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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954.

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Heute wird mir und Schlegel zugleich ein Vivat gebracht. --
Ich muß schließen. Berechne immer den doppelten Laufraum der
Briefe. -- Mein letzter Brief mit Briefchen kann erst Mittwochs bei
dir eingelaufen sein; deine Antwort kann, sogar wenn du am selben
Tage schriebst (aber du solltest daher wie ich an jedem Tage etwas5
schreiben und sammeln), nicht eher wegen des Umwegs anlangen als
künftigen Montag. Möchtest du nur darin mich nicht wieder mit
Fieberträumen unglücklich machen! --

Ich gehe dieses mal ganz anders von Heidelberg fort als das
vorige mal, wiewol auch da nichts in mir war, was dir unlieb hätte10
sein sollen. Fast gar zu prosaisch seh ich jetzo alles an und die "poe-
tische Blumenliebe des vorigen Jahrs" ist leider (denn sie war so
unschuldig) ganz und gar verflogen, eben weil sie ihrer Natur nach
keine Dauer und Wiederholung kennt. Was ich mir aber immer
wärmer ausmale, sind unsere Abendmalzeiten. Ach wahrlich wir15
sollten diese Freuden eines noch unzerbrochnen Kreises höher halten
und genießen. Wie lange währt es, so zieht Max fort! Allmählig
ziehen ihm die andern nach und dann sitzen wir beide allein da und
zuletzt du ganz allein! Ach laßt uns lieben, so lange noch Zeit zu
lieben ist. Ewig der20

Deinige
Grüße Emanuels, Ottos und meinen Bruder und seine Frau.
429. An Henriette von Ende in Leipzig.

N. S. Unser vortrefflicher Freund leiht mir den Platz zum herz-25
lichsten Gruße (leider aber auch zum benachbarten Klecks) und zum
Dank für die Freude, die Sie meiner Frau durch die Herzogin ge-
macht. Die Verspätung der meinigen bedauer' ich nicht; eine Her-
zogin von Kurland ist mir gerade in Baireut am nöthigsten. --
Auch der edle Sohn sei innigst gegrüßt! Und der Himmel segne Ihr30
anfangendes Heilen!

Richter

Sie als Mittelpunkt, der manche schöne Kreise um sich bildete,
vermiss' ich hier sehr.

Heute wird mir und Schlegel zugleich ein Vivat gebracht. —
Ich muß ſchließen. Berechne immer den doppelten Laufraum der
Briefe. — Mein letzter Brief mit Briefchen kann erſt Mittwochs bei
dir eingelaufen ſein; deine Antwort kann, ſogar wenn du am ſelben
Tage ſchriebſt (aber du ſollteſt daher wie ich an jedem Tage etwas5
ſchreiben und ſammeln), nicht eher wegen des Umwegs anlangen als
künftigen Montag. Möchteſt du nur darin mich nicht wieder mit
Fieberträumen unglücklich machen! —

Ich gehe dieſes mal ganz anders von Heidelberg fort als das
vorige mal, wiewol auch da nichts in mir war, was dir unlieb hätte10
ſein ſollen. Faſt gar zu proſaiſch ſeh ich jetzo alles an und die „poe-
tiſche Blumenliebe des vorigen Jahrs“ iſt leider (denn ſie war ſo
unſchuldig) ganz und gar verflogen, eben weil ſie ihrer Natur nach
keine Dauer und Wiederholung kennt. Was ich mir aber immer
wärmer ausmale, ſind unſere Abendmalzeiten. Ach wahrlich wir15
ſollten dieſe Freuden eines noch unzerbrochnen Kreiſes höher halten
und genießen. Wie lange währt es, ſo zieht Max fort! Allmählig
ziehen ihm die andern nach und dann ſitzen wir beide allein da und
zuletzt du ganz allein! Ach laßt uns lieben, ſo lange noch Zeit zu
lieben iſt. Ewig der20

Deinige
Grüße Emanuels, Ottos und meinen Bruder und ſeine Frau.
429. An Henriette von Ende in Leipzig.

N. S. Unſer vortrefflicher Freund leiht mir den Platz zum herz-25
lichſten Gruße (leider aber auch zum benachbarten Klecks) und zum
Dank für die Freude, die Sie meiner Frau durch die Herzogin ge-
macht. Die Verſpätung der meinigen bedauer’ ich nicht; eine Her-
zogin von Kurland iſt mir gerade in Baireut am nöthigſten. —
Auch der edle Sohn ſei innigſt gegrüßt! Und der Himmel ſegne Ihr30
anfangendes Heilen!

Richter

Sie als Mittelpunkt, der manche ſchöne Kreiſe um ſich bildete,
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[210/0217] Heute wird mir und Schlegel zugleich ein Vivat gebracht. — Ich muß ſchließen. Berechne immer den doppelten Laufraum der Briefe. — Mein letzter Brief mit Briefchen kann erſt Mittwochs bei dir eingelaufen ſein; deine Antwort kann, ſogar wenn du am ſelben Tage ſchriebſt (aber du ſollteſt daher wie ich an jedem Tage etwas 5 ſchreiben und ſammeln), nicht eher wegen des Umwegs anlangen als künftigen Montag. Möchteſt du nur darin mich nicht wieder mit Fieberträumen unglücklich machen! — Ich gehe dieſes mal ganz anders von Heidelberg fort als das vorige mal, wiewol auch da nichts in mir war, was dir unlieb hätte 10 ſein ſollen. Faſt gar zu proſaiſch ſeh ich jetzo alles an und die „poe- tiſche Blumenliebe des vorigen Jahrs“ iſt leider (denn ſie war ſo unſchuldig) ganz und gar verflogen, eben weil ſie ihrer Natur nach keine Dauer und Wiederholung kennt. Was ich mir aber immer wärmer ausmale, ſind unſere Abendmalzeiten. Ach wahrlich wir 15 ſollten dieſe Freuden eines noch unzerbrochnen Kreiſes höher halten und genießen. Wie lange währt es, ſo zieht Max fort! Allmählig ziehen ihm die andern nach und dann ſitzen wir beide allein da und zuletzt du ganz allein! Ach laßt uns lieben, ſo lange noch Zeit zu lieben iſt. Ewig der 20 Deinige Grüße Emanuels, Ottos und meinen Bruder und ſeine Frau. 429. An Henriette von Ende in Leipzig. [In einem Briefe des Kirchenrats Schwarz v. 21. Juni 1818] N. S. Unſer vortrefflicher Freund leiht mir den Platz zum herz- 25 lichſten Gruße (leider aber auch zum benachbarten Klecks) und zum Dank für die Freude, die Sie meiner Frau durch die Herzogin ge- macht. Die Verſpätung der meinigen bedauer’ ich nicht; eine Her- zogin von Kurland iſt mir gerade in Baireut am nöthigſten. — Auch der edle Sohn ſei innigſt gegrüßt! Und der Himmel ſegne Ihr 30 anfangendes Heilen! Richter Sie als Mittelpunkt, der manche ſchöne Kreiſe um ſich bildete, vermiſſ’ ich hier ſehr.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:19:52Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:19:52Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe07_1954/217>, abgerufen am 05.05.2024.