Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955.verschieden ist, zu zweifelhaft erscheinen, so schicken Sie mir wenigstens Ihr alter5 Jean Paul Fr. Richter 433. An Dr. Gottfried Tauber in Leipzig. [Kopie][Bayreuth, 7. Mai 1824]Meine Tochter hat aus Ihrer trefflichen Heilanstalt, höchstgeschätzter verſchieden iſt, zu zweifelhaft erſcheinen, ſo ſchicken Sie mir wenigſtens Ihr alter5 Jean Paul Fr. Richter 433. An Dr. Gottfried Tauber in Leipzig. [Kopie][Bayreuth, 7. Mai 1824]Meine Tochter hat aus Ihrer trefflichen Heilanſtalt, höchſtgeſchätzter <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0270" n="258"/> verſchieden iſt, zu zweifelhaft erſcheinen, ſo ſchicken Sie mir wenigſtens<lb/> einen gedruckten Gebrauchzettel. Verzeihen Sie meine Bitte und Eile.<lb/> Grüßen Sie innigſt Ihren geliebten Mann, der mir als Menſch und<lb/> Dichter gleich theuer. —</p><lb/> <closer> <salute> <hi rendition="#right">Ihr alter<lb n="5"/> Jean Paul Fr. Richter</hi> </salute> </closer> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>433. An <hi rendition="#g">Dr. Gottfried Tauber in Leipzig.</hi></head><lb/> <note type="editorial">[Kopie]</note> <dateline> <hi rendition="#right">[Bayreuth, 7. Mai 1824]</hi> </dateline><lb/> <p>Meine Tochter hat aus Ihrer trefflichen Heilanſtalt, höchſtgeſchätzter<lb/> Herr Doktor, zu Weihnachten eine wahre Hülfbrille erhalten. Meinen<lb n="10"/> alternden Augen aber iſt Ihre Kunſt noch nöthiger. Das Sehmaß des<lb/> rechten gibt der beiliegende Faden nach Ihrer Anweiſung <hi rendition="#aq">p.</hi> 3. an;<lb/> das linke aber ſieht Buchſtaben kaum in der Entfernung von zwei<lb/> Zollen. Die Pupille deſſelben iſt etwas größer, und die Kryſtalllinſe<lb/> ſcheint (aber nur nach der Anſicht eines Einzigen, andern gar nicht) ſich<lb n="15"/> leicht von unten auf zu verdunkeln. Indeß wirft es mir einen Nebel über<lb/> das rechte herüber, mit dem ich ohne jenes beſtimmter ſehe. Die Kurz-<lb/> ſichtigkeit und das Umnebeln — beſonders im Freien, bei ſtarker Beleuch-<lb/> tung und bei hohem Barometerſtand und Oſtwind — nimmt ſeit 8 Mo-<lb/> naten zu. Bei der Lampe leſ’ ich ohne Brille; aber am Tage nehm’ ich<lb n="20"/> ſie (doch nicht unausgeſetzt) ſeit ½ Jahre unter dem Schreiben. Die-<lb/> ſelbe Blattſeite kann ich in der Dämmerung nach den verſchiedenen<lb/> Wendungen gegen das Fenſter leichter oder ſchwerer leſen. Etwas<lb/> beſſert mein Geſundheit-Zuſtand, aber im Ganzen iſt er eben gut und<lb/> gegen den ganzen Paragraphen 8 <hi rendition="#aq">p.</hi> 5 hab’ ich — Leſen im Fahren und<lb n="25"/> Gehen ausgenommen — bei meiner Augenkenntnis nie geſündigt;<lb/> auch keine Augenſchmerzen und Entzündungen gehabt; und höchſt ſelten<lb/> (jetzo gar nicht) Funken und Flecken, auch kein Doppelſehen der Buch-<lb/> ſtaben. Seit 10 Jahren gebrauche ich eine Marquetſche Lampe (aus<lb/> Köthen) mit breiten Dochten; ich bitte mir aber doch eine einfache nach<lb n="30"/> Ihrer Angabe zum Schreiben und Leſen aus. Vor 20 Jahren trug ich<lb/> eine treffliche Hofmannſche Brille; ſpäter kam der ſchädliche Wechſel<lb/> durch Verlieren oder Zerbrechen; neuerdings hatt’ ich eine nach Galland-<lb/> ſchen Grundſätzen durch Cylinder geſchliffene achteckige und jetzo gar<lb/> eine periſkopiſche von Oſtermann. Möge die Ihrige alle andern be-<lb n="35"/><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [258/0270]
verſchieden iſt, zu zweifelhaft erſcheinen, ſo ſchicken Sie mir wenigſtens
einen gedruckten Gebrauchzettel. Verzeihen Sie meine Bitte und Eile.
Grüßen Sie innigſt Ihren geliebten Mann, der mir als Menſch und
Dichter gleich theuer. —
Ihr alter 5
Jean Paul Fr. Richter
433. An Dr. Gottfried Tauber in Leipzig.
[Bayreuth, 7. Mai 1824]
Meine Tochter hat aus Ihrer trefflichen Heilanſtalt, höchſtgeſchätzter
Herr Doktor, zu Weihnachten eine wahre Hülfbrille erhalten. Meinen 10
alternden Augen aber iſt Ihre Kunſt noch nöthiger. Das Sehmaß des
rechten gibt der beiliegende Faden nach Ihrer Anweiſung p. 3. an;
das linke aber ſieht Buchſtaben kaum in der Entfernung von zwei
Zollen. Die Pupille deſſelben iſt etwas größer, und die Kryſtalllinſe
ſcheint (aber nur nach der Anſicht eines Einzigen, andern gar nicht) ſich 15
leicht von unten auf zu verdunkeln. Indeß wirft es mir einen Nebel über
das rechte herüber, mit dem ich ohne jenes beſtimmter ſehe. Die Kurz-
ſichtigkeit und das Umnebeln — beſonders im Freien, bei ſtarker Beleuch-
tung und bei hohem Barometerſtand und Oſtwind — nimmt ſeit 8 Mo-
naten zu. Bei der Lampe leſ’ ich ohne Brille; aber am Tage nehm’ ich 20
ſie (doch nicht unausgeſetzt) ſeit ½ Jahre unter dem Schreiben. Die-
ſelbe Blattſeite kann ich in der Dämmerung nach den verſchiedenen
Wendungen gegen das Fenſter leichter oder ſchwerer leſen. Etwas
beſſert mein Geſundheit-Zuſtand, aber im Ganzen iſt er eben gut und
gegen den ganzen Paragraphen 8 p. 5 hab’ ich — Leſen im Fahren und 25
Gehen ausgenommen — bei meiner Augenkenntnis nie geſündigt;
auch keine Augenſchmerzen und Entzündungen gehabt; und höchſt ſelten
(jetzo gar nicht) Funken und Flecken, auch kein Doppelſehen der Buch-
ſtaben. Seit 10 Jahren gebrauche ich eine Marquetſche Lampe (aus
Köthen) mit breiten Dochten; ich bitte mir aber doch eine einfache nach 30
Ihrer Angabe zum Schreiben und Leſen aus. Vor 20 Jahren trug ich
eine treffliche Hofmannſche Brille; ſpäter kam der ſchädliche Wechſel
durch Verlieren oder Zerbrechen; neuerdings hatt’ ich eine nach Galland-
ſchen Grundſätzen durch Cylinder geſchliffene achteckige und jetzo gar
eine periſkopiſche von Oſtermann. Möge die Ihrige alle andern be- 35
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |