Wenn das unterirrdische Feuer in dem Mittel- puncte der Erde immer weiter um sich greifet, densel- ben immer mehr aushöhlet, und die festen Materien verbrennet und mürbe macht; so muß dasselbe wohl ohne Zweifel auch auf Stellen und Oerther kommen, wo sich viel Wasser befindet. Dieses Wasser wird sich demnach in das Feuer ergießen. Allein, es ist viel zu unvermögend, einen so großen Brand auszu- löschen. Was wird demnach hieraus erfolgen? Wei- ter nichts, als daß dieses Wasser in Dünste und Luft verwandelt wird. Diese Luft wird sich insonderheit nach denenjenigen Hohlungen in dem Jnnern des Erd- cörpers ziehen, die schon ausgebrannt sind; und die- ser Erfolg ist desto natürlicher, da es keinen Zweifel leidet, daß das Feuer seiner Natur nach die Dünste zerstreuet, und von sich entfernet. Sollte man aber wohl zweifeln können, daß sowohl das unterirrdische Feuer, als ein proportionirliches Verhältniß von Luft, in dem Jnnern des Erdcörpers genugsamen Raum ha- ben. Wenn wir annehmen, daß die obere Rinde des Erdbodens an den meisten Orthen zweyhundert Mei- len dicke ist; und diese Dicke ist wahrhaftig zureichend, daß wir so bald noch nicht befürchten dürfen, wie vielleicht dem Verfasser um sein edles Leben bange ist, daß diese Rinde einbrechen und wir in das unterirrdi- sche Feuer über Hals und Kopf hineinstürzen werden; so bleibet immer noch in dem Jnnern des Erdcörpers ein Raum von dreyzehnhundert Meilen im Durch- schnitt übrig, der wahrhaftig groß genug ist, daß so- wohl das Feuer als die Luft darinnen genugsam wir- ken können.
Wollte
IV. Abſchn. Erweis, daß in dem Mittelpunct
Wenn das unterirrdiſche Feuer in dem Mittel- puncte der Erde immer weiter um ſich greifet, denſel- ben immer mehr aushoͤhlet, und die feſten Materien verbrennet und muͤrbe macht; ſo muß daſſelbe wohl ohne Zweifel auch auf Stellen und Oerther kommen, wo ſich viel Waſſer befindet. Dieſes Waſſer wird ſich demnach in das Feuer ergießen. Allein, es iſt viel zu unvermoͤgend, einen ſo großen Brand auszu- loͤſchen. Was wird demnach hieraus erfolgen? Wei- ter nichts, als daß dieſes Waſſer in Duͤnſte und Luft verwandelt wird. Dieſe Luft wird ſich inſonderheit nach denenjenigen Hohlungen in dem Jnnern des Erd- coͤrpers ziehen, die ſchon ausgebrannt ſind; und die- ſer Erfolg iſt deſto natuͤrlicher, da es keinen Zweifel leidet, daß das Feuer ſeiner Natur nach die Duͤnſte zerſtreuet, und von ſich entfernet. Sollte man aber wohl zweifeln koͤnnen, daß ſowohl das unterirrdiſche Feuer, als ein proportionirliches Verhaͤltniß von Luft, in dem Jnnern des Erdcoͤrpers genugſamen Raum ha- ben. Wenn wir annehmen, daß die obere Rinde des Erdbodens an den meiſten Orthen zweyhundert Mei- len dicke iſt; und dieſe Dicke iſt wahrhaftig zureichend, daß wir ſo bald noch nicht befuͤrchten duͤrfen, wie vielleicht dem Verfaſſer um ſein edles Leben bange iſt, daß dieſe Rinde einbrechen und wir in das unterirrdi- ſche Feuer uͤber Hals und Kopf hineinſtuͤrzen werden; ſo bleibet immer noch in dem Jnnern des Erdcoͤrpers ein Raum von dreyzehnhundert Meilen im Durch- ſchnitt uͤbrig, der wahrhaftig groß genug iſt, daß ſo- wohl das Feuer als die Luft darinnen genugſam wir- ken koͤnnen.
Wollte
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IV. Abſchn. Erweis, daß in dem Mittelpunct
Wenn das unterirrdiſche Feuer in dem Mittel-
puncte der Erde immer weiter um ſich greifet, denſel-
ben immer mehr aushoͤhlet, und die feſten Materien
verbrennet und muͤrbe macht; ſo muß daſſelbe wohl
ohne Zweifel auch auf Stellen und Oerther kommen,
wo ſich viel Waſſer befindet. Dieſes Waſſer wird
ſich demnach in das Feuer ergießen. Allein, es iſt
viel zu unvermoͤgend, einen ſo großen Brand auszu-
loͤſchen. Was wird demnach hieraus erfolgen? Wei-
ter nichts, als daß dieſes Waſſer in Duͤnſte und Luft
verwandelt wird. Dieſe Luft wird ſich inſonderheit
nach denenjenigen Hohlungen in dem Jnnern des Erd-
coͤrpers ziehen, die ſchon ausgebrannt ſind; und die-
ſer Erfolg iſt deſto natuͤrlicher, da es keinen Zweifel
leidet, daß das Feuer ſeiner Natur nach die Duͤnſte
zerſtreuet, und von ſich entfernet. Sollte man aber
wohl zweifeln koͤnnen, daß ſowohl das unterirrdiſche
Feuer, als ein proportionirliches Verhaͤltniß von Luft,
in dem Jnnern des Erdcoͤrpers genugſamen Raum ha-
ben. Wenn wir annehmen, daß die obere Rinde des
Erdbodens an den meiſten Orthen zweyhundert Mei-
len dicke iſt; und dieſe Dicke iſt wahrhaftig zureichend,
daß wir ſo bald noch nicht befuͤrchten duͤrfen, wie
vielleicht dem Verfaſſer um ſein edles Leben bange iſt,
daß dieſe Rinde einbrechen und wir in das unterirrdi-
ſche Feuer uͤber Hals und Kopf hineinſtuͤrzen werden;
ſo bleibet immer noch in dem Jnnern des Erdcoͤrpers
ein Raum von dreyzehnhundert Meilen im Durch-
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Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/174>, abgerufen am 09.11.2024.
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