Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955.

Bild:
<< vorherige Seite
274. An Georg Reimer in Berlin.

Endlich, mein guter Reimer, hab' ich wieder Briefe an Sie zu
schreiben. Der dritte Band unsers Kometen, den mein langes und vom
Körper gestörtes Arbeiten nicht für die Oster-Messe vollenden konnte,5
kann nun zu Michaelis erscheinen; und 2/3 davon sind schon kopiert, so
daß Ende Maies er zur größern Hälfte in Heidelberg anlangen kann.
Sie können also auf der Messe die Vorkehrungen eines ungehinderten
Abdrucks treffen.

Vielleicht können Sie mir da auch die Velin-Freiexemplare meiner10
unsichtbaren Loge mobil machen, denen ich noch immer nur entgegen-
sehe.

Wie bei den vorigen Kometenbänden werd' ich Sie denn um einen
Theil des Honorars nach der Ankunft des Manuskripts in Heidelberg
ersuchen.15

Wie fließt oder wie stürzt Ihr politisches Leben und Ihr häusliches?
Ich habe in meinem 59ten Jahre im September doch noch etwas Neues
erlebt -- und dieß war ein Schmerz -- den Tod meines 18jährigen
einzigen Sohns, an Geist und Liebe und Kenntnis und Herz mein
Ideal. Nun wird mir das Schreiben viel leichter als das Leben und ich20
muß denn so fortbluten bis ans Ende.

Nie geh' es Ihnen so!

Ihr
liebender
Jean Paul Fr. Richter25
275. An Emanuel.

Guten Morgen, mein Emanuel! So sind denn Ihre Osterfeiertage
vorbeigegangen und -- Sie auch, aber nicht herein zu mir. Beim
Himmel! man sieht sich zu selten. -- Meinem Körper geht es durch meine30
Künste besser. -- Können Sie mir heute nicht acht leere Krüge oder im
Nothfall Flaschen zum Bierauffüllen leihen? -- In acht Tagen sollen
sie wieder leer sein und zurück kehren. Wollt ich freilich auf Ihre Unter-
stützung dabei warten, wären 8 Monate nöthig. Mein ganzer Keller
steht voll Wein.35

11*
274. An Georg Reimer in Berlin.

Endlich, mein guter Reimer, hab’ ich wieder Briefe an Sie zu
ſchreiben. Der dritte Band unſers Kometen, den mein langes und vom
Körper geſtörtes Arbeiten nicht für die Oſter-Meſſe vollenden konnte,5
kann nun zu Michaelis erſcheinen; und 2/3 davon ſind ſchon kopiert, ſo
daß Ende Maies er zur größern Hälfte in Heidelberg anlangen kann.
Sie können alſo auf der Meſſe die Vorkehrungen eines ungehinderten
Abdrucks treffen.

Vielleicht können Sie mir da auch die Velin-Freiexemplare meiner10
unſichtbaren Loge mobil machen, denen ich noch immer nur entgegen-
ſehe.

Wie bei den vorigen Kometenbänden werd’ ich Sie denn um einen
Theil des Honorars nach der Ankunft des Manuſkripts in Heidelberg
erſuchen.15

Wie fließt oder wie ſtürzt Ihr politiſches Leben und Ihr häusliches?
Ich habe in meinem 59ten Jahre im September doch noch etwas Neues
erlebt — und dieß war ein Schmerz — den Tod meines 18jährigen
einzigen Sohns, an Geiſt und Liebe und Kenntnis und Herz mein
Ideal. Nun wird mir das Schreiben viel leichter als das Leben und ich20
muß denn ſo fortbluten bis ans Ende.

Nie geh’ es Ihnen ſo!

Ihr
liebender
Jean Paul Fr. Richter25
275. An Emanuel.

Guten Morgen, mein Emanuel! So ſind denn Ihre Oſterfeiertage
vorbeigegangen und — Sie auch, aber nicht herein zu mir. Beim
Himmel! man ſieht ſich zu ſelten. — Meinem Körper geht es durch meine30
Künſte beſſer. — Können Sie mir heute nicht acht leere Krüge oder im
Nothfall Flaſchen zum Bierauffüllen leihen? — In acht Tagen ſollen
ſie wieder leer ſein und zurück kehren. Wollt ich freilich auf Ihre Unter-
ſtützung dabei warten, wären 8 Monate nöthig. Mein ganzer Keller
ſteht voll Wein.35

11*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0170" n="163"/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>274. An <hi rendition="#g">Georg Reimer in Berlin.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Baireut</hi> d. 12. Apr. 1822</hi> </dateline><lb/>
        <p>Endlich, mein guter Reimer, hab&#x2019; ich wieder Briefe an Sie zu<lb/>
&#x017F;chreiben. Der dritte Band un&#x017F;ers Kometen, den mein langes und vom<lb/>
Körper ge&#x017F;törtes Arbeiten nicht für die O&#x017F;ter-Me&#x017F;&#x017F;e vollenden konnte,<lb n="5"/>
kann nun zu Michaelis er&#x017F;cheinen; und 2/3 davon &#x017F;ind &#x017F;chon kopiert, &#x017F;o<lb/>
daß Ende Maies er zur größern Hälfte in <hi rendition="#aq">Heidelberg</hi> anlangen kann.<lb/>
Sie können al&#x017F;o auf der Me&#x017F;&#x017F;e die Vorkehrungen eines ungehinderten<lb/>
Abdrucks treffen.</p><lb/>
        <p>Vielleicht können Sie mir da auch die <hi rendition="#aq">Velin</hi>-Freiexemplare meiner<lb n="10"/>
un&#x017F;ichtbaren Loge mobil machen, denen ich noch immer nur entgegen-<lb/>
&#x017F;ehe.</p><lb/>
        <p>Wie bei den vorigen Kometenbänden werd&#x2019; ich Sie denn um einen<lb/>
Theil des Honorars nach der Ankunft des Manu&#x017F;kripts in <hi rendition="#aq">Heidelberg</hi><lb/>
er&#x017F;uchen.<lb n="15"/>
</p>
        <p>Wie fließt oder wie &#x017F;türzt Ihr politi&#x017F;ches Leben und Ihr häusliches?<lb/>
Ich habe in meinem 59<hi rendition="#sup">ten</hi> Jahre im September doch noch etwas Neues<lb/>
erlebt &#x2014; und dieß war ein Schmerz &#x2014; den Tod meines 18jährigen<lb/>
einzigen Sohns, an Gei&#x017F;t und Liebe und Kenntnis und Herz mein<lb/>
Ideal. Nun wird mir das Schreiben viel leichter als das Leben und ich<lb n="20"/>
muß denn &#x017F;o fortbluten bis ans Ende.</p><lb/>
        <p>Nie geh&#x2019; es Ihnen &#x017F;o!</p><lb/>
        <closer>
          <salute> <hi rendition="#right">Ihr<lb/>
liebender<lb/>
Jean Paul Fr. Richter<lb n="25"/>
</hi> </salute>
        </closer>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>275. An <hi rendition="#g">Emanuel.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right">[Bayreuth, 19. April 1822]</hi> </dateline><lb/>
        <p>Guten Morgen, mein <hi rendition="#aq">Emanuel!</hi> So &#x017F;ind denn Ihre O&#x017F;terfeiertage<lb/>
vorbeigegangen und &#x2014; Sie auch, aber nicht herein zu mir. Beim<lb/>
Himmel! man &#x017F;ieht &#x017F;ich zu &#x017F;elten. &#x2014; Meinem Körper geht es durch meine<lb n="30"/>
Kün&#x017F;te be&#x017F;&#x017F;er. &#x2014; Können Sie mir heute nicht acht leere Krüge oder im<lb/>
Nothfall Fla&#x017F;chen zum Bierauffüllen leihen? &#x2014; In acht Tagen &#x017F;ollen<lb/>
&#x017F;ie wieder leer &#x017F;ein und zurück kehren. Wollt ich freilich auf Ihre Unter-<lb/>
&#x017F;tützung dabei warten, wären 8 Monate nöthig. Mein ganzer Keller<lb/>
&#x017F;teht voll Wein.<lb n="35"/>
</p>
      </div><lb/>
      <fw place="bottom" type="sig">11*</fw><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[163/0170] 274. An Georg Reimer in Berlin. Baireut d. 12. Apr. 1822 Endlich, mein guter Reimer, hab’ ich wieder Briefe an Sie zu ſchreiben. Der dritte Band unſers Kometen, den mein langes und vom Körper geſtörtes Arbeiten nicht für die Oſter-Meſſe vollenden konnte, 5 kann nun zu Michaelis erſcheinen; und 2/3 davon ſind ſchon kopiert, ſo daß Ende Maies er zur größern Hälfte in Heidelberg anlangen kann. Sie können alſo auf der Meſſe die Vorkehrungen eines ungehinderten Abdrucks treffen. Vielleicht können Sie mir da auch die Velin-Freiexemplare meiner 10 unſichtbaren Loge mobil machen, denen ich noch immer nur entgegen- ſehe. Wie bei den vorigen Kometenbänden werd’ ich Sie denn um einen Theil des Honorars nach der Ankunft des Manuſkripts in Heidelberg erſuchen. 15 Wie fließt oder wie ſtürzt Ihr politiſches Leben und Ihr häusliches? Ich habe in meinem 59ten Jahre im September doch noch etwas Neues erlebt — und dieß war ein Schmerz — den Tod meines 18jährigen einzigen Sohns, an Geiſt und Liebe und Kenntnis und Herz mein Ideal. Nun wird mir das Schreiben viel leichter als das Leben und ich 20 muß denn ſo fortbluten bis ans Ende. Nie geh’ es Ihnen ſo! Ihr liebender Jean Paul Fr. Richter 25 275. An Emanuel. [Bayreuth, 19. April 1822] Guten Morgen, mein Emanuel! So ſind denn Ihre Oſterfeiertage vorbeigegangen und — Sie auch, aber nicht herein zu mir. Beim Himmel! man ſieht ſich zu ſelten. — Meinem Körper geht es durch meine 30 Künſte beſſer. — Können Sie mir heute nicht acht leere Krüge oder im Nothfall Flaſchen zum Bierauffüllen leihen? — In acht Tagen ſollen ſie wieder leer ſein und zurück kehren. Wollt ich freilich auf Ihre Unter- ſtützung dabei warten, wären 8 Monate nöthig. Mein ganzer Keller ſteht voll Wein. 35 11*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:22:18Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:22:18Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955/170
Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955/170>, abgerufen am 25.11.2024.