Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961.411. An Emanuel. [Bayreuth, 26. Sept. 1807]Hier, lieber Emanuel, schick' ich Ihnen einen schönen Brief und *412. An Ernst Wagner. Bayreuth d. 28 Sept. 1807Unter allen Briefschreibern, die jetzt auf der Erde an einander Ich bin sehr begierig auf Ihre angekündigte "Nachhausereise". 411. An Emanuel. [Bayreuth, 26. Sept. 1807]Hier, lieber Emanuel, ſchick’ ich Ihnen einen ſchönen Brief und *412. An Ernſt Wagner. Bayreuth d. 28 Sept. 1807Unter allen Briefſchreibern, die jetzt auf der Erde an einander Ich bin ſehr begierig auf Ihre angekündigte „Nachhauſereiſe“. <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0184" n="169"/> <div type="letter" n="1"> <head>411. An <hi rendition="#g">Emanuel.</hi></head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right">[Bayreuth, 26. Sept. 1807]</hi> </dateline><lb/> <p>Hier, lieber Emanuel, ſchick’ ich Ihnen einen ſchönen Brief und<lb/> den Almanach, worin Sie meinen kurzen blos ernſten Aufſatz ſchon<lb/> heute am Sabbath noch leſen können, denk’ ich. Es iſt Sonntags-<lb n="5"/> lektüre. Ich brauch’ es ja nicht eher wieder als morgen.</p> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>*412. An <hi rendition="#g">Ernſt Wagner.</hi></head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Bayreuth d. 28 Sept.</hi> 1807</hi> </dateline><lb/> <p>Unter allen Briefſchreibern, die jetzt auf der Erde an einander<lb/> ſchreiben, bin ich ohne Frage der ſchlimmſte; und ich ſollte wie die<lb n="10"/> 72 päbſtlichen Schreiber den Namen Abbreviator haben; denn eine<lb/> ſtärkere Abbreviatur gibts nicht als — völliges Schweigen. Noch<lb/> dazu warf mir jeden Tag Ihr Manuſkript, das ich ſogleich und ſo<lb/> froh geleſen, meine Verſtockung vor und bekehrte mich doch nicht<lb/> eher als heute. Aber wahrlich! die bauende Anarchie der Politik um<lb n="15"/> uns her wirft ſich zuletzt auch in die Studier-Manſarden.</p><lb/> <p>Ich bin ſehr begierig auf Ihre angekündigte „Nachhauſereiſe“.<lb/> Aber ſchmerzlich war (und wär) es mir, wenn Sie das einfältigſte<lb/> Verſprechen — was eben ſein eignes Gegentheil iſt — halten wollten,<lb/> das Sie je gegeben, nämlich Ihre ganze Schriftſtellerei auf 3 Feſttags-<lb n="20"/> Werke, wie eine Arie <hi rendition="#aq">à trois notes</hi> zu beſchränken. Wenige Autoren,<lb/> die ſo frei, eben ſo wol an ſich als an die Leſer ſchrieben, wurden<lb/> noch ſo gut von Kampfparteien aufgenommen als Sie. Mögen<lb/> Sie mir erfreulichere Nachrichten von Ihrem Körper geben können,<lb/> als ich leider bekommen! Freilich ſind Rückenmark und Gehirnmark<lb n="25"/> im Antagoniſmus und jenes muß die Ausgaben dieſes tragen. Indeß<lb/> bin ich durch meine eigne Lebensgeſchichte gewiß, daß jeder nur ſo<lb/> viel krank iſt als er will — ſobald er Leibes-<hi rendition="#aq">Memoires</hi> führt —<lb/> wär’ es auch nur in der Memorie — und ſobald er ſoviel Arznei-<lb/> kunde gelernt, als er braucht, um der Leibmedikus eines einzigen<lb n="30"/> Leibes zu werden. So iſt z. B. einem Kopfe, und überhaupt einem<lb/><hi rendition="#aq">homo emunctae naris</hi> (ſolcher Naſe als Präſident <hi rendition="#aq">Heim</hi> hat) kein<lb/> Katarrh zu vergeben, und er, der ſo leicht lange Naſen auszutheilen<lb/> vermag, ſollte ſich am wenigſten mit einer fließenden behaften.<lb/> Ich hingegen habe meine ſonſtige halbmonatliche Migraine ſchon<lb n="35"/> auf <hi rendition="#aq">Menses</hi> herabgebracht, aber ohne jährliche 12 Halbtöne von<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [169/0184]
411. An Emanuel.
[Bayreuth, 26. Sept. 1807]
Hier, lieber Emanuel, ſchick’ ich Ihnen einen ſchönen Brief und
den Almanach, worin Sie meinen kurzen blos ernſten Aufſatz ſchon
heute am Sabbath noch leſen können, denk’ ich. Es iſt Sonntags- 5
lektüre. Ich brauch’ es ja nicht eher wieder als morgen.
*412. An Ernſt Wagner.
Bayreuth d. 28 Sept. 1807
Unter allen Briefſchreibern, die jetzt auf der Erde an einander
ſchreiben, bin ich ohne Frage der ſchlimmſte; und ich ſollte wie die 10
72 päbſtlichen Schreiber den Namen Abbreviator haben; denn eine
ſtärkere Abbreviatur gibts nicht als — völliges Schweigen. Noch
dazu warf mir jeden Tag Ihr Manuſkript, das ich ſogleich und ſo
froh geleſen, meine Verſtockung vor und bekehrte mich doch nicht
eher als heute. Aber wahrlich! die bauende Anarchie der Politik um 15
uns her wirft ſich zuletzt auch in die Studier-Manſarden.
Ich bin ſehr begierig auf Ihre angekündigte „Nachhauſereiſe“.
Aber ſchmerzlich war (und wär) es mir, wenn Sie das einfältigſte
Verſprechen — was eben ſein eignes Gegentheil iſt — halten wollten,
das Sie je gegeben, nämlich Ihre ganze Schriftſtellerei auf 3 Feſttags- 20
Werke, wie eine Arie à trois notes zu beſchränken. Wenige Autoren,
die ſo frei, eben ſo wol an ſich als an die Leſer ſchrieben, wurden
noch ſo gut von Kampfparteien aufgenommen als Sie. Mögen
Sie mir erfreulichere Nachrichten von Ihrem Körper geben können,
als ich leider bekommen! Freilich ſind Rückenmark und Gehirnmark 25
im Antagoniſmus und jenes muß die Ausgaben dieſes tragen. Indeß
bin ich durch meine eigne Lebensgeſchichte gewiß, daß jeder nur ſo
viel krank iſt als er will — ſobald er Leibes-Memoires führt —
wär’ es auch nur in der Memorie — und ſobald er ſoviel Arznei-
kunde gelernt, als er braucht, um der Leibmedikus eines einzigen 30
Leibes zu werden. So iſt z. B. einem Kopfe, und überhaupt einem
homo emunctae naris (ſolcher Naſe als Präſident Heim hat) kein
Katarrh zu vergeben, und er, der ſo leicht lange Naſen auszutheilen
vermag, ſollte ſich am wenigſten mit einer fließenden behaften.
Ich hingegen habe meine ſonſtige halbmonatliche Migraine ſchon 35
auf Menses herabgebracht, aber ohne jährliche 12 Halbtöne von
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Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:13:57Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:13:57Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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