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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955.

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meine Bitten und Ihre Wünsche zwar für diesen Winter erfüllt, aber
auf eine andere Weise. Unter Ihren von mir versuchten Weinen sagt
mir nämlich der aus Frankfurt gesandte Probe-Barsac, die Flasche zu
1 fl., Oxhoft zu 180 fl., allein zu, nicht blos durch Stärke, denn diese
ließe sich durch Menge ersetzen, sondern durch die wohlthätigste Wirkung5
auf mein Nervensystem.

Ich bitte Sie daher, auf dem kürzesten Wege mir ein halbes
Oxhoft dieses Weins von demselben Jahr und Werth gütig zu
senden. Nach meiner Wetterkunde gibt der gelinde Winter allen Weinen
völlige Durchgangs-Gerechtigkeit durch sich.10

Leider thaten schon die ersten Gläser aus dem übersandten Sauterne-
Faß noch schlimmere Wirkung als der vorige, sonst so geistreiche
Sauterne; -- Nervenschwindel, Aussetzen des Pulses und Erhitzung des
Kopfes noch am Abende (denn ich trinke nur Vormittags zum Schreiben
Wein) erlaubten mir nur eine halbe Bouteille, deren zweite Hälfte aber15
auf einen Freund von mir rein und erheiternd wirkte. Weder Stärke,
noch Schwäche sind hier Schuldige; denn Ihr starker Barsac zu 1 fl. ist
mein Freund und Arzt und Ihr Frankfurter Probe-Sauterne von 1814
zu 48 kr. gerade das Gegentheil, und so der Preignac zu 1 fl. Ihr
Bremer Graves-Wein von 1818 hingegen wirkt wieder viel besser. -- --20
Sie sind so geplagt mit mir, als wären Sie mein Hausarzt; -- und der
sind Sie auch als Kellerarzt; denn ich gebrauchte nie einen andern Arzt
als mich selber.

Sie werden mir nun schreiben, wie ich das jetzo ausruhende Faß --
welches mit dem Kistchen 16 fl. 3 kr. Mauth und 32 fl. 24 kr. Fracht25
gekostet -- durch Nachfüllen (vorigen Sauterne hab' ich noch) soll
behandeln lassen. Noch zweifle ich, hier, wo man französische Weine
nicht zu schätzen weiß und daher nur wenige und nur schlechte hat -- einen
Käufer dafür zu finden. Ihr Wein wird nicht so sorgfältig behandelt
werden wie meiner, sondern, da er der Ihrige ist, noch besser. Wegen der30
Nähe des Absendortes hab' ich die Frankfurter Proben mehr gekostet
als die Bremer; für den Frühling bleibt ja noch die Wahl aus diesen
übrig.

Möge nur der treffliche Barsac in seiner reinen Güte -- ohne be-
sonderes Faßschwefeln, das meinem eigensinnigen Nervensysteme zu-35
wider ist -- anlangen können! Einem so theilnehmenden Manne wie
Sie darf ich es wol in einem Geschäftbriefe schon sagen, daß mein

meine Bitten und Ihre Wünſche zwar für dieſen Winter erfüllt, aber
auf eine andere Weiſe. Unter Ihren von mir verſuchten Weinen ſagt
mir nämlich der aus Frankfurt geſandte Probe-Barsac, die Flaſche zu
1 fl., Oxhoft zu 180 fl., allein zu, nicht blos durch Stärke, denn dieſe
ließe ſich durch Menge erſetzen, ſondern durch die wohlthätigſte Wirkung5
auf mein Nervenſyſtem.

Ich bitte Sie daher, auf dem kürzeſten Wege mir ein halbes
Oxhoft dieſes Weins von demſelben Jahr und Werth gütig zu
ſenden. Nach meiner Wetterkunde gibt der gelinde Winter allen Weinen
völlige Durchgangs-Gerechtigkeit durch ſich.10

Leider thaten ſchon die erſten Gläſer aus dem überſandten Sauterne-
Faß noch ſchlimmere Wirkung als der vorige, ſonſt ſo geiſtreiche
Sauterne; — Nervenſchwindel, Ausſetzen des Pulſes und Erhitzung des
Kopfes noch am Abende (denn ich trinke nur Vormittags zum Schreiben
Wein) erlaubten mir nur eine halbe Bouteille, deren zweite Hälfte aber15
auf einen Freund von mir rein und erheiternd wirkte. Weder Stärke,
noch Schwäche ſind hier Schuldige; denn Ihr ſtarker Barsac zu 1 fl. iſt
mein Freund und Arzt und Ihr Frankfurter Probe-Sauterne von 1814
zu 48 kr. gerade das Gegentheil, und ſo der Preignac zu 1 fl. Ihr
Bremer Graves-Wein von 1818 hingegen wirkt wieder viel beſſer. — —20
Sie ſind ſo geplagt mit mir, als wären Sie mein Hausarzt; — und der
ſind Sie auch als Kellerarzt; denn ich gebrauchte nie einen andern Arzt
als mich ſelber.

Sie werden mir nun ſchreiben, wie ich das jetzo ausruhende Faß —
welches mit dem Kiſtchen 16 fl. 3 kr. Mauth und 32 fl. 24 kr. Fracht25
gekoſtet — durch Nachfüllen (vorigen Sauterne hab’ ich noch) ſoll
behandeln laſſen. Noch zweifle ich, hier, wo man franzöſiſche Weine
nicht zu ſchätzen weiß und daher nur wenige und nur ſchlechte hat — einen
Käufer dafür zu finden. Ihr Wein wird nicht ſo ſorgfältig behandelt
werden wie meiner, ſondern, da er der Ihrige iſt, noch beſſer. Wegen der30
Nähe des Abſendortes hab’ ich die Frankfurter Proben mehr gekoſtet
als die Bremer; für den Frühling bleibt ja noch die Wahl aus dieſen
übrig.

Möge nur der treffliche Barsac in ſeiner reinen Güte — ohne be-
ſonderes Faßſchwefeln, das meinem eigenſinnigen Nervenſyſteme zu-35
wider iſt — anlangen können! Einem ſo theilnehmenden Manne wie
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[142/0149] meine Bitten und Ihre Wünſche zwar für dieſen Winter erfüllt, aber auf eine andere Weiſe. Unter Ihren von mir verſuchten Weinen ſagt mir nämlich der aus Frankfurt geſandte Probe-Barsac, die Flaſche zu 1 fl., Oxhoft zu 180 fl., allein zu, nicht blos durch Stärke, denn dieſe ließe ſich durch Menge erſetzen, ſondern durch die wohlthätigſte Wirkung 5 auf mein Nervenſyſtem. Ich bitte Sie daher, auf dem kürzeſten Wege mir ein halbes Oxhoft dieſes Weins von demſelben Jahr und Werth gütig zu ſenden. Nach meiner Wetterkunde gibt der gelinde Winter allen Weinen völlige Durchgangs-Gerechtigkeit durch ſich. 10 Leider thaten ſchon die erſten Gläſer aus dem überſandten Sauterne- Faß noch ſchlimmere Wirkung als der vorige, ſonſt ſo geiſtreiche Sauterne; — Nervenſchwindel, Ausſetzen des Pulſes und Erhitzung des Kopfes noch am Abende (denn ich trinke nur Vormittags zum Schreiben Wein) erlaubten mir nur eine halbe Bouteille, deren zweite Hälfte aber 15 auf einen Freund von mir rein und erheiternd wirkte. Weder Stärke, noch Schwäche ſind hier Schuldige; denn Ihr ſtarker Barsac zu 1 fl. iſt mein Freund und Arzt und Ihr Frankfurter Probe-Sauterne von 1814 zu 48 kr. gerade das Gegentheil, und ſo der Preignac zu 1 fl. Ihr Bremer Graves-Wein von 1818 hingegen wirkt wieder viel beſſer. — — 20 Sie ſind ſo geplagt mit mir, als wären Sie mein Hausarzt; — und der ſind Sie auch als Kellerarzt; denn ich gebrauchte nie einen andern Arzt als mich ſelber. Sie werden mir nun ſchreiben, wie ich das jetzo ausruhende Faß — welches mit dem Kiſtchen 16 fl. 3 kr. Mauth und 32 fl. 24 kr. Fracht 25 gekoſtet — durch Nachfüllen (vorigen Sauterne hab’ ich noch) ſoll behandeln laſſen. Noch zweifle ich, hier, wo man franzöſiſche Weine nicht zu ſchätzen weiß und daher nur wenige und nur ſchlechte hat — einen Käufer dafür zu finden. Ihr Wein wird nicht ſo ſorgfältig behandelt werden wie meiner, ſondern, da er der Ihrige iſt, noch beſſer. Wegen der 30 Nähe des Abſendortes hab’ ich die Frankfurter Proben mehr gekoſtet als die Bremer; für den Frühling bleibt ja noch die Wahl aus dieſen übrig. Möge nur der treffliche Barsac in ſeiner reinen Güte — ohne be- ſonderes Faßſchwefeln, das meinem eigenſinnigen Nervenſyſteme zu- 35 wider iſt — anlangen können! Einem ſo theilnehmenden Manne wie Sie darf ich es wol in einem Geſchäftbriefe ſchon ſagen, daß mein

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:22:18Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:22:18Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955/149>, abgerufen am 22.11.2024.