So könnte sich jeder ein kürzestes Dankbriefchen aus dem langen an Sie, meine geliebte Luise, herausschneiden, und ich will daher kein Wort auf die andere Seite schreiben, damit Sie die Scheere eingreifen lassen. -- Milde Maria, ich küsse dich, nehme aber dazu die lieben Mutter- lippen. Leben Sie froh und antworten Sie mir viel und zehn mal mehr5 als ich geschrieben und gefragt.
Ihr Jean Paul Fr. R.
381. An Friedrich Laun (Schulze) in Dresden.
Baireut d. [1.] Jun. 1823
Verzeihen Sie das Verzögern meines Danks, der blos auf eine10 briefliche Reisegesellschaft wartete. In Ihrem Buche sind viele komische Stellen und Stellungen, und auf dem ersten Bogen die meisten. Was ich aber mit meinem Wunsche komischer Darstellungen meinte, war, daß Sie in jenes frühere Gebiet der Laune zurück kehrten, worin Sie zuerst auftraten und wo der Autor (wie z. B. Anton Wall in seinen15 Vorreden und Sterne in der Kastaniengeschichte) sich und Kleinigkeiten spielend und belächelnd groß darstellt. Da die Laune, ungleich andern Kräften, gerade mit den Jahren wächst: so müßte Ihnen, dächt' ich, die Wiedereroberung jenes launigen Gebiets recht leicht werden. -- Übrigens wäre Ihren komischen Charakteren, so wie Hofmanns schauer-20 lichen, mehr organische Festigkeit zu wünschen. --
Nehmen Sie sich nur mehr Zeit als Papier, anstatt daß die meisten jetzigen Schriftsteller es umkehren und leichter und schneller Bände, als ich Bogen, füllen.
Da ich mehr zu einem Danke als zu einem Urtheile Zeit und Ver-25 bindlichkeit habe: so werden Sie die mangelhafte Kürze des letzten gütig verzeihen. Mit Hochachtung und Liebe
Ihr ergebenster Jean Paul Fr. Richter30
382. An Kammerrat Miedel in Bayreuth.
Baireut d. 11. Jun. 1823
Ich wollte Ihnen heute, höchstgeschätzter H. Kammerrath, im Garten für Ihr köstliches Geschenk eines Miniatürgartens danken, welchen ich jetzo sogar bei schlechtem Wetter besuchen kann. Hier send' ich Ihnen35
15*
So könnte ſich jeder ein kürzeſtes Dankbriefchen aus dem langen an Sie, meine geliebte Luiſe, herausſchneiden, und ich will daher kein Wort auf die andere Seite ſchreiben, damit Sie die Scheere eingreifen laſſen. — Milde Maria, ich küſſe dich, nehme aber dazu die lieben Mutter- lippen. Leben Sie froh und antworten Sie mir viel und zehn mal mehr5 als ich geſchrieben und gefragt.
Ihr Jean Paul Fr. R.
381. An Friedrich Laun (Schulze) in Dresden.
Baireut d. [1.] Jun. 1823
Verzeihen Sie das Verzögern meines Danks, der blos auf eine10 briefliche Reiſegeſellſchaft wartete. In Ihrem Buche ſind viele komiſche Stellen und Stellungen, und auf dem erſten Bogen die meiſten. Was ich aber mit meinem Wunſche komiſcher Darſtellungen meinte, war, daß Sie in jenes frühere Gebiet der Laune zurück kehrten, worin Sie zuerſt auftraten und wo der Autor (wie z. B. Anton Wall in ſeinen15 Vorreden und Sterne in der Kaſtaniengeſchichte) ſich und Kleinigkeiten ſpielend und belächelnd groß darſtellt. Da die Laune, ungleich andern Kräften, gerade mit den Jahren wächſt: ſo müßte Ihnen, dächt’ ich, die Wiedereroberung jenes launigen Gebiets recht leicht werden. — Übrigens wäre Ihren komiſchen Charakteren, ſo wie Hofmanns ſchauer-20 lichen, mehr organiſche Feſtigkeit zu wünſchen. —
Nehmen Sie ſich nur mehr Zeit als Papier, anſtatt daß die meiſten jetzigen Schriftſteller es umkehren und leichter und ſchneller Bände, als ich Bogen, füllen.
Da ich mehr zu einem Danke als zu einem Urtheile Zeit und Ver-25 bindlichkeit habe: ſo werden Sie die mangelhafte Kürze des letzten gütig verzeihen. Mit Hochachtung und Liebe
Ihr ergebenſter Jean Paul Fr. Richter30
382. An Kammerrat Miedel in Bayreuth.
Baireut d. 11. Jun. 1823
Ich wollte Ihnen heute, höchſtgeſchätzter H. Kammerrath, im Garten für Ihr köſtliches Geſchenk eines Miniatürgartens danken, welchen ich jetzo ſogar bei ſchlechtem Wetter beſuchen kann. Hier ſend’ ich Ihnen35
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So könnte ſich jeder ein kürzeſtes Dankbriefchen aus dem langen an
Sie, meine geliebte Luiſe, herausſchneiden, und ich will daher kein Wort
auf die andere Seite ſchreiben, damit Sie die Scheere eingreifen laſſen.
— Milde Maria, ich küſſe dich, nehme aber dazu die lieben Mutter-
lippen. Leben Sie froh und antworten Sie mir viel und zehn mal mehr 5
als ich geſchrieben und gefragt.
Ihr Jean Paul Fr. R.
381. An Friedrich Laun (Schulze) in Dresden.
Baireut d. [1.] Jun. 1823
Verzeihen Sie das Verzögern meines Danks, der blos auf eine 10
briefliche Reiſegeſellſchaft wartete. In Ihrem Buche ſind viele komiſche
Stellen und Stellungen, und auf dem erſten Bogen die meiſten. Was
ich aber mit meinem Wunſche komiſcher Darſtellungen meinte, war,
daß Sie in jenes frühere Gebiet der Laune zurück kehrten, worin Sie
zuerſt auftraten und wo der Autor (wie z. B. Anton Wall in ſeinen 15
Vorreden und Sterne in der Kaſtaniengeſchichte) ſich und Kleinigkeiten
ſpielend und belächelnd groß darſtellt. Da die Laune, ungleich andern
Kräften, gerade mit den Jahren wächſt: ſo müßte Ihnen, dächt’ ich,
die Wiedereroberung jenes launigen Gebiets recht leicht werden. —
Übrigens wäre Ihren komiſchen Charakteren, ſo wie Hofmanns ſchauer- 20
lichen, mehr organiſche Feſtigkeit zu wünſchen. —
Nehmen Sie ſich nur mehr Zeit als Papier, anſtatt daß die meiſten
jetzigen Schriftſteller es umkehren und leichter und ſchneller Bände, als
ich Bogen, füllen.
Da ich mehr zu einem Danke als zu einem Urtheile Zeit und Ver- 25
bindlichkeit habe: ſo werden Sie die mangelhafte Kürze des letzten
gütig verzeihen. Mit Hochachtung und Liebe
Ihr
ergebenſter
Jean Paul Fr. Richter 30
382. An Kammerrat Miedel in Bayreuth.
Baireut d. 11. Jun. 1823
Ich wollte Ihnen heute, höchſtgeſchätzter H. Kammerrath, im Garten
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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955/236>, abgerufen am 16.02.2025.
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