Und wir wollen noch klagen? -- An Gerechtigkeit ist jetzt nicht zu denken, nur an Verstand. -- Das Ende, das unmaskierte Carnaval, erquickte mich. -- Ihr Leute, wartet doch; jetzt gibts keinen großen5 Menschen, das stürmische Europa zu glätten und zu ordnen; folg- lich wär' es ein Unglück gewesen, wenn deutsche Siege, d. h. ein deutscher Bauernkrieg, ohne den Dito-Kopf erfolget wären, der erst die Kriege gut macht. -- Haben wir uns freilich jetzt wieder geschwächt, so gilts für die zweite Partei auch; und beide erholen10 sich mit einander, ja nur auf Einer Seite wächst der Haß -- aber nur erst einen Prinzipal-Kopf her!
N. S. Muß man auch jetzt nach Hof einen Paß lösen?
100. An Emanuel.
[Bayreuth, 19. Mai 1809]15
Nun, so hat Sie Ihn den[n] am Kopulier-Band! So gehts allen Männern, sogar von Goethe an! Mit einem Paar Tausend kann man umgehen, ohne Traualtar; aber mit Einer, wie sie auch sei, und wäre sie der Teufel oder Göethens [!] Frau -- nächstens ists vorbei und der Mann auf ihrem Kopfkissen. Übrigens find'20 ich in Thieriots Briefe nicht eben besondern Ordnungsgeist, sondern seinen alten Zart-Sinn.
101. An Frau von Dobeneck in Bayreuth.
[Kopie][Bayreuth, 26. Mai 1809]
Dieses Blättchen sag' Ihnen meine Freude über die Wiederkehr25 eines für Ihre Freunde so schönen Festes -- und drücke den Wunsch aus, daß der Tochter des Maies der Lebensweg mit nichts härterem bestreuet werde als mit den Blumen dieses Monats, denen sie so gleicht an Bescheidenheit und Reiz. Dann werden durch 1 Glück 4 Menschen beglückt.30
102. An Frau von Lochner in Regensburg.
[Kopie][Bayreuth, 31. Mai 1809]
-- das Wort Regensburg -- mir sonst ein so lieber Laut -- zeigte mir, seit der Würgengel sein Schwert darüber ausgestreckt, nur Wunden und Thränen --35
99. An Emanuel.
[Bayreuth, 18. Mai 1809]
Und wir wollen noch klagen? — An Gerechtigkeit iſt jetzt nicht zu denken, nur an Verſtand. — Das Ende, das unmaſkierte Carnaval, erquickte mich. — Ihr Leute, wartet doch; jetzt gibts keinen großen5 Menſchen, das ſtürmiſche Europa zu glätten und zu ordnen; folg- lich wär’ es ein Unglück geweſen, wenn deutſche Siege, d. h. ein deutſcher Bauernkrieg, ohne den Dito-Kopf erfolget wären, der erſt die Kriege gut macht. — Haben wir uns freilich jetzt wieder geſchwächt, ſo gilts für die zweite Partei auch; und beide erholen10 ſich mit einander, ja nur auf Einer Seite wächſt der Haß — aber nur erſt einen Prinzipal-Kopf her!
N. S. Muß man auch jetzt nach Hof einen Paß löſen?
100. An Emanuel.
[Bayreuth, 19. Mai 1809]15
Nun, ſo hat Sie Ihn den[n] am Kopulier-Band! So gehts allen Männern, ſogar von Goethe an! Mit einem Paar Tauſend kann man umgehen, ohne Traualtar; aber mit Einer, wie ſie auch ſei, und wäre ſie der Teufel oder Göethens [!] Frau — nächſtens iſts vorbei und der Mann auf ihrem Kopfkiſſen. Übrigens find’20 ich in Thieriots Briefe nicht eben beſondern Ordnungsgeiſt, ſondern ſeinen alten Zart-Sinn.
101. An Frau von Dobeneck in Bayreuth.
[Kopie][Bayreuth, 26. Mai 1809]
Dieſes Blättchen ſag’ Ihnen meine Freude über die Wiederkehr25 eines für Ihre Freunde ſo ſchönen Feſtes — und drücke den Wunſch aus, daß der Tochter des Maies der Lebensweg mit nichts härterem beſtreuet werde als mit den Blumen dieſes Monats, denen ſie ſo gleicht an Beſcheidenheit und Reiz. Dann werden durch 1 Glück 4 Menſchen beglückt.30
102. An Frau von Lochner in Regensburg.
[Kopie][Bayreuth, 31. Mai 1809]
— das Wort Regensburg — mir ſonſt ein ſo lieber Laut — zeigte mir, ſeit der Würgengel ſein Schwert darüber ausgeſtreckt, nur Wunden und Thränen —35
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99. An Emanuel.
[Bayreuth, 18. Mai 1809]
Und wir wollen noch klagen? — An Gerechtigkeit iſt jetzt nicht
zu denken, nur an Verſtand. — Das Ende, das unmaſkierte Carnaval,
erquickte mich. — Ihr Leute, wartet doch; jetzt gibts keinen großen 5
Menſchen, das ſtürmiſche Europa zu glätten und zu ordnen; folg-
lich wär’ es ein Unglück geweſen, wenn deutſche Siege, d. h. ein
deutſcher Bauernkrieg, ohne den Dito-Kopf erfolget wären, der
erſt die Kriege gut macht. — Haben wir uns freilich jetzt wieder
geſchwächt, ſo gilts für die zweite Partei auch; und beide erholen 10
ſich mit einander, ja nur auf Einer Seite wächſt der Haß — aber
nur erſt einen Prinzipal-Kopf her!
N. S. Muß man auch jetzt nach Hof einen Paß löſen?
100. An Emanuel.
[Bayreuth, 19. Mai 1809] 15
Nun, ſo hat Sie Ihn den[n] am Kopulier-Band! So gehts allen
Männern, ſogar von Goethe an! Mit einem Paar Tauſend kann
man umgehen, ohne Traualtar; aber mit Einer, wie ſie auch
ſei, und wäre ſie der Teufel oder Göethens [!] Frau — nächſtens
iſts vorbei und der Mann auf ihrem Kopfkiſſen. Übrigens find’ 20
ich in Thieriots Briefe nicht eben beſondern Ordnungsgeiſt, ſondern
ſeinen alten Zart-Sinn.
101. An Frau von Dobeneck in Bayreuth.
[Bayreuth, 26. Mai 1809]
Dieſes Blättchen ſag’ Ihnen meine Freude über die Wiederkehr 25
eines für Ihre Freunde ſo ſchönen Feſtes — und drücke den Wunſch
aus, daß der Tochter des Maies der Lebensweg mit nichts härterem
beſtreuet werde als mit den Blumen dieſes Monats, denen ſie ſo
gleicht an Beſcheidenheit und Reiz. Dann werden durch 1 Glück
4 Menſchen beglückt. 30
102. An Frau von Lochner in Regensburg.
[Bayreuth, 31. Mai 1809]
— das Wort Regensburg — mir ſonſt ein ſo lieber Laut — zeigte
mir, ſeit der Würgengel ſein Schwert darüber ausgeſtreckt, nur
Wunden und Thränen — 35
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/43>, abgerufen am 06.07.2024.
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