langen, daß sie sich ihrerseits auch einmal meinem Maße un- terwerfen sollen.
Der Wunsch, meinen Gegnern diesen bequemen Einwand gegen ein ihnen unbequemes Buch aus den Händen zu nehmen, ist auf die Ausarbeitung der vorliegenden, wie bereits der vor- hergehenden Abtheilung nicht ohne Einfluß geblieben. Ich habe nämlich bei beiden des Stofflichen lieber eher zu viel als zu wenig gethan, und einen Theil der Schuld an dem Anschwellen meines Werkes mögen diejenigen tragen, welche mich zu diesem Akt der literarischen Selbsterhaltung genöthigt haben.
Mich gegen den "Versuch einer neuen Methode" zu recht- fertigen, kann mir so wenig in den Sinn kommen, daß ich umgekehrt diesen Vorwurf mit Freuden acceptire. Darauf ist allerdings mein ganzes Buch berechnet, die bisher ausschließlich herrschende Methode in der Darstellung der römischen Rechts- geschichte zu verlassen, um eine andere daneben zur Geltung zu bringen. Nicht aber sie zur ausschließlichen zu machen. Ich selbst würde, wenn ich römische Rechtsgeschichte zu lesen hätte, die meinige für ungeeignet halten, aus demselben Grunde, aus dem eine Vorlesung über Philosophie der Geschichte die historischen Vorträge nicht ersetzen kann. Aber etwas anderes ist es, die Methode zum Zweck der Forschung und litera- rischen Darstellung zu verwenden, und daß sie nach dieser Seite hin vollkommen berechtigt ist, darüber warte ich ohne Bangen das Urtheil der Zeit ab.
Die "Terminologie der niederen Naturwissenschaft für die höhere Jurisprudenz" verwandt zu haben -- von diesem Vorwurf kann ich mich allerdings nicht lossprechen. Aber daß ich sie mit der "durch ihre Festigkeit und Eigenthümlichkeit unschätzbaren Rechtssprache vertauscht hätte", damit hat es doch eine etwas andere Bewandniß. Wer alte Begriffe statt mit alten
Vorrede.
langen, daß ſie ſich ihrerſeits auch einmal meinem Maße un- terwerfen ſollen.
Der Wunſch, meinen Gegnern dieſen bequemen Einwand gegen ein ihnen unbequemes Buch aus den Händen zu nehmen, iſt auf die Ausarbeitung der vorliegenden, wie bereits der vor- hergehenden Abtheilung nicht ohne Einfluß geblieben. Ich habe nämlich bei beiden des Stofflichen lieber eher zu viel als zu wenig gethan, und einen Theil der Schuld an dem Anſchwellen meines Werkes mögen diejenigen tragen, welche mich zu dieſem Akt der literariſchen Selbſterhaltung genöthigt haben.
Mich gegen den „Verſuch einer neuen Methode“ zu recht- fertigen, kann mir ſo wenig in den Sinn kommen, daß ich umgekehrt dieſen Vorwurf mit Freuden acceptire. Darauf iſt allerdings mein ganzes Buch berechnet, die bisher ausſchließlich herrſchende Methode in der Darſtellung der römiſchen Rechts- geſchichte zu verlaſſen, um eine andere daneben zur Geltung zu bringen. Nicht aber ſie zur ausſchließlichen zu machen. Ich ſelbſt würde, wenn ich römiſche Rechtsgeſchichte zu leſen hätte, die meinige für ungeeignet halten, aus demſelben Grunde, aus dem eine Vorleſung über Philoſophie der Geſchichte die hiſtoriſchen Vorträge nicht erſetzen kann. Aber etwas anderes iſt es, die Methode zum Zweck der Forſchung und litera- riſchen Darſtellung zu verwenden, und daß ſie nach dieſer Seite hin vollkommen berechtigt iſt, darüber warte ich ohne Bangen das Urtheil der Zeit ab.
Die „Terminologie der niederen Naturwiſſenſchaft für die höhere Jurisprudenz“ verwandt zu haben — von dieſem Vorwurf kann ich mich allerdings nicht losſprechen. Aber daß ich ſie mit der „durch ihre Feſtigkeit und Eigenthümlichkeit unſchätzbaren Rechtsſprache vertauſcht hätte“, damit hat es doch eine etwas andere Bewandniß. Wer alte Begriffe ſtatt mit alten
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[X/0016]
Vorrede.
langen, daß ſie ſich ihrerſeits auch einmal meinem Maße un-
terwerfen ſollen.
Der Wunſch, meinen Gegnern dieſen bequemen Einwand
gegen ein ihnen unbequemes Buch aus den Händen zu nehmen,
iſt auf die Ausarbeitung der vorliegenden, wie bereits der vor-
hergehenden Abtheilung nicht ohne Einfluß geblieben. Ich habe
nämlich bei beiden des Stofflichen lieber eher zu viel als zu
wenig gethan, und einen Theil der Schuld an dem Anſchwellen
meines Werkes mögen diejenigen tragen, welche mich zu dieſem
Akt der literariſchen Selbſterhaltung genöthigt haben.
Mich gegen den „Verſuch einer neuen Methode“ zu recht-
fertigen, kann mir ſo wenig in den Sinn kommen, daß ich
umgekehrt dieſen Vorwurf mit Freuden acceptire. Darauf iſt
allerdings mein ganzes Buch berechnet, die bisher ausſchließlich
herrſchende Methode in der Darſtellung der römiſchen Rechts-
geſchichte zu verlaſſen, um eine andere daneben zur Geltung
zu bringen. Nicht aber ſie zur ausſchließlichen zu machen.
Ich ſelbſt würde, wenn ich römiſche Rechtsgeſchichte zu leſen
hätte, die meinige für ungeeignet halten, aus demſelben Grunde,
aus dem eine Vorleſung über Philoſophie der Geſchichte die
hiſtoriſchen Vorträge nicht erſetzen kann. Aber etwas anderes
iſt es, die Methode zum Zweck der Forſchung und litera-
riſchen Darſtellung zu verwenden, und daß ſie nach dieſer
Seite hin vollkommen berechtigt iſt, darüber warte ich ohne
Bangen das Urtheil der Zeit ab.
Die „Terminologie der niederen Naturwiſſenſchaft für die
höhere Jurisprudenz“ verwandt zu haben — von dieſem Vorwurf
kann ich mich allerdings nicht losſprechen. Aber daß ich ſie mit
der „durch ihre Feſtigkeit und Eigenthümlichkeit unſchätzbaren
Rechtsſprache vertauſcht hätte“, damit hat es doch eine
etwas andere Bewandniß. Wer alte Begriffe ſtatt mit alten
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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858, S. X. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht0202_1858/16>, abgerufen am 21.11.2024.
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