<lb/>
gleich ab&#x017F;etzen, &#x017F;o, daß keine Gebirge ent&#x017F;tehen ko&#x0364;nn-<lb/>
ten. Daß der Verfa&#x017F;&#x017F;er alle &#x017F;eine geru&#x0364;hmte Kennt-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;e und &#x017F;ein ganzes kleines Lehrgeba&#x0364;ude bloß aus ei-<lb/>
nem &#x017F;ehr unbetra&#x0364;chtlichen Bezirk in Vergleichung des<lb/>
ganzen Erdbodens ge&#x017F;cho&#x0364;pfet habe, und dennoch alle<lb/>
Gebirge auf dem ganzen großen Erdco&#x0364;rper darnach<lb/>
beurtheilen und gleich&#x017F;am umformen will, das le-<lb/>
get &#x017F;ich auch hier klar zu Tage. Jn der ganzen<lb/>
Mark Brandenburg, die Neumark mit einbegriffen,<lb/>
in dem gro&#x0364;ßten Theile von Groß-Pohlen, in ganz<lb/>
Pommern, in dem Herzogthum Mecklenburg, in Holl-<lb/>
&#x017F;tein, Schleßwig und Ju&#x0364;tland, wie auch auf der gan-<lb/>
zen Da&#x0364;ni&#x017F;chen Jn&#x017F;ul Seeland, folglich in einem Strich<lb/>
Landes, der mehr als hundert Meilen in der La&#x0364;n-<lb/>
ge, und fa&#x017F;t eben &#x017F;o viel in die Breite hat, wenn man<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D 5</fw><fw place="bottom" type="catch">den</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[57/0085] der Gebirge auf dem Erdcoͤrper. ihren Studierſtuben Lehrgebaͤude machen, ſo ſehr ver- achtet, den Schluß machen ſoll; ſo wird ſie vielleicht mit einem ſehr verjuͤngten Maaßſtabe auszumeſſen ſeyn. Wie unrichtig und ungegruͤndet aber das ganze Lehrgebaͤude des Verfaſſers iſt, das veroffenbahret ſich auch daraus, daß ſeiner Meynung nach durch die Flu- then gar keine Gebirge entſtehen koͤnnen, wenn nicht bereits hohe Felſengebirge von der Schoͤpfung her vor- handen ſind, an welche ſich die Fluthen ſtoßen koͤnnen. Denn ſonſt, ſaget er g), wuͤrden die Fluthen ſanft fortrollen, da ſie keine Hinterniß faͤnden, und den mit ſich fuͤhrenden Schlamm und Geſtein allenthalben gleich abſetzen, ſo, daß keine Gebirge entſtehen koͤnn- ten. Daß der Verfaſſer alle ſeine geruͤhmte Kennt- niſſe und ſein ganzes kleines Lehrgebaͤude bloß aus ei- nem ſehr unbetraͤchtlichen Bezirk in Vergleichung des ganzen Erdbodens geſchoͤpfet habe, und dennoch alle Gebirge auf dem ganzen großen Erdcoͤrper darnach beurtheilen und gleichſam umformen will, das le- get ſich auch hier klar zu Tage. Jn der ganzen Mark Brandenburg, die Neumark mit einbegriffen, in dem groͤßten Theile von Groß-Pohlen, in ganz Pommern, in dem Herzogthum Mecklenburg, in Holl- ſtein, Schleßwig und Juͤtland, wie auch auf der gan- zen Daͤniſchen Jnſul Seeland, folglich in einem Strich Landes, der mehr als hundert Meilen in der Laͤn- ge, und faſt eben ſo viel in die Breite hat, wenn man den g) Angefuͤhrte Abhandlung Iſte Abtheil. S. 27. D 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/85
Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/85>, abgerufen am 07.05.2024.