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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954.

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auch noch so viele durchgebissen, um zu euch zu fliegen. Der Ge-
lehrtenverein hat mich mit einem schönen Feste und Gedichte (vom
edlen Hofrath Jung aus Mainz) angesungen. Ich will dir ein
Exemplar schenken -- und überhaupt viele Berichte von meinen
hiesigen Freunden. Hier erschöpfen die Nachtwachen der Freude5
schon meine Kräfte; wie soll ich damit bei euch auslangen? -- Meine
Frau kommt nicht zu euch, es ist nicht zu machen, und damit begnügt
sich jeder. -- Frankfurt ist von Himmeln der Gegend umzogen;
aber Nachts, wenn ich draußen zum träumerisch fast warmen Mond
aufsehe, fährt eine ordentlich quälende Sehnsucht nach euch in mich.10
Der Anfang der künftigen Woche stillt sie schon. -- Den Scherzbrief
an Engelmann lies und siegle und gib. -- Ich habe die Nachtfreuden
und Mittag- und Abendessen und Nachtwachen bis ein Uhr und die
Lobreden so satt, daß ich lieber zu meiner theueren Familie um-
kehrte, wenn ich nicht in Heidelberg innig geliebteste Menschen15
hätte, worunter freilich Heinrich und Sophie voranstehen. Das Un-
glück bei allem ist nur, daß ich wieder von da aus nach Manheim
muß; aber des Glücks dabei ist doch wieder, daß ich da nicht länger
bleibe als einen Sonnabend und Sonntag. -- Wilhelm Schlegel
kommt in der künftigen Woche auf 14 Tage zu euch. Er besuchte20
mich und hat sich aus der jugendlichen Zeit schön enthülset.


Schon lange war es bestimmt, daß ich den 15ten Mittags hier
abreisen und etwa in Auerbach übernachten und dann am Morgen
darauf an eueren Herzen ankommen wollte. -- Und dabei bleibt es25
jetzo aus einem neuen Grunde.

Nämlich die Herzogin von Kurland (schreibt mir die Ende),
welche mich in Baireut sehen wollte, kommt den 13ten oder 14ten
in Heidelberg an, bleibt einen Tag und will sogar im Karlsberg
wohnen. Mach es ja, daß sie auf irgendeine Weise meine Ankunft30
erfährt. Die Stunde werden die Heidelberger leichter berechnen
als ich.

Und so lebe denn wol, Getreuer, Geliebter! Gegrüßt sei das Haus.

Richter

auch noch ſo viele durchgebiſſen, um zu euch zu fliegen. Der Ge-
lehrtenverein hat mich mit einem ſchönen Feſte und Gedichte (vom
edlen Hofrath Jung aus Mainz) angeſungen. Ich will dir ein
Exemplar ſchenken — und überhaupt viele Berichte von meinen
hieſigen Freunden. Hier erſchöpfen die Nachtwachen der Freude5
ſchon meine Kräfte; wie ſoll ich damit bei euch auslangen? — Meine
Frau kommt nicht zu euch, es iſt nicht zu machen, und damit begnügt
ſich jeder. — Frankfurt iſt von Himmeln der Gegend umzogen;
aber Nachts, wenn ich draußen zum träumeriſch faſt warmen Mond
aufſehe, fährt eine ordentlich quälende Sehnſucht nach euch in mich.10
Der Anfang der künftigen Woche ſtillt ſie ſchon. — Den Scherzbrief
an Engelmann lies und ſiegle und gib. — Ich habe die Nachtfreuden
und Mittag- und Abendeſſen und Nachtwachen bis ein Uhr und die
Lobreden ſo ſatt, daß ich lieber zu meiner theueren Familie um-
kehrte, wenn ich nicht in Heidelberg innig geliebteſte Menſchen15
hätte, worunter freilich Heinrich und Sophie voranſtehen. Das Un-
glück bei allem iſt nur, daß ich wieder von da aus nach Manheim
muß; aber des Glücks dabei iſt doch wieder, daß ich da nicht länger
bleibe als einen Sonnabend und Sonntag. — Wilhelm Schlegel
kommt in der künftigen Woche auf 14 Tage zu euch. Er beſuchte20
mich und hat ſich aus der jugendlichen Zeit ſchön enthülſet.


Schon lange war es beſtimmt, daß ich den 15ten Mittags hier
abreiſen und etwa in Auerbach übernachten und dann am Morgen
darauf an eueren Herzen ankommen wollte. — Und dabei bleibt es25
jetzo aus einem neuen Grunde.

Nämlich die Herzogin von Kurland (ſchreibt mir die Ende),
welche mich in Baireut ſehen wollte, kommt den 13ten oder 14ten
in Heidelberg an, bleibt einen Tag und will ſogar im Karlsberg
wohnen. Mach es ja, daß ſie auf irgendeine Weiſe meine Ankunft30
erfährt. Die Stunde werden die Heidelberger leichter berechnen
als ich.

Und ſo lebe denn wol, Getreuer, Geliebter! Gegrüßt ſei das Haus.

Richter
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[205/0212] auch noch ſo viele durchgebiſſen, um zu euch zu fliegen. Der Ge- lehrtenverein hat mich mit einem ſchönen Feſte und Gedichte (vom edlen Hofrath Jung aus Mainz) angeſungen. Ich will dir ein Exemplar ſchenken — und überhaupt viele Berichte von meinen hieſigen Freunden. Hier erſchöpfen die Nachtwachen der Freude 5 ſchon meine Kräfte; wie ſoll ich damit bei euch auslangen? — Meine Frau kommt nicht zu euch, es iſt nicht zu machen, und damit begnügt ſich jeder. — Frankfurt iſt von Himmeln der Gegend umzogen; aber Nachts, wenn ich draußen zum träumeriſch faſt warmen Mond aufſehe, fährt eine ordentlich quälende Sehnſucht nach euch in mich. 10 Der Anfang der künftigen Woche ſtillt ſie ſchon. — Den Scherzbrief an Engelmann lies und ſiegle und gib. — Ich habe die Nachtfreuden und Mittag- und Abendeſſen und Nachtwachen bis ein Uhr und die Lobreden ſo ſatt, daß ich lieber zu meiner theueren Familie um- kehrte, wenn ich nicht in Heidelberg innig geliebteſte Menſchen 15 hätte, worunter freilich Heinrich und Sophie voranſtehen. Das Un- glück bei allem iſt nur, daß ich wieder von da aus nach Manheim muß; aber des Glücks dabei iſt doch wieder, daß ich da nicht länger bleibe als einen Sonnabend und Sonntag. — Wilhelm Schlegel kommt in der künftigen Woche auf 14 Tage zu euch. Er beſuchte 20 mich und hat ſich aus der jugendlichen Zeit ſchön enthülſet. Citod. 13ten Schon lange war es beſtimmt, daß ich den 15ten Mittags hier abreiſen und etwa in Auerbach übernachten und dann am Morgen darauf an eueren Herzen ankommen wollte. — Und dabei bleibt es 25 jetzo aus einem neuen Grunde. Nämlich die Herzogin von Kurland (ſchreibt mir die Ende), welche mich in Baireut ſehen wollte, kommt den 13ten oder 14ten in Heidelberg an, bleibt einen Tag und will ſogar im Karlsberg wohnen. Mach es ja, daß ſie auf irgendeine Weiſe meine Ankunft 30 erfährt. Die Stunde werden die Heidelberger leichter berechnen als ich. Und ſo lebe denn wol, Getreuer, Geliebter! Gegrüßt ſei das Haus. Richter

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:19:52Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:19:52Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe07_1954/212>, abgerufen am 05.05.2024.