Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955.

Bild:
<< vorherige Seite

Papieren lebendig sind, daß ich zu einem für Sie weiter nichts brauche
als -- Zeit.

Ich liebe Sie recht sehr und freue mich auf Ihre Briefe, so wie jetzt
noch besonders auf die neue Gestalt, die Katzenberger unter Ihren
Händen gewonnen. Leben Sie recht froh!5

Nachschrift.

In wie kurzer Zeit kann man von Dresden aus den Weg nach
Breslau machen? Bin ich wieder ein Revenant in Dresden: so könnt'
ich Ihnen allen noch leichter erscheinen als irgend ein Gespenst, so sehr
sehn' ich mich über Ihre lange Brücke zu gehen, die ich vor einigen Tagen10
in einem Panorama gesehen.

357. An Karl August Böttiger in Dresden.

Sie haben mir, verehrtester Herr Hofrath, durch Ihr schönes Blatt
-- ob es mich gleich weniger getroffen als das angepriesene -- eine15
desto größere Freude gemacht, da es mir in Baireut manches ersetzte,
was ich in Dresden entbehren mußte. -- An Ihrem Augenunglück hab'
ich dort mitten unter Freuden den schmerzlichsten Antheil genommen,
so wie jetzo einen desto freudigern an dem Zerrinnen dieser schwärzesten
Wolke für einen Mann, der sich durch kein Hören das Lesen ersetzen20
kann, da er, als der Einzige in der Gelehrtengeschichte, zwischen der
ältesten und der neuesten Welt hin und her fliegen muß, um die müh-
samsten Ernten, aus beiden zugleich, zu holen und zu geben.

In Dresden hab' ich so viele zu grüßen; aber ich nenne nur die Ihnen
benachbar[t]sten: Ammon, den mir so hülfreichen -- Schütz, den25
menschenfreundlichen mit seinem Freunde Raden -- Grafen Löwen-
stern
-- und ohnehin die Ihrigen. -- Leben Sie froh.

Ihr
Jean Paul Fr. Richter

N.S. Ich sehe, Nachschriften sind sogar den Männern nöthig. Ich30
habe meine herrliche Elisa v. d. Recke zu grüßen vergessen, die mir Gott
erhalte zum Wiedersehen; und dann hätt' ich auch früher an Ihr über-
aus niedliches und naives Sylvestergedicht denken sollen.

Papieren lebendig ſind, daß ich zu einem für Sie weiter nichts brauche
als — Zeit.

Ich liebe Sie recht ſehr und freue mich auf Ihre Briefe, ſo wie jetzt
noch beſonders auf die neue Geſtalt, die Katzenberger unter Ihren
Händen gewonnen. Leben Sie recht froh!5

Nachſchrift.

In wie kurzer Zeit kann man von Dresden aus den Weg nach
Breslau machen? Bin ich wieder ein Révenant in Dresden: ſo könnt’
ich Ihnen allen noch leichter erſcheinen als irgend ein Geſpenſt, ſo ſehr
ſehn’ ich mich über Ihre lange Brücke zu gehen, die ich vor einigen Tagen10
in einem Panorama geſehen.

357. An Karl Auguſt Böttiger in Dresden.

Sie haben mir, verehrteſter Herr Hofrath, durch Ihr ſchönes Blatt
— ob es mich gleich weniger getroffen als das angeprieſene — eine15
deſto größere Freude gemacht, da es mir in Baireut manches erſetzte,
was ich in Dresden entbehren mußte. — An Ihrem Augenunglück hab’
ich dort mitten unter Freuden den ſchmerzlichſten Antheil genommen,
ſo wie jetzo einen deſto freudigern an dem Zerrinnen dieſer ſchwärzeſten
Wolke für einen Mann, der ſich durch kein Hören das Leſen erſetzen20
kann, da er, als der Einzige in der Gelehrtengeſchichte, zwiſchen der
älteſten und der neueſten Welt hin und her fliegen muß, um die müh-
ſamſten Ernten, aus beiden zugleich, zu holen und zu geben.

In Dresden hab’ ich ſo viele zu grüßen; aber ich nenne nur die Ihnen
benachbar[t]ſten: Ammon, den mir ſo hülfreichen — Schütz, den25
menſchenfreundlichen mit ſeinem Freunde Raden — Grafen Löwen-
stern
— und ohnehin die Ihrigen. — Leben Sie froh.

Ihr
Jean Paul Fr. Richter

N.S. Ich ſehe, Nachſchriften ſind ſogar den Männern nöthig. Ich30
habe meine herrliche Eliſa v. d. Recke zu grüßen vergeſſen, die mir Gott
erhalte zum Wiederſehen; und dann hätt’ ich auch früher an Ihr über-
aus niedliches und naives Sylveſtergedicht denken ſollen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <p><pb facs="#f0223" n="214"/>
Papieren lebendig &#x017F;ind, daß ich zu einem für Sie weiter nichts brauche<lb/>
als &#x2014; Zeit.</p><lb/>
        <p>Ich liebe Sie recht &#x017F;ehr und freue mich auf Ihre Briefe, &#x017F;o wie jetzt<lb/>
noch be&#x017F;onders auf die neue Ge&#x017F;talt, die Katzenberger unter Ihren<lb/>
Händen gewonnen. Leben Sie recht froh!<lb n="5"/>
</p>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#g">Nach&#x017F;chrift.</hi> </head><lb/>
          <p>In wie kurzer Zeit kann man von Dresden aus den Weg nach<lb/>
Breslau machen? Bin ich wieder ein <hi rendition="#aq">Révenant</hi> in Dresden: &#x017F;o könnt&#x2019;<lb/>
ich Ihnen allen noch leichter er&#x017F;cheinen als irgend ein Ge&#x017F;pen&#x017F;t, &#x017F;o &#x017F;ehr<lb/>
&#x017F;ehn&#x2019; ich mich über Ihre lange Brücke zu gehen, die ich vor einigen Tagen<lb n="10"/>
in einem Panorama ge&#x017F;ehen.</p>
        </div>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>357. An <hi rendition="#g">Karl Augu&#x017F;t Böttiger in Dresden.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Baireut</hi> d. 1. Febr. 1823</hi> </dateline><lb/>
        <p>Sie haben mir, verehrte&#x017F;ter Herr Hofrath, durch Ihr &#x017F;chönes Blatt<lb/>
&#x2014; ob es mich gleich weniger getroffen als das angeprie&#x017F;ene &#x2014; eine<lb n="15"/>
de&#x017F;to größere Freude gemacht, da es mir in Baireut manches er&#x017F;etzte,<lb/>
was ich in Dresden entbehren mußte. &#x2014; An Ihrem Augenunglück hab&#x2019;<lb/>
ich dort mitten unter Freuden den &#x017F;chmerzlich&#x017F;ten Antheil genommen,<lb/>
&#x017F;o wie jetzo einen de&#x017F;to freudigern an dem Zerrinnen die&#x017F;er &#x017F;chwärze&#x017F;ten<lb/>
Wolke für einen Mann, der &#x017F;ich durch kein Hören das Le&#x017F;en er&#x017F;etzen<lb n="20"/>
kann, da er, als der <hi rendition="#g">Einzige</hi> in der Gelehrtenge&#x017F;chichte, zwi&#x017F;chen der<lb/>
älte&#x017F;ten und der neue&#x017F;ten Welt hin und her fliegen muß, um die müh-<lb/>
&#x017F;am&#x017F;ten Ernten, aus beiden zugleich, zu holen und zu geben.</p><lb/>
        <p>In Dresden hab&#x2019; ich &#x017F;o viele zu grüßen; aber ich nenne nur die Ihnen<lb/>
benachbar[t]&#x017F;ten: <hi rendition="#aq">Ammon,</hi> den mir &#x017F;o hülfreichen &#x2014; <hi rendition="#aq">Schütz,</hi> den<lb n="25"/>
men&#x017F;chenfreundlichen mit &#x017F;einem Freunde <hi rendition="#aq">Raden</hi> &#x2014; Grafen <hi rendition="#aq">Löwen-<lb/>
stern</hi> &#x2014; und ohnehin die Ihrigen. &#x2014; Leben Sie froh.</p><lb/>
        <closer>
          <salute> <hi rendition="#right">Ihr<lb/>
Jean Paul Fr. Richter</hi> </salute>
        </closer><lb/>
        <postscript>
          <p>N.S. Ich &#x017F;ehe, Nach&#x017F;chriften &#x017F;ind &#x017F;ogar den Männern nöthig. Ich<lb n="30"/>
habe meine herrliche Eli&#x017F;a v. d. Recke zu grüßen verge&#x017F;&#x017F;en, die mir Gott<lb/>
erhalte zum Wieder&#x017F;ehen; und dann hätt&#x2019; ich auch früher an Ihr über-<lb/>
aus niedliches und naives Sylve&#x017F;tergedicht denken &#x017F;ollen.</p>
        </postscript>
      </div><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[214/0223] Papieren lebendig ſind, daß ich zu einem für Sie weiter nichts brauche als — Zeit. Ich liebe Sie recht ſehr und freue mich auf Ihre Briefe, ſo wie jetzt noch beſonders auf die neue Geſtalt, die Katzenberger unter Ihren Händen gewonnen. Leben Sie recht froh! 5 Nachſchrift. In wie kurzer Zeit kann man von Dresden aus den Weg nach Breslau machen? Bin ich wieder ein Révenant in Dresden: ſo könnt’ ich Ihnen allen noch leichter erſcheinen als irgend ein Geſpenſt, ſo ſehr ſehn’ ich mich über Ihre lange Brücke zu gehen, die ich vor einigen Tagen 10 in einem Panorama geſehen. 357. An Karl Auguſt Böttiger in Dresden. Baireut d. 1. Febr. 1823 Sie haben mir, verehrteſter Herr Hofrath, durch Ihr ſchönes Blatt — ob es mich gleich weniger getroffen als das angeprieſene — eine 15 deſto größere Freude gemacht, da es mir in Baireut manches erſetzte, was ich in Dresden entbehren mußte. — An Ihrem Augenunglück hab’ ich dort mitten unter Freuden den ſchmerzlichſten Antheil genommen, ſo wie jetzo einen deſto freudigern an dem Zerrinnen dieſer ſchwärzeſten Wolke für einen Mann, der ſich durch kein Hören das Leſen erſetzen 20 kann, da er, als der Einzige in der Gelehrtengeſchichte, zwiſchen der älteſten und der neueſten Welt hin und her fliegen muß, um die müh- ſamſten Ernten, aus beiden zugleich, zu holen und zu geben. In Dresden hab’ ich ſo viele zu grüßen; aber ich nenne nur die Ihnen benachbar[t]ſten: Ammon, den mir ſo hülfreichen — Schütz, den 25 menſchenfreundlichen mit ſeinem Freunde Raden — Grafen Löwen- stern — und ohnehin die Ihrigen. — Leben Sie froh. Ihr Jean Paul Fr. Richter N.S. Ich ſehe, Nachſchriften ſind ſogar den Männern nöthig. Ich 30 habe meine herrliche Eliſa v. d. Recke zu grüßen vergeſſen, die mir Gott erhalte zum Wiederſehen; und dann hätt’ ich auch früher an Ihr über- aus niedliches und naives Sylveſtergedicht denken ſollen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:22:18Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:22:18Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955/223
Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955/223>, abgerufen am 02.05.2024.