Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858.Haften an der Aeußerlichkeit. III. Der Formalismus. §. 46. Namen erhalten haben? Bei dem Testament erfolgt eine An-sprache des Testators an dieselben in der nuncupatio (.. ita testor, itaque vos Quirites, testimonium mihi perhibetote, 724) daß derselben eine solenne Aufforderung zur Assistenz bei dem Act vorausgehen mußte, läßt sich kaum bezweifeln. 725) Bei der Litis Contestatio rufen beide Partheien die Zeugen auf, 726) weil es das beiderseitige Interesse gilt, bei der Testaments- errichtung hätte bei strenger Durchführung des Gesichtspunktes, daß der familiae emptor die Stelle des Erben vertrete, dasselbe geschehen sollen. Warum geschah es nicht? So lange das Te- stament in der Volksversammlung errichtet ward, fiel dasselbe nicht unter den Gesichtspunkt eines Geschäfts mit dem Erben, sondern einer beantragten lex (B. 1 S. 138), einer, um mit Mommsen zu sprechen, Dispensation von der gesetzlichen Erb- folge, und es verstand sich von selbst, daß hierbei nur der Te- stator, nicht der Erbe dem Volk den Antrag vorlegte. Als die fünf Zeugen an die Stelle des Volks traten (B. 1 S. 140), behielt man diese Consequenz der alten Form bei. Wäre der Schluß von der Form des Mancipationstesta- 724) Gaj. II, 104. Ulp. XX, 9. 725) Gajus an d. a. Stelle gebraucht freilich bloß den Ausdruck: ad- hibitis quinque testibus, allein die L. 21 §. 2 qui test. (28. 1) .. si ante testimonium certiorentur und L. 20 §. 8 ibid. suprema conte- statio (womit die in der nuncupatio enthaltene gemeint sein wird) scheinen auf eine vorhergehende rogatio hinzuweisen. 726) Fest. Contestari est cum uterque reus dicit: testes estote.
Daß das con nicht nothwendig auf eine Mehrheit der Partheien, sondern auch der Zeugen gehen kann, zeigt der Ausdruck contestatio der vorigen Note, für den derselbe Ulpian freilich an anderer Stelle (Ulp. XX, 9) den Ausdruck testatio gebraucht. Haften an der Aeußerlichkeit. III. Der Formalismus. §. 46. Namen erhalten haben? Bei dem Teſtament erfolgt eine An-ſprache des Teſtators an dieſelben in der nuncupatio (.. ita testor, itaque vos Quirites, testimonium mihi perhibetote, 724) daß derſelben eine ſolenne Aufforderung zur Aſſiſtenz bei dem Act vorausgehen mußte, läßt ſich kaum bezweifeln. 725) Bei der Litis Contestatio rufen beide Partheien die Zeugen auf, 726) weil es das beiderſeitige Intereſſe gilt, bei der Teſtaments- errichtung hätte bei ſtrenger Durchführung des Geſichtspunktes, daß der familiae emptor die Stelle des Erben vertrete, daſſelbe geſchehen ſollen. Warum geſchah es nicht? So lange das Te- ſtament in der Volksverſammlung errichtet ward, fiel daſſelbe nicht unter den Geſichtspunkt eines Geſchäfts mit dem Erben, ſondern einer beantragten lex (B. 1 S. 138), einer, um mit Mommſen zu ſprechen, Dispenſation von der geſetzlichen Erb- folge, und es verſtand ſich von ſelbſt, daß hierbei nur der Te- ſtator, nicht der Erbe dem Volk den Antrag vorlegte. Als die fünf Zeugen an die Stelle des Volks traten (B. 1 S. 140), behielt man dieſe Conſequenz der alten Form bei. Wäre der Schluß von der Form des Mancipationsteſta- 724) Gaj. II, 104. Ulp. XX, 9. 725) Gajus an d. a. Stelle gebraucht freilich bloß den Ausdruck: ad- hibitis quinque testibus, allein die L. 21 §. 2 qui test. (28. 1) .. si ante testimonium certiorentur und L. 20 §. 8 ibid. suprema conte- statio (womit die in der nuncupatio enthaltene gemeint ſein wird) ſcheinen auf eine vorhergehende rogatio hinzuweiſen. 726) Fest. Contestari est cum uterque reus dicit: testes estote.
Daß das con nicht nothwendig auf eine Mehrheit der Partheien, ſondern auch der Zeugen gehen kann, zeigt der Ausdruck contestatio der vorigen Note, für den derſelbe Ulpian freilich an anderer Stelle (Ulp. XX, 9) den Ausdruck testatio gebraucht. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <p><pb facs="#f0279" n="573"/><fw place="top" type="header">Haften an der Aeußerlichkeit. <hi rendition="#aq">III.</hi> Der Formalismus. §. 46.</fw><lb/> Namen erhalten haben? Bei dem Teſtament erfolgt eine An-<lb/> ſprache des Teſtators an dieſelben in der <hi rendition="#aq">nuncupatio (.. ita<lb/> testor, itaque vos Quirites, testimonium mihi perhibetote,</hi> <note place="foot" n="724)"><hi rendition="#aq">Gaj. II, 104. Ulp. XX,</hi> 9.</note><lb/> daß derſelben eine ſolenne Aufforderung zur Aſſiſtenz bei dem<lb/> Act vorausgehen mußte, läßt ſich kaum bezweifeln. <note place="foot" n="725)">Gajus an d. a. Stelle gebraucht freilich bloß den Ausdruck: <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">ad-<lb/> hibitis</hi> quinque testibus,</hi> allein die <hi rendition="#aq">L. 21 §. 2 qui test. (28. 1) .. si<lb/> ante testimonium certiorentur</hi> und <hi rendition="#aq">L. 20 §. 8 ibid. <hi rendition="#g">suprema</hi> conte-<lb/> statio</hi> (womit die in der <hi rendition="#aq">nuncupatio</hi> enthaltene gemeint ſein wird) ſcheinen<lb/> auf eine vorhergehende <hi rendition="#aq">rogatio</hi> hinzuweiſen.</note> Bei der<lb/><hi rendition="#aq">Litis Contestatio</hi> rufen <hi rendition="#g">beide</hi> Partheien die Zeugen auf, <note place="foot" n="726)"><hi rendition="#aq">Fest. Contestari est cum uterque reus dicit: testes estote.</hi><lb/> Daß das <hi rendition="#aq">con</hi> nicht nothwendig auf eine Mehrheit der Partheien, ſondern<lb/> auch der Zeugen gehen kann, zeigt der Ausdruck <hi rendition="#aq">contestatio</hi> der vorigen Note,<lb/> für den derſelbe Ulpian freilich an anderer Stelle (<hi rendition="#aq">Ulp. XX,</hi> 9) den Ausdruck<lb/><hi rendition="#aq">testatio</hi> gebraucht.</note><lb/> weil es das beiderſeitige Intereſſe gilt, bei der Teſtaments-<lb/> errichtung hätte bei ſtrenger Durchführung des Geſichtspunktes,<lb/> daß der <hi rendition="#aq">familiae emptor</hi> die Stelle des Erben vertrete, daſſelbe<lb/> geſchehen ſollen. Warum geſchah es <hi rendition="#g">nicht</hi>? So lange das Te-<lb/> ſtament in der Volksverſammlung errichtet ward, fiel daſſelbe<lb/> nicht unter den Geſichtspunkt eines Geſchäfts mit dem Erben,<lb/> ſondern einer beantragten <hi rendition="#aq">lex</hi> (B. 1 S. 138), einer, um mit<lb/> Mommſen zu ſprechen, Dispenſation von der geſetzlichen Erb-<lb/> folge, und es verſtand ſich von ſelbſt, daß hierbei nur der Te-<lb/> ſtator, nicht der Erbe dem Volk den Antrag vorlegte. Als die<lb/> fünf Zeugen an die Stelle des Volks traten (B. 1 S. 140),<lb/> behielt man dieſe Conſequenz der alten Form bei.</p><lb/> <p>Wäre der Schluß von der Form des Mancipationsteſta-<lb/> ments auf die der gewöhnlichen Mancipation ein ſtringenter,<lb/> ſo wäre die obige Frage damit auch für letztere erledigt. Allein<lb/> daß die Form beider nicht durchweg gleich iſt, zeigt ſchon die<lb/> Verſchiedenheit der Formeln, ſowie der Umſtand, daß dort<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [573/0279]
Haften an der Aeußerlichkeit. III. Der Formalismus. §. 46.
Namen erhalten haben? Bei dem Teſtament erfolgt eine An-
ſprache des Teſtators an dieſelben in der nuncupatio (.. ita
testor, itaque vos Quirites, testimonium mihi perhibetote, 724)
daß derſelben eine ſolenne Aufforderung zur Aſſiſtenz bei dem
Act vorausgehen mußte, läßt ſich kaum bezweifeln. 725) Bei der
Litis Contestatio rufen beide Partheien die Zeugen auf, 726)
weil es das beiderſeitige Intereſſe gilt, bei der Teſtaments-
errichtung hätte bei ſtrenger Durchführung des Geſichtspunktes,
daß der familiae emptor die Stelle des Erben vertrete, daſſelbe
geſchehen ſollen. Warum geſchah es nicht? So lange das Te-
ſtament in der Volksverſammlung errichtet ward, fiel daſſelbe
nicht unter den Geſichtspunkt eines Geſchäfts mit dem Erben,
ſondern einer beantragten lex (B. 1 S. 138), einer, um mit
Mommſen zu ſprechen, Dispenſation von der geſetzlichen Erb-
folge, und es verſtand ſich von ſelbſt, daß hierbei nur der Te-
ſtator, nicht der Erbe dem Volk den Antrag vorlegte. Als die
fünf Zeugen an die Stelle des Volks traten (B. 1 S. 140),
behielt man dieſe Conſequenz der alten Form bei.
Wäre der Schluß von der Form des Mancipationsteſta-
ments auf die der gewöhnlichen Mancipation ein ſtringenter,
ſo wäre die obige Frage damit auch für letztere erledigt. Allein
daß die Form beider nicht durchweg gleich iſt, zeigt ſchon die
Verſchiedenheit der Formeln, ſowie der Umſtand, daß dort
724) Gaj. II, 104. Ulp. XX, 9.
725) Gajus an d. a. Stelle gebraucht freilich bloß den Ausdruck: ad-
hibitis quinque testibus, allein die L. 21 §. 2 qui test. (28. 1) .. si
ante testimonium certiorentur und L. 20 §. 8 ibid. suprema conte-
statio (womit die in der nuncupatio enthaltene gemeint ſein wird) ſcheinen
auf eine vorhergehende rogatio hinzuweiſen.
726) Fest. Contestari est cum uterque reus dicit: testes estote.
Daß das con nicht nothwendig auf eine Mehrheit der Partheien, ſondern
auch der Zeugen gehen kann, zeigt der Ausdruck contestatio der vorigen Note,
für den derſelbe Ulpian freilich an anderer Stelle (Ulp. XX, 9) den Ausdruck
testatio gebraucht.
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