Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771.XI. Abschn. II. Hauptst. Absicht Gottes was darinnen vorgeht. Die Reihen und Folgen vonBegebenheiten sowohl, als die Handlungen der ver- nünftigen und denkenden Wesen, müssen demnach in dem Plane der besten Welt, den Gott vorher überdacht und zur Wirklichkeit zu bringen beschlossen hat, gleich- falls vorhanden gewesen seyn. Gott kann also in die- sem zur Wirklichkeit gebrachten Plane keine Geschöpfe zugelassen haben, die so sehr sein Mißvergnügen er- regen könnten, daß er deshalb zu dem Entschluß der Vernichtung des Weltgebäudes bewogen würde. Die Unvollkommenheiten an denen Geschöpfen, die er in seinem Plane der besten Welt zugelassen hat, können nichts anders gewesen seyn, als unvermeidliche Folgen aus der Einschränkung ihres Wesens; und dennoch ist es seiner Weisheit allemahl gemäß gewesen, das aus dieser Einschränkung entstehende moralische Böse in dem Zusammenhange der Begebenheiten dergestalt zu leiten und zu ordnen, daß daraus so viel möglich Gutes ent- stehet. Da nun Gott alles moralische Böse in der Welt schon vorher gesehen und gewußt hat, ehe er die- selbe zur Wirklichkeit brachte; so muß sich die Vernunft billig entsehen zu glauben, daß Gott durch die Bos- heit der Geschöpfe jemahls zu einem so großen Mißver- gnügen bewogen werden könnte, um deshalb den Ent- schluß zur Vernichtung der Welt zu fassen. Jn der That müssen diese Gründe, welche nicht Dieses
XI. Abſchn. II. Hauptſt. Abſicht Gottes was darinnen vorgeht. Die Reihen und Folgen vonBegebenheiten ſowohl, als die Handlungen der ver- nuͤnftigen und denkenden Weſen, muͤſſen demnach in dem Plane der beſten Welt, den Gott vorher uͤberdacht und zur Wirklichkeit zu bringen beſchloſſen hat, gleich- falls vorhanden geweſen ſeyn. Gott kann alſo in die- ſem zur Wirklichkeit gebrachten Plane keine Geſchoͤpfe zugelaſſen haben, die ſo ſehr ſein Mißvergnuͤgen er- regen koͤnnten, daß er deshalb zu dem Entſchluß der Vernichtung des Weltgebaͤudes bewogen wuͤrde. Die Unvollkommenheiten an denen Geſchoͤpfen, die er in ſeinem Plane der beſten Welt zugelaſſen hat, koͤnnen nichts anders geweſen ſeyn, als unvermeidliche Folgen aus der Einſchraͤnkung ihres Weſens; und dennoch iſt es ſeiner Weisheit allemahl gemaͤß geweſen, das aus dieſer Einſchraͤnkung entſtehende moraliſche Boͤſe in dem Zuſammenhange der Begebenheiten dergeſtalt zu leiten und zu ordnen, daß daraus ſo viel moͤglich Gutes ent- ſtehet. Da nun Gott alles moraliſche Boͤſe in der Welt ſchon vorher geſehen und gewußt hat, ehe er die- ſelbe zur Wirklichkeit brachte; ſo muß ſich die Vernunft billig entſehen zu glauben, daß Gott durch die Bos- heit der Geſchoͤpfe jemahls zu einem ſo großen Mißver- gnuͤgen bewogen werden koͤnnte, um deshalb den Ent- ſchluß zur Vernichtung der Welt zu faſſen. Jn der That muͤſſen dieſe Gruͤnde, welche nicht Dieſes
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XI. Abſchn. II. Hauptſt. Abſicht Gottes
was darinnen vorgeht. Die Reihen und Folgen von
Begebenheiten ſowohl, als die Handlungen der ver-
nuͤnftigen und denkenden Weſen, muͤſſen demnach in
dem Plane der beſten Welt, den Gott vorher uͤberdacht
und zur Wirklichkeit zu bringen beſchloſſen hat, gleich-
falls vorhanden geweſen ſeyn. Gott kann alſo in die-
ſem zur Wirklichkeit gebrachten Plane keine Geſchoͤpfe
zugelaſſen haben, die ſo ſehr ſein Mißvergnuͤgen er-
regen koͤnnten, daß er deshalb zu dem Entſchluß der
Vernichtung des Weltgebaͤudes bewogen wuͤrde. Die
Unvollkommenheiten an denen Geſchoͤpfen, die er in
ſeinem Plane der beſten Welt zugelaſſen hat, koͤnnen
nichts anders geweſen ſeyn, als unvermeidliche Folgen
aus der Einſchraͤnkung ihres Weſens; und dennoch iſt
es ſeiner Weisheit allemahl gemaͤß geweſen, das aus
dieſer Einſchraͤnkung entſtehende moraliſche Boͤſe in dem
Zuſammenhange der Begebenheiten dergeſtalt zu leiten
und zu ordnen, daß daraus ſo viel moͤglich Gutes ent-
ſtehet. Da nun Gott alles moraliſche Boͤſe in der
Welt ſchon vorher geſehen und gewußt hat, ehe er die-
ſelbe zur Wirklichkeit brachte; ſo muß ſich die Vernunft
billig entſehen zu glauben, daß Gott durch die Bos-
heit der Geſchoͤpfe jemahls zu einem ſo großen Mißver-
gnuͤgen bewogen werden koͤnnte, um deshalb den Ent-
ſchluß zur Vernichtung der Welt zu faſſen.
Jn der That muͤſſen dieſe Gruͤnde, welche nicht
zulaſſen, daß Gott den Entſchluß zur Vernichtung des
Weltgebaͤudes faſſen kann, allezeit ſtatt finden; mit-
hin folget daraus, daß dieſes Weltgebaͤude niemahls
vernichtet werden wird, ſondern ewig dauern werde.
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