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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858.

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Haften an der Aeußerlichkeit. III. Der Formalismus. §. 47.
grober Schnitzer gewesen. Die Parthei nimmt das emere da-
durch vor, daß sie die Sache ergreift, die Wagschale schlägt und
den Sinn dieser Handlung durch die Formel constatirt, das
Constatiren aber geschieht durch den Indicativ (s. u.), einer Auf-
forderung bedarf es weder von der gegnerischen, noch von ihrer
Seite.

Der Imperativ ist, wie bemerkt, die Form der lex. So
lange die Testamente noch in den Comitien errichtet wurden,
war er also eben damit auch die Form der testamentarischen
Dispositionen, und dies ist später beibehalten worden. Die
Verfügungen des Testaments müssen legis modo i. e. impe-
rative
824) gefaßt werden, also z. B.: heres, exheres, liber,
damnas esto, cernito, capito, praecipito, sinito.
Worauf es
beruht, daß im Widerspruch damit die Formel des Vindica-
tionslegats: do, lego lautete, vermag ich nicht anzugeben;825)
einen Grund hat diese Abweichung jedenfalls gehabt. Für die
tutoris datio826) läßt sie sich schon leichter begreifen.

Der Ausdruck lex wird von den Römern bekanntlich auch
in einem weitern Sinn von Bestimmungen gebraucht, die auf
Vereinbarung beruhen (leges contractus, foederis, pacis
u. s. w.). Hierin mag es seinen Grund haben, daß die impe-
rativische Form auch in Anwendung auf sie gebraucht wird, so
z. B. bei den einzelnen Clauseln eines Födus, der Fundations-
urkunde eines Tempels, und selbst in Formularen von Con-
tracten.827)

824) Ausdrücke von Ulp. XXIV, 1 bei Gelegenheit der Legate.
825) Denn nach der Art wie Gaj. II, 193. Ulp. XXIV, 3 sich äußern,
kann man sie nicht, wie die oben S. 609 besprochenen, für eine Formel jün-
geren Ursprungs halten. Dieselben Ausdrücke kommen auch in der Formel
der nuncupatio vor, ita do, ita lego; vielleicht liegt darin die Lösung
verborgen.
826) Gaj. I, 149--152. Vat. fr. 229, 230. -- Nach der Art, wie
Gajus sich äußert, muß die Formel: tutor esto neueren Ursprungs sein.
827) Ueber das Födus s. Briss. V. c. 48, 49: amicitia esto, jus

Haften an der Aeußerlichkeit. III. Der Formalismus. §. 47.
grober Schnitzer geweſen. Die Parthei nimmt das emere da-
durch vor, daß ſie die Sache ergreift, die Wagſchale ſchlägt und
den Sinn dieſer Handlung durch die Formel conſtatirt, das
Conſtatiren aber geſchieht durch den Indicativ (ſ. u.), einer Auf-
forderung bedarf es weder von der gegneriſchen, noch von ihrer
Seite.

Der Imperativ iſt, wie bemerkt, die Form der lex. So
lange die Teſtamente noch in den Comitien errichtet wurden,
war er alſo eben damit auch die Form der teſtamentariſchen
Dispoſitionen, und dies iſt ſpäter beibehalten worden. Die
Verfügungen des Teſtaments müſſen legis modo i. e. impe-
rative
824) gefaßt werden, alſo z. B.: heres, exheres, liber,
damnas esto, cernito, capito, praecipito, sinito.
Worauf es
beruht, daß im Widerſpruch damit die Formel des Vindica-
tionslegats: do, lego lautete, vermag ich nicht anzugeben;825)
einen Grund hat dieſe Abweichung jedenfalls gehabt. Für die
tutoris datio826) läßt ſie ſich ſchon leichter begreifen.

Der Ausdruck lex wird von den Römern bekanntlich auch
in einem weitern Sinn von Beſtimmungen gebraucht, die auf
Vereinbarung beruhen (leges contractus, foederis, pacis
u. ſ. w.). Hierin mag es ſeinen Grund haben, daß die impe-
rativiſche Form auch in Anwendung auf ſie gebraucht wird, ſo
z. B. bei den einzelnen Clauſeln eines Födus, der Fundations-
urkunde eines Tempels, und ſelbſt in Formularen von Con-
tracten.827)

824) Ausdrücke von Ulp. XXIV, 1 bei Gelegenheit der Legate.
825) Denn nach der Art wie Gaj. II, 193. Ulp. XXIV, 3 ſich äußern,
kann man ſie nicht, wie die oben S. 609 beſprochenen, für eine Formel jün-
geren Urſprungs halten. Dieſelben Ausdrücke kommen auch in der Formel
der nuncupatio vor, ita do, ita lego; vielleicht liegt darin die Löſung
verborgen.
826) Gaj. I, 149—152. Vat. fr. 229, 230. — Nach der Art, wie
Gajus ſich äußert, muß die Formel: tutor esto neueren Urſprungs ſein.
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[629/0335] Haften an der Aeußerlichkeit. III. Der Formalismus. §. 47. grober Schnitzer geweſen. Die Parthei nimmt das emere da- durch vor, daß ſie die Sache ergreift, die Wagſchale ſchlägt und den Sinn dieſer Handlung durch die Formel conſtatirt, das Conſtatiren aber geſchieht durch den Indicativ (ſ. u.), einer Auf- forderung bedarf es weder von der gegneriſchen, noch von ihrer Seite. Der Imperativ iſt, wie bemerkt, die Form der lex. So lange die Teſtamente noch in den Comitien errichtet wurden, war er alſo eben damit auch die Form der teſtamentariſchen Dispoſitionen, und dies iſt ſpäter beibehalten worden. Die Verfügungen des Teſtaments müſſen legis modo i. e. impe- rative 824) gefaßt werden, alſo z. B.: heres, exheres, liber, damnas esto, cernito, capito, praecipito, sinito. Worauf es beruht, daß im Widerſpruch damit die Formel des Vindica- tionslegats: do, lego lautete, vermag ich nicht anzugeben; 825) einen Grund hat dieſe Abweichung jedenfalls gehabt. Für die tutoris datio 826) läßt ſie ſich ſchon leichter begreifen. Der Ausdruck lex wird von den Römern bekanntlich auch in einem weitern Sinn von Beſtimmungen gebraucht, die auf Vereinbarung beruhen (leges contractus, foederis, pacis u. ſ. w.). Hierin mag es ſeinen Grund haben, daß die impe- rativiſche Form auch in Anwendung auf ſie gebraucht wird, ſo z. B. bei den einzelnen Clauſeln eines Födus, der Fundations- urkunde eines Tempels, und ſelbſt in Formularen von Con- tracten. 827) 824) Ausdrücke von Ulp. XXIV, 1 bei Gelegenheit der Legate. 825) Denn nach der Art wie Gaj. II, 193. Ulp. XXIV, 3 ſich äußern, kann man ſie nicht, wie die oben S. 609 beſprochenen, für eine Formel jün- geren Urſprungs halten. Dieſelben Ausdrücke kommen auch in der Formel der nuncupatio vor, ita do, ita lego; vielleicht liegt darin die Löſung verborgen. 826) Gaj. I, 149—152. Vat. fr. 229, 230. — Nach der Art, wie Gajus ſich äußert, muß die Formel: tutor esto neueren Urſprungs ſein. 827) Ueber das Födus ſ. Briss. V. c. 48, 49: amicitia esto, jus

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Zitationshilfe: Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 629. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht0202_1858/335>, abgerufen am 22.11.2024.