Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955.

Bild:
<< vorherige Seite

Heere optisch in der Luft hangen bleiben; aber Ihnen bleibt doch das
Verdienst, offen und lichtvoll statt der Gespenster die Verfechter der-
selben bekämpft und geschlagen zu haben. -- Wir beide sind denn also
die einzigen Restanten aus der Schwarzenbacher Scherz- und Autor-
Union und Disunion; mögen Sie noch recht lange und recht heiter als5
Nachflor uns allen bleiben!

339. An Therese von Welden in Bayreuth.

An einem der schönsten Namenstage will ich Ihnen, verehrte heitere
Therese, für Vorgestern danken. Sie gaben mir lebendige Blumen, und
diese passen für einen alten Blumenstab -- ich aber send' Ihnen hier nur10
leblose seidne; denn die lebende Blüte kann sich schon mit diesen behelfen.
Nach den Orangeblüten sind mir die Mai- oder Wonnemondblumen
die liebsten, und daher bringt Ihnen meine Emma diese, obgleich an
Ihnen auch jede andere Blume eine Mai-Blume ist. So hab' ich
überhaupt Ihnen allen für botanische Geschenke zu danken; Ihren15
gütigen jüngern Schwestern für Beeren; und Ihrer herrlichen Mutter,
welche gern Geister sammelt, [für] die gestrige Sammlung von Thee-
stauden-, Zitronbaum-, Zuckerrohr- und Reis-Geistern, was man auf
Englisch Punsch nennt. Ja, damit gar nichts zu einem Garten fehle,
so singt noch -- wie vorgestern -- im Nebenzimmer die Nachtigall.20

Verzeihen Sie meine Blümchen und meine Worte!

Jean Paul
340. An Medizinalrat Dr. von Hirsch in Bayreuth.

Mit vielem Danke für Ihre freigebige Güte send' ich Ihnen hier25
drei Bücher zurück. Ihr Aufsatz in Nasse's Zeitschrift hat mich nicht blos
durch die freie weite Übersicht der Gegenstände, sondern auch durch
seinen poetischen Geist und durch Kenntnisse erfreut, welche man sonst
erst jenseits des ärztlichen Gebietes sucht. Für mich ist der psycho-
physiologische Zweig der Heilkunde fast der interessanteste; und ich30
bitte Sie daher um so viele Stücke der Zeitschrift als Sie mir gönnen
wollen. -- Hier leg' ich noch, um nicht ganz Schuldner zu bleiben, ein
Dedikazionexemplar des vortrefflichen Meckels bei.

Ihr ergebenster
Jean Paul Fr. Richter35

Heere optiſch in der Luft hangen bleiben; aber Ihnen bleibt doch das
Verdienſt, offen und lichtvoll ſtatt der Geſpenſter die Verfechter der-
ſelben bekämpft und geſchlagen zu haben. — Wir beide ſind denn alſo
die einzigen Reſtanten aus der Schwarzenbacher Scherz- und Autor-
Union und Disunion; mögen Sie noch recht lange und recht heiter als5
Nachflor uns allen bleiben!

339. An Thereſe von Welden in Bayreuth.

An einem der ſchönſten Namenstage will ich Ihnen, verehrte heitere
Therese, für Vorgeſtern danken. Sie gaben mir lebendige Blumen, und
dieſe paſſen für einen alten Blumenſtab — ich aber ſend’ Ihnen hier nur10
lebloſe ſeidne; denn die lebende Blüte kann ſich ſchon mit dieſen behelfen.
Nach den Orangeblüten ſind mir die Mai- oder Wonnemondblumen
die liebſten, und daher bringt Ihnen meine Emma dieſe, obgleich an
Ihnen auch jede andere Blume eine Mai-Blume iſt. So hab’ ich
überhaupt Ihnen allen für botaniſche Geſchenke zu danken; Ihren15
gütigen jüngern Schweſtern für Beeren; und Ihrer herrlichen Mutter,
welche gern Geiſter ſammelt, [für] die geſtrige Sammlung von Thee-
ſtauden-, Zitronbaum-, Zuckerrohr- und Reis-Geiſtern, was man auf
Engliſch Punsch nennt. Ja, damit gar nichts zu einem Garten fehle,
ſo ſingt noch — wie vorgeſtern — im Nebenzimmer die Nachtigall.20

Verzeihen Sie meine Blümchen und meine Worte!

Jean Paul
340. An Medizinalrat Dr. von Hirſch in Bayreuth.

Mit vielem Danke für Ihre freigebige Güte ſend’ ich Ihnen hier25
drei Bücher zurück. Ihr Aufſatz in Naſſe’s Zeitſchrift hat mich nicht blos
durch die freie weite Überſicht der Gegenſtände, ſondern auch durch
ſeinen poetiſchen Geiſt und durch Kenntniſſe erfreut, welche man ſonſt
erſt jenſeits des ärztlichen Gebietes ſucht. Für mich iſt der pſycho-
phyſiologiſche Zweig der Heilkunde faſt der intereſſanteſte; und ich30
bitte Sie daher um ſo viele Stücke der Zeitſchrift als Sie mir gönnen
wollen. — Hier leg’ ich noch, um nicht ganz Schuldner zu bleiben, ein
Dedikazionexemplar des vortrefflichen Meckels bei.

Ihr ergebenſter
Jean Paul Fr. Richter35
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <p><pb facs="#f0213" n="204"/>
Heere opti&#x017F;ch in der Luft hangen bleiben; aber Ihnen bleibt doch das<lb/>
Verdien&#x017F;t, offen und lichtvoll &#x017F;tatt der Ge&#x017F;pen&#x017F;ter die Verfechter der-<lb/>
&#x017F;elben bekämpft und ge&#x017F;chlagen zu haben. &#x2014; Wir beide &#x017F;ind denn al&#x017F;o<lb/>
die einzigen Re&#x017F;tanten aus der Schwarzenbacher Scherz- und Autor-<lb/>
Union und Disunion; mögen Sie noch recht lange und recht heiter als<lb n="5"/>
Nachflor uns allen bleiben!</p>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>339. An <hi rendition="#g">There&#x017F;e von Welden in Bayreuth.</hi></head><lb/>
        <p>An einem der &#x017F;chön&#x017F;ten Namenstage will ich Ihnen, verehrte heitere<lb/><hi rendition="#aq">Therese,</hi> für Vorge&#x017F;tern danken. Sie gaben mir lebendige Blumen, und<lb/>
die&#x017F;e pa&#x017F;&#x017F;en für einen alten Blumen&#x017F;tab &#x2014; ich aber &#x017F;end&#x2019; Ihnen hier nur<lb n="10"/>
leblo&#x017F;e &#x017F;eidne; denn die lebende Blüte kann &#x017F;ich &#x017F;chon mit die&#x017F;en behelfen.<lb/>
Nach den Orangeblüten &#x017F;ind mir die Mai- oder Wonnemondblumen<lb/>
die lieb&#x017F;ten, und daher bringt Ihnen meine <hi rendition="#aq">Emma</hi> die&#x017F;e, obgleich an<lb/>
Ihnen auch jede andere Blume eine <hi rendition="#g">Mai-</hi>Blume i&#x017F;t. So hab&#x2019; ich<lb/>
überhaupt Ihnen allen für botani&#x017F;che Ge&#x017F;chenke zu danken; Ihren<lb n="15"/>
gütigen jüngern Schwe&#x017F;tern für Beeren; und Ihrer herrlichen Mutter,<lb/>
welche gern Gei&#x017F;ter &#x017F;ammelt, [für] die ge&#x017F;trige Sammlung von Thee-<lb/>
&#x017F;tauden-, Zitronbaum-, Zuckerrohr- und Reis-Gei&#x017F;tern, was man auf<lb/>
Engli&#x017F;ch <hi rendition="#aq">Punsch</hi> nennt. Ja, damit gar nichts zu einem Garten fehle,<lb/>
&#x017F;o &#x017F;ingt noch &#x2014; wie vorge&#x017F;tern &#x2014; im Nebenzimmer die Nachtigall.<lb n="20"/>
</p>
        <p>Verzeihen Sie meine Blümchen und meine Worte!</p><lb/>
        <closer>
          <dateline> <hi rendition="#left"><hi rendition="#aq">Baireut</hi> d. 12. Okt. 1822</hi> </dateline>
          <salute> <hi rendition="#sameLine"> <hi rendition="#right"> <hi rendition="#aq">Jean Paul</hi> </hi> </hi> </salute>
        </closer>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>340. An <hi rendition="#g">Medizinalrat Dr. von Hir&#x017F;ch in Bayreuth.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Baireut</hi> d. 14. Okt. 1822</hi> </dateline><lb/>
        <p>Mit vielem Danke für Ihre freigebige Güte &#x017F;end&#x2019; ich Ihnen hier<lb n="25"/>
drei Bücher zurück. Ihr Auf&#x017F;atz in Na&#x017F;&#x017F;e&#x2019;s Zeit&#x017F;chrift hat mich nicht blos<lb/>
durch die freie weite Über&#x017F;icht der Gegen&#x017F;tände, &#x017F;ondern auch durch<lb/>
&#x017F;einen poeti&#x017F;chen Gei&#x017F;t und durch Kenntni&#x017F;&#x017F;e erfreut, welche man &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
er&#x017F;t jen&#x017F;eits des ärztlichen Gebietes &#x017F;ucht. Für mich i&#x017F;t der p&#x017F;ycho-<lb/>
phy&#x017F;iologi&#x017F;che Zweig der Heilkunde fa&#x017F;t der intere&#x017F;&#x017F;ante&#x017F;te; und ich<lb n="30"/>
bitte Sie daher um &#x017F;o viele Stücke der Zeit&#x017F;chrift als Sie mir gönnen<lb/>
wollen. &#x2014; Hier leg&#x2019; ich noch, um nicht ganz Schuldner zu bleiben, ein<lb/>
Dedikazionexemplar des vortrefflichen Meckels bei.</p><lb/>
        <closer>
          <salute> <hi rendition="#right">Ihr ergeben&#x017F;ter<lb/>
Jean Paul Fr. Richter<lb n="35"/>
</hi> </salute>
        </closer>
      </div><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[204/0213] Heere optiſch in der Luft hangen bleiben; aber Ihnen bleibt doch das Verdienſt, offen und lichtvoll ſtatt der Geſpenſter die Verfechter der- ſelben bekämpft und geſchlagen zu haben. — Wir beide ſind denn alſo die einzigen Reſtanten aus der Schwarzenbacher Scherz- und Autor- Union und Disunion; mögen Sie noch recht lange und recht heiter als 5 Nachflor uns allen bleiben! 339. An Thereſe von Welden in Bayreuth. An einem der ſchönſten Namenstage will ich Ihnen, verehrte heitere Therese, für Vorgeſtern danken. Sie gaben mir lebendige Blumen, und dieſe paſſen für einen alten Blumenſtab — ich aber ſend’ Ihnen hier nur 10 lebloſe ſeidne; denn die lebende Blüte kann ſich ſchon mit dieſen behelfen. Nach den Orangeblüten ſind mir die Mai- oder Wonnemondblumen die liebſten, und daher bringt Ihnen meine Emma dieſe, obgleich an Ihnen auch jede andere Blume eine Mai-Blume iſt. So hab’ ich überhaupt Ihnen allen für botaniſche Geſchenke zu danken; Ihren 15 gütigen jüngern Schweſtern für Beeren; und Ihrer herrlichen Mutter, welche gern Geiſter ſammelt, [für] die geſtrige Sammlung von Thee- ſtauden-, Zitronbaum-, Zuckerrohr- und Reis-Geiſtern, was man auf Engliſch Punsch nennt. Ja, damit gar nichts zu einem Garten fehle, ſo ſingt noch — wie vorgeſtern — im Nebenzimmer die Nachtigall. 20 Verzeihen Sie meine Blümchen und meine Worte! Baireut d. 12. Okt. 1822 Jean Paul 340. An Medizinalrat Dr. von Hirſch in Bayreuth. Baireut d. 14. Okt. 1822 Mit vielem Danke für Ihre freigebige Güte ſend’ ich Ihnen hier 25 drei Bücher zurück. Ihr Aufſatz in Naſſe’s Zeitſchrift hat mich nicht blos durch die freie weite Überſicht der Gegenſtände, ſondern auch durch ſeinen poetiſchen Geiſt und durch Kenntniſſe erfreut, welche man ſonſt erſt jenſeits des ärztlichen Gebietes ſucht. Für mich iſt der pſycho- phyſiologiſche Zweig der Heilkunde faſt der intereſſanteſte; und ich 30 bitte Sie daher um ſo viele Stücke der Zeitſchrift als Sie mir gönnen wollen. — Hier leg’ ich noch, um nicht ganz Schuldner zu bleiben, ein Dedikazionexemplar des vortrefflichen Meckels bei. Ihr ergebenſter Jean Paul Fr. Richter 35

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:22:18Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:22:18Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955/213
Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955/213>, abgerufen am 22.11.2024.