Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954.

Bild:
<< vorherige Seite
504. An Emanuel.

Dintenverbesserer-Anstalt.

1. Man werfe eine Handvoll Salz in den alten Topf --
2. -- stelle ihn an einen mäßig-warmen Ort --5
3. -- rühre ihn immer nach 4, oder 8 Tagen um, damit sich alles
mehr auflöse --
4. -- schüttle ihn aber nicht blos, weil es wenig hilft --
5. -- gieße davon ohne Schütteln (denn sonst schreibt man mit
schwarzem Puder) in das Dintenfaß --10
6. -- durch langes Offenstehen vor der Luft verdickt und schwärzt
sich ohnehin die Dinte --
7. -- rühre auch aus dem Dintenfaß nicht das Bodenpulver herauf,
schon aus der § 5 angemerkten Ursache --
8. -- Und dann schreibe man an mich --15
9. Ja, sollte alles zu allem fehlen, so bitte man mich mit
elender Dinte um ein kleines Geschenk ganz herrlicher --
10. Und dann wird sich jeder wundern, der sie lieset.

Guten Morgen!

R.
505. An Emanuel.20

Guten Morgen, mein Emanuel! -- Auch der wieder? Wenn ich
mich umsehe nach allen denen, die schon hinter mir liegen: wahrlich
so wundere ich mich, daß ich noch stehe -- Das gehört auch mit zum
himmlischen Glücke der Jugend, so wenige Verstorbne gekannt zu25
haben. -- Albrecht Otto hat recht würdig geschrieben; aber warum
muß sich einer, der sich selber geadelt hat, leider noch von einer
Kanzlei adeln lassen?

Ich grüße alle Ihre Lieben. R.
506. An Emanuel.30

Guten Morgen, mein guter Emanuel! Hier send' ich Ihnen
sogleich den schönen Brief der verwaiseten Tochter. Wie kann man
aber ein weinendes Herz mit einer so zierlichen Hand ausdrücken?

504. An Emanuel.

Dintenverbeſſerer-Anſtalt.

1. Man werfe eine Handvoll Salz in den alten Topf —
2. — ſtelle ihn an einen mäßig-warmen Ort —5
3. — rühre ihn immer nach 4, oder 8 Tagen um, damit ſich alles
mehr auflöſe —
4. — ſchüttle ihn aber nicht blos, weil es wenig hilft —
5. — gieße davon ohne Schütteln (denn ſonſt ſchreibt man mit
ſchwarzem Puder) in das Dintenfaß —10
6. — durch langes Offenſtehen vor der Luft verdickt und ſchwärzt
ſich ohnehin die Dinte —
7. — rühre auch aus dem Dintenfaß nicht das Bodenpulver herauf,
ſchon aus der § 5 angemerkten Urſache —
8. — Und dann ſchreibe man an mich —15
9. Ja, ſollte alles zu allem fehlen, ſo bitte man mich mit
elender Dinte um ein kleines Geſchenk ganz herrlicher —
10. Und dann wird ſich jeder wundern, der ſie lieſet.

Guten Morgen!

R.
505. An Emanuel.20

Guten Morgen, mein Emanuel! — Auch der wieder? Wenn ich
mich umſehe nach allen denen, die ſchon hinter mir liegen: wahrlich
ſo wundere ich mich, daß ich noch ſtehe — Das gehört auch mit zum
himmliſchen Glücke der Jugend, ſo wenige Verſtorbne gekannt zu25
haben. — Albrecht Otto hat recht würdig geſchrieben; aber warum
muß ſich einer, der ſich ſelber geadelt hat, leider noch von einer
Kanzlei adeln laſſen?

Ich grüße alle Ihre Lieben. R.
506. An Emanuel.30

Guten Morgen, mein guter Emanuel! Hier ſend’ ich Ihnen
ſogleich den ſchönen Brief der verwaiſeten Tochter. Wie kann man
aber ein weinendes Herz mit einer ſo zierlichen Hand ausdrücken?

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0261" n="254"/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>504. An <hi rendition="#g">Emanuel.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right">[Bayreuth, 1. Febr. 1819]</hi> </dateline><lb/>
        <p> <hi rendition="#c">Dintenverbe&#x017F;&#x017F;erer-An&#x017F;talt.</hi> </p><lb/>
        <list>
          <item>1. Man werfe eine Handvoll Salz in den alten Topf &#x2014;</item><lb/>
          <item>2. &#x2014; &#x017F;telle ihn an einen mäßig-warmen Ort &#x2014;<lb n="5"/>
</item>
          <item>3. &#x2014; rühre ihn immer nach 4, oder 8 Tagen um, damit &#x017F;ich alles<lb/>
mehr auflö&#x017F;e &#x2014;</item><lb/>
          <item>4. &#x2014; &#x017F;chüttle ihn aber nicht blos, weil es wenig hilft &#x2014;</item><lb/>
          <item>5. &#x2014; gieße davon ohne Schütteln (denn &#x017F;on&#x017F;t &#x017F;chreibt man mit<lb/>
&#x017F;chwarzem Puder) in das Dintenfaß &#x2014;<lb n="10"/>
</item>
          <item>6. &#x2014; durch langes Offen&#x017F;tehen vor der Luft verdickt und &#x017F;chwärzt<lb/>
&#x017F;ich ohnehin die Dinte &#x2014;</item><lb/>
          <item>7. &#x2014; rühre auch aus dem Dintenfaß nicht das Bodenpulver herauf,<lb/>
&#x017F;chon aus der § 5 angemerkten Ur&#x017F;ache &#x2014;</item><lb/>
          <item>8. &#x2014; Und dann &#x017F;chreibe man an mich &#x2014;<lb n="15"/>
</item>
          <item>9. Ja, &#x017F;ollte alles zu allem fehlen, &#x017F;o bitte man mich mit<lb/>
elender Dinte um ein kleines Ge&#x017F;chenk ganz herrlicher &#x2014;</item><lb/>
          <item>10. Und dann wird &#x017F;ich jeder wundern, der &#x017F;ie lie&#x017F;et.</item>
        </list><lb/>
        <p>Guten Morgen!</p>
        <closer>
          <salute> <hi rendition="#right">R.</hi> </salute>
        </closer>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>505. An <hi rendition="#g">Emanuel.</hi><lb n="20"/>
</head>
        <dateline> <hi rendition="#right">[Bayreuth, 3. Febr. 1819]</hi> </dateline><lb/>
        <p>Guten Morgen, mein <hi rendition="#aq">Emanuel!</hi> &#x2014; Auch der wieder? Wenn ich<lb/>
mich um&#x017F;ehe nach allen denen, die &#x017F;chon hinter mir <hi rendition="#g">liegen:</hi> wahrlich<lb/>
&#x017F;o wundere ich mich, daß ich noch &#x017F;tehe &#x2014; Das gehört auch mit zum<lb/>
himmli&#x017F;chen Glücke der Jugend, &#x017F;o wenige Ver&#x017F;torbne gekannt zu<lb n="25"/>
haben. &#x2014; Albrecht Otto hat recht würdig ge&#x017F;chrieben; aber warum<lb/>
muß &#x017F;ich einer, der &#x017F;ich &#x017F;elber geadelt hat, leider noch von einer<lb/>
Kanzlei adeln la&#x017F;&#x017F;en?</p><lb/>
        <closer>
          <salute>Ich grüße alle Ihre Lieben. <hi rendition="#et">R.</hi></salute>
        </closer>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>506. An <hi rendition="#g">Emanuel.</hi><lb n="30"/>
</head>
        <dateline> <hi rendition="#right">[Bayreuth, 5. Febr. 1819]</hi> </dateline><lb/>
        <p>Guten Morgen, mein guter Emanuel! Hier &#x017F;end&#x2019; ich Ihnen<lb/>
&#x017F;ogleich den &#x017F;chönen Brief der verwai&#x017F;eten Tochter. Wie kann man<lb/>
aber ein weinendes Herz mit einer &#x017F;o zierlichen Hand ausdrücken?<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[254/0261] 504. An Emanuel. [Bayreuth, 1. Febr. 1819] Dintenverbeſſerer-Anſtalt. 1. Man werfe eine Handvoll Salz in den alten Topf — 2. — ſtelle ihn an einen mäßig-warmen Ort — 5 3. — rühre ihn immer nach 4, oder 8 Tagen um, damit ſich alles mehr auflöſe — 4. — ſchüttle ihn aber nicht blos, weil es wenig hilft — 5. — gieße davon ohne Schütteln (denn ſonſt ſchreibt man mit ſchwarzem Puder) in das Dintenfaß — 10 6. — durch langes Offenſtehen vor der Luft verdickt und ſchwärzt ſich ohnehin die Dinte — 7. — rühre auch aus dem Dintenfaß nicht das Bodenpulver herauf, ſchon aus der § 5 angemerkten Urſache — 8. — Und dann ſchreibe man an mich — 15 9. Ja, ſollte alles zu allem fehlen, ſo bitte man mich mit elender Dinte um ein kleines Geſchenk ganz herrlicher — 10. Und dann wird ſich jeder wundern, der ſie lieſet. Guten Morgen! R. 505. An Emanuel. 20 [Bayreuth, 3. Febr. 1819] Guten Morgen, mein Emanuel! — Auch der wieder? Wenn ich mich umſehe nach allen denen, die ſchon hinter mir liegen: wahrlich ſo wundere ich mich, daß ich noch ſtehe — Das gehört auch mit zum himmliſchen Glücke der Jugend, ſo wenige Verſtorbne gekannt zu 25 haben. — Albrecht Otto hat recht würdig geſchrieben; aber warum muß ſich einer, der ſich ſelber geadelt hat, leider noch von einer Kanzlei adeln laſſen? Ich grüße alle Ihre Lieben. R. 506. An Emanuel. 30 [Bayreuth, 5. Febr. 1819] Guten Morgen, mein guter Emanuel! Hier ſend’ ich Ihnen ſogleich den ſchönen Brief der verwaiſeten Tochter. Wie kann man aber ein weinendes Herz mit einer ſo zierlichen Hand ausdrücken?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:19:52Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:19:52Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe07_1954
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe07_1954/261
Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe07_1954/261>, abgerufen am 12.05.2024.