einsam gemacht. Unbeschreiblich vergnügt bin ich in den hohen Zimmern -- keine einzige alte Bequemlichkeit entbehrend -- Abends einsam lesend und essend mit meinem Hunde. Noch immer hab ich seit Maxens Abreise abends nichts Warmes gegessen, nur Käse und Preßsack. Freilich freu' ich mich auf deine Abendsuppen,5 Kartoffeln u.s.w. Ja auch auf die Mittagskost; denn obgleich das diner 30 kr. kostet und allerlei gute Gerichte kommen (doch zieh ich fast die Sonne vor), so wäre mir doch Ein derbes altväterliches Gericht von dir lieber. Indeß meinetwegen läßt Toussaint sogar Kartoffeln braten zuweilen. -- Die Magd kauft mir (ohne mein10 Erinnern) für 4 kr. Milch, bringt mir den abgeschöpften Rahm, woran ich 2 Tage habe; die Milch säuft der Hund und ich. Die 2 Loth Kaffee kosten 10 kr. Von meinem am 1 Pfingsttage ge- kauften 1 Groschen Brod hab' ich noch viel. Mittags trink' ich zum vielen Essen 1/4 Bouteille Wein; das zweite Viertel hebt15 mir Toussaint auf. Entweder dieser Wein oder das treffliche Bier (hier trink ich noch einmal so viel als in Bayreuth) oder die Luft oder der ungemein seltene Rosoglio-Trank oder das wenige Arbeiten oder alles zusammen macht mich so gesund wie ich seit Jahren nicht war; Nachts keinen Wasserdurst, am Morgen keine20 Düsterheit, kein Zittern, Erbrechen ohnehin nicht. Verzeihe dieses Eingehen in körperliche Kleinlichkeiten; aber du liebes Eheweib nimmst ja eben darum so vielen Antheil daran als ich an dem Bulletin deiner geringsten Körperlichkeiten nehmen würde. -- Die Malzen grüßt und liebt dich herzlich und wünscht dich so sehr her.25 "Hier, sagt sie, sei Logis und alles 1/3 wolfeiler; keine Assembleen- "Jägerei wie in Bayreuth; heute kommt eins, morgen eins; man "sei halb auf dem Lande." In der That fand ich sie im Garten mit 3 Damen, wozu nachher 1 Franzose kam; kein Gebacknes -- ein paar Früchte -- mir Bier. So gestern in Walthers Garten,30 wo viele Männer, nur Thee -- ein Paar trockne gebackne Schnitz- chen von einem Bäcker -- kein Kuchen -- kein Rack -- kein Wein -- nur Bier -- -- und lauter Lust. Das doppelte Gebäck und den Rack (wenigstens für Weiber) müssen wir künftig auch abkommen lassen. --35
-- An die Monts hab ich schon gedacht; morgen werd' ich sie sehen und abends zurück kommen. -- Der Erlanger Gegend hab'
einſam gemacht. Unbeſchreiblich vergnügt bin ich in den hohen Zimmern — keine einzige alte Bequemlichkeit entbehrend — Abends einſam leſend und eſſend mit meinem Hunde. Noch immer hab ich ſeit Maxens Abreiſe abends nichts Warmes gegeſſen, nur Käſe und Preßſack. Freilich freu’ ich mich auf deine Abendſuppen,5 Kartoffeln u.ſ.w. Ja auch auf die Mittagskoſt; denn obgleich das diner 30 kr. koſtet und allerlei gute Gerichte kommen (doch zieh ich faſt die Sonne vor), ſo wäre mir doch Ein derbes altväterliches Gericht von dir lieber. Indeß meinetwegen läßt Toussaint ſogar Kartoffeln braten zuweilen. — Die Magd kauft mir (ohne mein10 Erinnern) für 4 kr. Milch, bringt mir den abgeſchöpften Rahm, woran ich 2 Tage habe; die Milch ſäuft der Hund und ich. Die 2 Loth Kaffee koſten 10 kr. Von meinem am 1 Pfingſttage ge- kauften 1 Groſchen Brod hab’ ich noch viel. Mittags trink’ ich zum vielen Eſſen ¼ Bouteille Wein; das zweite Viertel hebt15 mir Toussaint auf. Entweder dieſer Wein oder das treffliche Bier (hier trink ich noch einmal ſo viel als in Bayreuth) oder die Luft oder der ungemein ſeltene Roſoglio-Trank oder das wenige Arbeiten oder alles zuſammen macht mich ſo geſund wie ich ſeit Jahren nicht war; Nachts keinen Waſſerdurſt, am Morgen keine20 Düſterheit, kein Zittern, Erbrechen ohnehin nicht. Verzeihe dieſes Eingehen in körperliche Kleinlichkeiten; aber du liebes Eheweib nimmſt ja eben darum ſo vielen Antheil daran als ich an dem Bulletin deiner geringſten Körperlichkeiten nehmen würde. — Die Malzen grüßt und liebt dich herzlich und wünſcht dich ſo ſehr her.25 „Hier, ſagt ſie, ſei Logis und alles ⅓ wolfeiler; keine Aſſembléen- „Jägerei wie in Bayreuth; heute kommt eins, morgen eins; man „ſei halb auf dem Lande.“ In der That fand ich ſie im Garten mit 3 Damen, wozu nachher 1 Franzoſe kam; kein Gebacknes — ein paar Früchte — mir Bier. So geſtern in Walthers Garten,30 wo viele Männer, nur Thee — ein Paar trockne gebackne Schnitz- chen von einem Bäcker — kein Kuchen — kein Rack — kein Wein — nur Bier — — und lauter Luſt. Das doppelte Gebäck und den Rack (wenigſtens für Weiber) müſſen wir künftig auch abkommen laſſen. —35
— An die Monts hab ich ſchon gedacht; morgen werd’ ich ſie ſehen und abends zurück kommen. — Der Erlanger Gegend hab’
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ſeit Maxens Abreiſe abends nichts Warmes gegeſſen, nur Käſe
und Preßſack. Freilich freu’ ich mich auf deine Abendſuppen, 5
Kartoffeln u.ſ.w. Ja auch auf die Mittagskoſt; denn obgleich das
diner 30 kr. koſtet und allerlei gute Gerichte kommen (doch zieh ich
faſt die Sonne vor), ſo wäre mir doch Ein derbes altväterliches
Gericht von dir lieber. Indeß meinetwegen läßt Toussaint ſogar
Kartoffeln braten zuweilen. — Die Magd kauft mir (ohne mein 10
Erinnern) für 4 kr. Milch, bringt mir den abgeſchöpften Rahm,
woran ich 2 Tage habe; die Milch ſäuft der Hund und ich. Die
2 Loth Kaffee koſten 10 kr. Von meinem am 1 Pfingſttage ge-
kauften 1 Groſchen Brod hab’ ich noch viel. Mittags trink’ ich
zum vielen Eſſen ¼ Bouteille Wein; das zweite Viertel hebt 15
mir Toussaint auf. Entweder dieſer Wein oder das treffliche
Bier (hier trink ich noch einmal ſo viel als in Bayreuth) oder die
Luft oder der ungemein ſeltene Roſoglio-Trank oder das wenige
Arbeiten oder alles zuſammen macht mich ſo geſund wie ich ſeit
Jahren nicht war; Nachts keinen Waſſerdurſt, am Morgen keine 20
Düſterheit, kein Zittern, Erbrechen ohnehin nicht. Verzeihe dieſes
Eingehen in körperliche Kleinlichkeiten; aber du liebes Eheweib
nimmſt ja eben darum ſo vielen Antheil daran als ich an dem
Bulletin deiner geringſten Körperlichkeiten nehmen würde. — Die
Malzen grüßt und liebt dich herzlich und wünſcht dich ſo ſehr her. 25
„Hier, ſagt ſie, ſei Logis und alles ⅓ wolfeiler; keine Aſſembléen-
„Jägerei wie in Bayreuth; heute kommt eins, morgen eins; man
„ſei halb auf dem Lande.“ In der That fand ich ſie im Garten
mit 3 Damen, wozu nachher 1 Franzoſe kam; kein Gebacknes —
ein paar Früchte — mir Bier. So geſtern in Walthers Garten, 30
wo viele Männer, nur Thee — ein Paar trockne gebackne Schnitz-
chen von einem Bäcker — kein Kuchen — kein Rack — kein Wein —
nur Bier — — und lauter Luſt. Das doppelte Gebäck und den Rack
(wenigſtens für Weiber) müſſen wir künftig auch abkommen
laſſen. — 35
— An die Monts hab ich ſchon gedacht; morgen werd’ ich ſie
ſehen und abends zurück kommen. — Der Erlanger Gegend hab’
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/212>, abgerufen am 28.11.2024.
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