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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954.

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582. An Auguste Schlichtegroll in München.
[Kopie]

-- sein äußerlich sporn loser und innerlich zügel loser Fleiß ist
dieses Lohnes werth, so wie seine schöne Zukunft mir gewiß ...
Jetzo muß der Vater, dem Sie immer so viel gewesen, Sie bitten,5
daß Sie nur 1 Woche lang die Mutter seines Sohnes werden. --
Bücherkasten h[eilige] Bundeslade seines Lebens. -- Überall sollen
Sie seine ökonomische Pythia sein, wenn Sie anders seinetwegen
sich niederlassen wollen auf dem Dreifuß. Denn ob er gleich so
glücklich ist, daß seine Jugend in Rücksicht des Geldes sich zu meiner10
verhält wie das Unendliche zum Endlichen, indem er wenig hat,
ich aber gar nichts hatte: so ist doch auch Wenig nicht unerschöpflich
sondern will zu Rath gehalten sein ... Und im künftigen Jahre sag'
ich Ihnen -- ohne alle Zwischenwände von Postpapier und Post-
strassen -- den Dank unmittelbar an Ihr Herz, das noch gewiß in15
der alten Wärme für mich schlagen wird ... Die Vaterliebe, die
sich jetzo selber mit einigem Schmerz fühlt, nun fängt die Zeit der
Trennungen in der Ehe an; das Weggehen des ersten Kindes ist
das erste Sterben in ihr, dann kommt ein Sterben nach dem andern
bis zum letzten.20

583. Ins Stammbuch des Grafen von Medem.
[Kopie]

Um das Leben ohne Gier und ohne Angst zu genießen, muß man
sich das Ziel nicht wie ein Weltumsegler in Zeit- und Raumferne
setzen, sondern man muß wie ein Spaziergänger eines in jeder Nähe25
finden. Komme jeden Tag an und reise jeden Tag ab: so feierst du
unzählige Feste der Ankunft, und dein Herz lebte immer im Bestreben
und im Erreichen zugleich, denn die Bahn zum Ziele bestand aus
lauter kleineren Zielen.30

*584. An Heinrich Voß in Heidelberg.

Mein Heinrich! Ob mir gleich in einigen Tagen Miedel ein
Blättchen von dir bringen wird: so muß doch dieses früher fort.

20*
582. An Auguſte Schlichtegroll in München.
[Kopie]

— ſein äußerlich ſporn loſer und innerlich zügel loſer Fleiß iſt
dieſes Lohnes werth, ſo wie ſeine ſchöne Zukunft mir gewiß ...
Jetzo muß der Vater, dem Sie immer ſo viel geweſen, Sie bitten,5
daß Sie nur 1 Woche lang die Mutter ſeines Sohnes werden. —
Bücherkaſten h[eilige] Bundeslade ſeines Lebens. — Überall ſollen
Sie ſeine ökonomiſche Pythia ſein, wenn Sie anders ſeinetwegen
ſich niederlaſſen wollen auf dem Dreifuß. Denn ob er gleich ſo
glücklich iſt, daß ſeine Jugend in Rückſicht des Geldes ſich zu meiner10
verhält wie das Unendliche zum Endlichen, indem er wenig hat,
ich aber gar nichts hatte: ſo iſt doch auch Wenig nicht unerſchöpflich
ſondern will zu Rath gehalten ſein ... Und im künftigen Jahre ſag’
ich Ihnen — ohne alle Zwiſchenwände von Poſtpapier und Poſt-
ſtraſſen — den Dank unmittelbar an Ihr Herz, das noch gewiß in15
der alten Wärme für mich ſchlagen wird ... Die Vaterliebe, die
ſich jetzo ſelber mit einigem Schmerz fühlt, nun fängt die Zeit der
Trennungen in der Ehe an; das Weggehen des erſten Kindes iſt
das erſte Sterben in ihr, dann kommt ein Sterben nach dem andern
bis zum letzten.20

583. Ins Stammbuch des Grafen von Medem.
[Kopie]

Um das Leben ohne Gier und ohne Angſt zu genießen, muß man
ſich das Ziel nicht wie ein Weltumſegler in Zeit- und Raumferne
ſetzen, ſondern man muß wie ein Spaziergänger eines in jeder Nähe25
finden. Komme jeden Tag an und reiſe jeden Tag ab: ſo feierſt du
unzählige Feſte der Ankunft, und dein Herz lebte immer im Beſtreben
und im Erreichen zugleich, denn die Bahn zum Ziele beſtand aus
lauter kleineren Zielen.30

*584. An Heinrich Voß in Heidelberg.

Mein Heinrich! Ob mir gleich in einigen Tagen Miedel ein
Blättchen von dir bringen wird: ſo muß doch dieſes früher fort.

20*
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[307/0319] 582. An Auguſte Schlichtegroll in München. [Bayreuth, 10. Okt. 1819] — ſein äußerlich ſporn loſer und innerlich zügel loſer Fleiß iſt dieſes Lohnes werth, ſo wie ſeine ſchöne Zukunft mir gewiß ... Jetzo muß der Vater, dem Sie immer ſo viel geweſen, Sie bitten, 5 daß Sie nur 1 Woche lang die Mutter ſeines Sohnes werden. — Bücherkaſten h[eilige] Bundeslade ſeines Lebens. — Überall ſollen Sie ſeine ökonomiſche Pythia ſein, wenn Sie anders ſeinetwegen ſich niederlaſſen wollen auf dem Dreifuß. Denn ob er gleich ſo glücklich iſt, daß ſeine Jugend in Rückſicht des Geldes ſich zu meiner 10 verhält wie das Unendliche zum Endlichen, indem er wenig hat, ich aber gar nichts hatte: ſo iſt doch auch Wenig nicht unerſchöpflich ſondern will zu Rath gehalten ſein ... Und im künftigen Jahre ſag’ ich Ihnen — ohne alle Zwiſchenwände von Poſtpapier und Poſt- ſtraſſen — den Dank unmittelbar an Ihr Herz, das noch gewiß in 15 der alten Wärme für mich ſchlagen wird ... Die Vaterliebe, die ſich jetzo ſelber mit einigem Schmerz fühlt, nun fängt die Zeit der Trennungen in der Ehe an; das Weggehen des erſten Kindes iſt das erſte Sterben in ihr, dann kommt ein Sterben nach dem andern bis zum letzten. 20 583. Ins Stammbuch des Grafen von Medem. [Bayreuth, Okt. 1819] Um das Leben ohne Gier und ohne Angſt zu genießen, muß man ſich das Ziel nicht wie ein Weltumſegler in Zeit- und Raumferne ſetzen, ſondern man muß wie ein Spaziergänger eines in jeder Nähe 25 finden. Komme jeden Tag an und reiſe jeden Tag ab: ſo feierſt du unzählige Feſte der Ankunft, und dein Herz lebte immer im Beſtreben und im Erreichen zugleich, denn die Bahn zum Ziele beſtand aus lauter kleineren Zielen. 30 *584. An Heinrich Voß in Heidelberg. Schon wieder eilig.Baireut d. 12ten Okt. 1819 Mein Heinrich! Ob mir gleich in einigen Tagen Miedel ein Blättchen von dir bringen wird: ſo muß doch dieſes früher fort. 20*

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:19:52Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:19:52Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe07_1954/319>, abgerufen am 24.11.2024.