Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858.Zweites Buch. Erster Abschn. III. Die jurist. Technik. B. Des ält. Rechts. personam, die Formel der beiden andern Rechtsgeschäfte unddie auf sie sich stützende Klage in rem. Die Form des vierten Rechtsgeschäfts war die eines Befehls (heres esto, heredem esse jubeo Gaj. II 117. damnas esto, ibid. §. 201, sumito §. 193, statt der letzteren auch do lego). Wiederum ganz tref- fend. Einmal in historischer Beziehung: als Reminiscenz an die ursprüngliche Gesetzesform der Testamente, sodann in dogmatischer Beziehung: als Ausdruck des in dem Testa- ment sich verwirklichenden eigenthümlichen Rechts der Autono- mie (wovon an anderer Stelle). Die Stipulation beschränkte ihre Wirkungen auf die handelnden Personen, die drei andern konnten dieselben möglicherweise auf andere ausdehnen. Auch dieser Unterschied erhielt seine morphologische Signatur; und zwar darin, daß dort die handelnden Personen für sich allein blieben, hier aber dritte Personen (Zeugen, Prätor) zugezogen wurden. Ein anderes Beispiel für die obige Behauptung wird uns der §. 47 in der inneren Oekonomie der Testamente bringen. Ich wende mich der Unbequemlichkeit der Form zu. 659) Auf der billigen Erwägung dieses Umstandes beruht die Exemtion
Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. B. Des ält. Rechts. personam, die Formel der beiden andern Rechtsgeſchäfte unddie auf ſie ſich ſtützende Klage in rem. Die Form des vierten Rechtsgeſchäfts war die eines Befehls (heres esto, heredem esse jubeo Gaj. II 117. damnas esto, ibid. §. 201, sumito §. 193, ſtatt der letzteren auch do lego). Wiederum ganz tref- fend. Einmal in hiſtoriſcher Beziehung: als Reminiscenz an die urſprüngliche Geſetzesform der Teſtamente, ſodann in dogmatiſcher Beziehung: als Ausdruck des in dem Teſta- ment ſich verwirklichenden eigenthümlichen Rechts der Autono- mie (wovon an anderer Stelle). Die Stipulation beſchränkte ihre Wirkungen auf die handelnden Perſonen, die drei andern konnten dieſelben möglicherweiſe auf andere ausdehnen. Auch dieſer Unterſchied erhielt ſeine morphologiſche Signatur; und zwar darin, daß dort die handelnden Perſonen für ſich allein blieben, hier aber dritte Perſonen (Zeugen, Prätor) zugezogen wurden. Ein anderes Beiſpiel für die obige Behauptung wird uns der §. 47 in der inneren Oekonomie der Teſtamente bringen. Ich wende mich der Unbequemlichkeit der Form zu. 659) Auf der billigen Erwägung dieſes Umſtandes beruht die Exemtion
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Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. B. Des ält. Rechts.
personam, die Formel der beiden andern Rechtsgeſchäfte und
die auf ſie ſich ſtützende Klage in rem. Die Form des vierten
Rechtsgeſchäfts war die eines Befehls (heres esto, heredem
esse jubeo Gaj. II 117. damnas esto, ibid. §. 201, sumito
§. 193, ſtatt der letzteren auch do lego). Wiederum ganz tref-
fend. Einmal in hiſtoriſcher Beziehung: als Reminiscenz
an die urſprüngliche Geſetzesform der Teſtamente, ſodann in
dogmatiſcher Beziehung: als Ausdruck des in dem Teſta-
ment ſich verwirklichenden eigenthümlichen Rechts der Autono-
mie (wovon an anderer Stelle). Die Stipulation beſchränkte
ihre Wirkungen auf die handelnden Perſonen, die drei andern
konnten dieſelben möglicherweiſe auf andere ausdehnen. Auch
dieſer Unterſchied erhielt ſeine morphologiſche Signatur; und
zwar darin, daß dort die handelnden Perſonen für ſich allein
blieben, hier aber dritte Perſonen (Zeugen, Prätor) zugezogen
wurden. Ein anderes Beiſpiel für die obige Behauptung wird
uns der §. 47 in der inneren Oekonomie der Teſtamente bringen.
Ich wende mich der Unbequemlichkeit der Form zu.
Sie liegt zunächſt ſchon darin, daß die Form das bequeme
Sichgehenlaſſen des Willens, wie die Formloſigkeit es verſtattet,
unmöglich macht, denn es bedarf hier außer dem bloßen Wol-
len noch eines beſonderen Anſatzes, eines eignen Actes, um der
Form ein Genüge zu leiſten. Dazu geſellt ſich ſodann ferner
der hemmende Einfluß gewiſſer unabweisbarer Rückſichten.
Der Stempel des Geſchäftlichen, den die Form an der
Stirn trägt, macht die vom Recht begehrte Interpoſition der-
ſelben in manchen Lagen geradezu zu einer moraliſchen Unmög-
lichkeit. Die ſocialen Formen legen gegen die juriſtiſche
Form nicht ſelten ein abſolutes Veto ein. Wer könnte überall,
wo eine Verabredung getroffen wird, mit der juriſtiſchen Form
dahineinfahren, wer ſich jedes Anerbieten oder Verſprechen ſchwarz
auf weiß geben laſſen? 659) Ein ſolches Verfahren würde nicht bloß
659) Auf der billigen Erwägung dieſes Umſtandes beruht die Exemtion
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