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Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835.

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"ben an der Pest und diese Beiden blieben am Leben. Nun
"war aber hier auf dem Geisenberg auch ein junger küh-
"ner Ritter, der ritt beständig ein großes schwarzes Pferd,
"deßwegen hieß man ihn auch nicht anders, als den Ritter mit
"dem schwarzen Pferd. Er war ein gottloser Mensch, der
"immer raubte und mordete. Dieser Ritter gewann die schöne
"Jungfrau auf dem Kindelsberg lieb und wollte sie ab-
"solut haben, aber es nahm ein schlechtes Ende. Ich kann
"noch ein altes Lied von der Geschichte."

Der Schulmeister sagte: ich bitt' euch, Kraft (so hieß der
Bauer), sagt mir doch das Lied vor!

Kraft antwortete: das will ich gern thun, ich will dir's
wohl singen. Er fing an:

Zu Kindelsberg, auf dem hohen Schloß,
Steht eine alte Linde, :,:
Von vielen Aesten kraus und groß,
Sie saust am kühl'gen Winde. :,:
Da steht ein Stein, ist breit, ist groß,
Gar nah an dieser Linde, :,:
Ist grau und roth von altem Moos,
Steht fest im kühl'gen Winde. :,:
Da schläft eine Jungfrau den traurigen Schlaf,
Die treu war ihrem Ritter, :,:
Das war von der Mark ein edler Graf,
Ihr wurde das Leben bitter. :,:
Er war mit dem Bruder ins weite Land
Zur Ritter-Fehde gegangen, :,:
Er gab der Jungfrau die eiserne Hand,
Sie weinte mit Verlangen. :,:
Die Zeit, die war nun lang vorbei,
Der Graf kam nun nicht wieder, :,:
Mit Sorg' und Thränen mancherlei
Saß sie bei der Linde nieder. :,:
Da kam der junge Rittersmann
Auf seinem schwarzen Pferde, :,:
Der sprach die Jungfrau freundlich an,
Ihr Herze er stolz begehrte. :,:

„ben an der Peſt und dieſe Beiden blieben am Leben. Nun
„war aber hier auf dem Geiſenberg auch ein junger kuͤh-
„ner Ritter, der ritt beſtaͤndig ein großes ſchwarzes Pferd,
„deßwegen hieß man ihn auch nicht anders, als den Ritter mit
„dem ſchwarzen Pferd. Er war ein gottloſer Menſch, der
„immer raubte und mordete. Dieſer Ritter gewann die ſchoͤne
„Jungfrau auf dem Kindelsberg lieb und wollte ſie ab-
„ſolut haben, aber es nahm ein ſchlechtes Ende. Ich kann
„noch ein altes Lied von der Geſchichte.“

Der Schulmeiſter ſagte: ich bitt’ euch, Kraft (ſo hieß der
Bauer), ſagt mir doch das Lied vor!

Kraft antwortete: das will ich gern thun, ich will dir’s
wohl ſingen. Er fing an:

Zu Kindelsberg, auf dem hohen Schloß,
Steht eine alte Linde, :,:
Von vielen Aeſten kraus und groß,
Sie ſaust am kühl’gen Winde. :,:
Da ſteht ein Stein, iſt breit, iſt groß,
Gar nah an dieſer Linde, :,:
Iſt grau und roth von altem Moos,
Steht feſt im kühl’gen Winde. :,:
Da ſchläft eine Jungfrau den traurigen Schlaf,
Die treu war ihrem Ritter, :,:
Das war von der Mark ein edler Graf,
Ihr wurde das Leben bitter. :,:
Er war mit dem Bruder ins weite Land
Zur Ritter-Fehde gegangen, :,:
Er gab der Jungfrau die eiſerne Hand,
Sie weinte mit Verlangen. :,:
Die Zeit, die war nun lang vorbei,
Der Graf kam nun nicht wieder, :,:
Mit Sorg’ und Thränen mancherlei
Saß ſie bei der Linde nieder. :,:
Da kam der junge Rittersmann
Auf ſeinem ſchwarzen Pferde, :,:
Der ſprach die Jungfrau freundlich an,
Ihr Herze er ſtolz begehrte. :,:

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[114/0122] „ben an der Peſt und dieſe Beiden blieben am Leben. Nun „war aber hier auf dem Geiſenberg auch ein junger kuͤh- „ner Ritter, der ritt beſtaͤndig ein großes ſchwarzes Pferd, „deßwegen hieß man ihn auch nicht anders, als den Ritter mit „dem ſchwarzen Pferd. Er war ein gottloſer Menſch, der „immer raubte und mordete. Dieſer Ritter gewann die ſchoͤne „Jungfrau auf dem Kindelsberg lieb und wollte ſie ab- „ſolut haben, aber es nahm ein ſchlechtes Ende. Ich kann „noch ein altes Lied von der Geſchichte.“ Der Schulmeiſter ſagte: ich bitt’ euch, Kraft (ſo hieß der Bauer), ſagt mir doch das Lied vor! Kraft antwortete: das will ich gern thun, ich will dir’s wohl ſingen. Er fing an: Zu Kindelsberg, auf dem hohen Schloß, Steht eine alte Linde, :,: Von vielen Aeſten kraus und groß, Sie ſaust am kühl’gen Winde. :,: Da ſteht ein Stein, iſt breit, iſt groß, Gar nah an dieſer Linde, :,: Iſt grau und roth von altem Moos, Steht feſt im kühl’gen Winde. :,: Da ſchläft eine Jungfrau den traurigen Schlaf, Die treu war ihrem Ritter, :,: Das war von der Mark ein edler Graf, Ihr wurde das Leben bitter. :,: Er war mit dem Bruder ins weite Land Zur Ritter-Fehde gegangen, :,: Er gab der Jungfrau die eiſerne Hand, Sie weinte mit Verlangen. :,: Die Zeit, die war nun lang vorbei, Der Graf kam nun nicht wieder, :,: Mit Sorg’ und Thränen mancherlei Saß ſie bei der Linde nieder. :,: Da kam der junge Rittersmann Auf ſeinem ſchwarzen Pferde, :,: Der ſprach die Jungfrau freundlich an, Ihr Herze er ſtolz begehrte. :,:

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Zitationshilfe: Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jung_lebensgeschichte_1835/122>, abgerufen am 24.11.2024.