Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858.Zweites Buch. Erster Abschn. III. Die jurist. Technik. A. Im allgem. entgegengesetztem Wege, statt durch Zersetzen durch Verbindenund Zusammendrängen. Sie ist keine specifisch juristische Ope- ration, sondern die allgemein logische der Abstraction eines Prin- cips aus gegebenen Einzelnheiten, die Substituirung einer an- dern, intensiveren logischen Ausdrucksform. Wir können die Aufgabe in etwas anderer Weise auch so Diese Eigenschaft der Kürze, überall höchst werthvoll, ist 502) Dasselbe gilt, wenn der Gesetzgeber uns ausnahmsweise die Abstrac-
tion eines Princips da, wo sie an sich möglich wäre, ausdrücklich verboten hat, wie dies z. B. Justinian bei den Enterbungsgründen der Nov. 115 gethan hat. Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. A. Im allgem. entgegengeſetztem Wege, ſtatt durch Zerſetzen durch Verbindenund Zuſammendrängen. Sie iſt keine ſpecifiſch juriſtiſche Ope- ration, ſondern die allgemein logiſche der Abſtraction eines Prin- cips aus gegebenen Einzelnheiten, die Subſtituirung einer an- dern, intenſiveren logiſchen Ausdrucksform. Wir können die Aufgabe in etwas anderer Weiſe auch ſo Dieſe Eigenſchaft der Kürze, überall höchſt werthvoll, iſt 502) Daſſelbe gilt, wenn der Geſetzgeber uns ausnahmsweiſe die Abſtrac-
tion eines Princips da, wo ſie an ſich möglich wäre, ausdrücklich verboten hat, wie dies z. B. Juſtinian bei den Enterbungsgründen der Nov. 115 gethan hat. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <p><pb facs="#f0086" n="380"/><fw place="top" type="header">Zweites Buch. Erſter Abſchn. <hi rendition="#aq">III.</hi> Die juriſt. Technik. <hi rendition="#aq">A.</hi> Im allgem.</fw><lb/> entgegengeſetztem Wege, ſtatt durch Zerſetzen durch Verbinden<lb/> und Zuſammendrängen. Sie iſt keine ſpecifiſch juriſtiſche Ope-<lb/> ration, ſondern die allgemein logiſche der Abſtraction eines Prin-<lb/> cips aus gegebenen Einzelnheiten, die Subſtituirung einer an-<lb/> dern, intenſiveren logiſchen Ausdrucksform.</p><lb/> <p>Wir können die Aufgabe in etwas anderer Weiſe auch ſo<lb/> faſſen: es handelt ſich hier um die Zuſammendrängung des <hi rendition="#g">äu-<lb/> ßern Volumens</hi> einer Maſſe Rechtsſtoff, die das poſitive<lb/> Recht für irgend ein beſtimmtes Rechtsverhältniß producirt hat.<lb/> Dies Volumen beſtimmt ſich nicht bloß oder auch nur vorzugs-<lb/> weiſe nach der Wichtigkeit des Verhältniſſes, nach der Menge<lb/> von Fragen, die bei demſelben zu beantworten ſind, kurz nach<lb/> einem objectiven Moment, ſondern eben ſowohl nach dem rein<lb/> ſubjectiven Moment der Geſchicklichkeit des Antwortenden. Wer<lb/> es verſteht, entſcheidet mit <hi rendition="#g">Einem</hi> Wort ebenſo viele Fragen,<lb/> als ein Anderer Worte für eine einzige Frage nöthig hat.</p><lb/> <p>Dieſe Eigenſchaft der Kürze, überall höchſt werthvoll, iſt<lb/> nirgends wichtiger, als am Geſetzgeber — je concentrirter der<lb/> Stoff, den er uns gibt, deſto wirkſamer. Die Kürze liegt aber<lb/> nicht in der kleinen Zahl der Worte, die das Geſetz zählt, ſon-<lb/> dern in der Tragweite derſelben, in der Fruchtbarkeit des auf-<lb/> geſtellten Princips. Wir können uns denken, daß daſſelbe Ver-<lb/> hältniß, zu deſſen legislativer Geſtaltung <hi rendition="#g">dieſes</hi> Geſetz eine<lb/> Menge einzelner, auf keinem Princip beruhender Beſtimmun-<lb/> gen producirt hat (<hi rendition="#g">caſuiſtiſche</hi> Geſtaltung), in einem andern<lb/> Geſetzbuch mittelſt eines einzigen Princips regulirt wird (<hi rendition="#g">prin-<lb/> cipielle</hi> Geſtaltung). Bei jener erſten Art iſt der Juris-<lb/> prudenz die Möglichkeit einer Concentrirung des Stoffes nicht<lb/> gegeben; <note place="foot" n="502)">Daſſelbe gilt, wenn der Geſetzgeber uns ausnahmsweiſe die Abſtrac-<lb/> tion eines Princips da, wo ſie an ſich möglich wäre, ausdrücklich verboten<lb/> hat, wie dies z. B. Juſtinian bei den Enterbungsgründen der <hi rendition="#aq">Nov</hi>. 115<lb/> gethan hat.</note> Einzelnheiten, die keinem Princip entſtammen,<lb/> laſſen ſich auch nicht auf ein ſolches zurückführen. Ebenſo wenig<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [380/0086]
Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. A. Im allgem.
entgegengeſetztem Wege, ſtatt durch Zerſetzen durch Verbinden
und Zuſammendrängen. Sie iſt keine ſpecifiſch juriſtiſche Ope-
ration, ſondern die allgemein logiſche der Abſtraction eines Prin-
cips aus gegebenen Einzelnheiten, die Subſtituirung einer an-
dern, intenſiveren logiſchen Ausdrucksform.
Wir können die Aufgabe in etwas anderer Weiſe auch ſo
faſſen: es handelt ſich hier um die Zuſammendrängung des äu-
ßern Volumens einer Maſſe Rechtsſtoff, die das poſitive
Recht für irgend ein beſtimmtes Rechtsverhältniß producirt hat.
Dies Volumen beſtimmt ſich nicht bloß oder auch nur vorzugs-
weiſe nach der Wichtigkeit des Verhältniſſes, nach der Menge
von Fragen, die bei demſelben zu beantworten ſind, kurz nach
einem objectiven Moment, ſondern eben ſowohl nach dem rein
ſubjectiven Moment der Geſchicklichkeit des Antwortenden. Wer
es verſteht, entſcheidet mit Einem Wort ebenſo viele Fragen,
als ein Anderer Worte für eine einzige Frage nöthig hat.
Dieſe Eigenſchaft der Kürze, überall höchſt werthvoll, iſt
nirgends wichtiger, als am Geſetzgeber — je concentrirter der
Stoff, den er uns gibt, deſto wirkſamer. Die Kürze liegt aber
nicht in der kleinen Zahl der Worte, die das Geſetz zählt, ſon-
dern in der Tragweite derſelben, in der Fruchtbarkeit des auf-
geſtellten Princips. Wir können uns denken, daß daſſelbe Ver-
hältniß, zu deſſen legislativer Geſtaltung dieſes Geſetz eine
Menge einzelner, auf keinem Princip beruhender Beſtimmun-
gen producirt hat (caſuiſtiſche Geſtaltung), in einem andern
Geſetzbuch mittelſt eines einzigen Princips regulirt wird (prin-
cipielle Geſtaltung). Bei jener erſten Art iſt der Juris-
prudenz die Möglichkeit einer Concentrirung des Stoffes nicht
gegeben; 502) Einzelnheiten, die keinem Princip entſtammen,
laſſen ſich auch nicht auf ein ſolches zurückführen. Ebenſo wenig
502) Daſſelbe gilt, wenn der Geſetzgeber uns ausnahmsweiſe die Abſtrac-
tion eines Princips da, wo ſie an ſich möglich wäre, ausdrücklich verboten
hat, wie dies z. B. Juſtinian bei den Enterbungsgründen der Nov. 115
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