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Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771.

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mit dem Alterthum des Erdcörpers.

Man muß sowohl nach der Bibel, als nach mei-
nem System annehmen, daß von jeder Art der leben-
digen Geschöpfe an Fischen, Vögeln, Thieren und
Gewürmen nicht etwan nur ein Paar von beyderley
Geschlechte erzeuget worden; sondern daß eine jede
Art in Menge hervorgebracht ist. Dieses bewei-
sen verschiedene Ausdrücke in der Bibel, z. E. daß
sich das Meer mit allerley Arten von Fischen und Ge-
vögel regen solle. Denn wenn in allen Meeren des
Erdbodens von jeder Art der darinnen lebenden Crea-
turen nur ein einziges Paar erzeuget worden wäre;
so würde sich gewiß dadurch das Meer nicht haben re-
gen können. Eben also muß man nach meinem Sy-
stem urtheilen. Es gab ohne Zweifel eine Men-
ge von Stellen auf dem Erdboden, welche zu Erzeu-
gung der Thiere geschickt waren; und man fiehet
nicht, warum in so vielen Stellen von einer jeden Art
der Thiere nur ein einziges Paar hätte hervorgebracht
werden sollen.

Jndessen saget die Bibel ausdrücklich, daß in
Ansehung der Menschen ein ganz anderes geschehen,
und daß nur ein einziges Paar davon erschaffen wor-
den. Jch weis gar wohl, daß hierüber gar vieler-
ley Betrachtungen angestellet worden sind, und daß
man hiervon insonderheit zur Uhrsache angegeben
hat, daß die Weisheit Gottes hierdurch habe ver-
hintern wollen, daß sich kein Geschlecht der Men-
schen über das andere einen Vorzug anmaßen solle,
weil sie doch alle von einerley Stammältern erzeu-
get worden wären. Dieses würde aber nicht ge-

schehen
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mit dem Alterthum des Erdcoͤrpers.

Man muß ſowohl nach der Bibel, als nach mei-
nem Syſtem annehmen, daß von jeder Art der leben-
digen Geſchoͤpfe an Fiſchen, Voͤgeln, Thieren und
Gewuͤrmen nicht etwan nur ein Paar von beyderley
Geſchlechte erzeuget worden; ſondern daß eine jede
Art in Menge hervorgebracht iſt. Dieſes bewei-
ſen verſchiedene Ausdruͤcke in der Bibel, z. E. daß
ſich das Meer mit allerley Arten von Fiſchen und Ge-
voͤgel regen ſolle. Denn wenn in allen Meeren des
Erdbodens von jeder Art der darinnen lebenden Crea-
turen nur ein einziges Paar erzeuget worden waͤre;
ſo wuͤrde ſich gewiß dadurch das Meer nicht haben re-
gen koͤnnen. Eben alſo muß man nach meinem Sy-
ſtem urtheilen. Es gab ohne Zweifel eine Men-
ge von Stellen auf dem Erdboden, welche zu Erzeu-
gung der Thiere geſchickt waren; und man fiehet
nicht, warum in ſo vielen Stellen von einer jeden Art
der Thiere nur ein einziges Paar haͤtte hervorgebracht
werden ſollen.

Jndeſſen ſaget die Bibel ausdruͤcklich, daß in
Anſehung der Menſchen ein ganz anderes geſchehen,
und daß nur ein einziges Paar davon erſchaffen wor-
den. Jch weis gar wohl, daß hieruͤber gar vieler-
ley Betrachtungen angeſtellet worden ſind, und daß
man hiervon inſonderheit zur Uhrſache angegeben
hat, daß die Weisheit Gottes hierdurch habe ver-
hintern wollen, daß ſich kein Geſchlecht der Men-
ſchen uͤber das andere einen Vorzug anmaßen ſolle,
weil ſie doch alle von einerley Stammaͤltern erzeu-
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[309/0337] mit dem Alterthum des Erdcoͤrpers. Man muß ſowohl nach der Bibel, als nach mei- nem Syſtem annehmen, daß von jeder Art der leben- digen Geſchoͤpfe an Fiſchen, Voͤgeln, Thieren und Gewuͤrmen nicht etwan nur ein Paar von beyderley Geſchlechte erzeuget worden; ſondern daß eine jede Art in Menge hervorgebracht iſt. Dieſes bewei- ſen verſchiedene Ausdruͤcke in der Bibel, z. E. daß ſich das Meer mit allerley Arten von Fiſchen und Ge- voͤgel regen ſolle. Denn wenn in allen Meeren des Erdbodens von jeder Art der darinnen lebenden Crea- turen nur ein einziges Paar erzeuget worden waͤre; ſo wuͤrde ſich gewiß dadurch das Meer nicht haben re- gen koͤnnen. Eben alſo muß man nach meinem Sy- ſtem urtheilen. Es gab ohne Zweifel eine Men- ge von Stellen auf dem Erdboden, welche zu Erzeu- gung der Thiere geſchickt waren; und man fiehet nicht, warum in ſo vielen Stellen von einer jeden Art der Thiere nur ein einziges Paar haͤtte hervorgebracht werden ſollen. Jndeſſen ſaget die Bibel ausdruͤcklich, daß in Anſehung der Menſchen ein ganz anderes geſchehen, und daß nur ein einziges Paar davon erſchaffen wor- den. Jch weis gar wohl, daß hieruͤber gar vieler- ley Betrachtungen angeſtellet worden ſind, und daß man hiervon inſonderheit zur Uhrſache angegeben hat, daß die Weisheit Gottes hierdurch habe ver- hintern wollen, daß ſich kein Geſchlecht der Men- ſchen uͤber das andere einen Vorzug anmaßen ſolle, weil ſie doch alle von einerley Stammaͤltern erzeu- get worden waͤren. Dieſes wuͤrde aber nicht ge- ſchehen U 3

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Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/337>, abgerufen am 09.05.2024.