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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961.

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Manchester aber braucht der Narr nicht, da sein Verwandter
auch keinen trägt.

Das Wetterglas steigt; und doch mein Wetter-Kredit auch.

262. An Emanuel.
5

Ich soll oben nichts lesen. Die Mutter kann nichts ausgedrückt
haben als des Vaters innigsten Dank für den Adoptivvater meiner
Kinder.

263. An Emanuel.
10

Guten Morgen für den guten Abend! Käm' es auf mich an: so
zög' ich die 3 Feiertage der Kinder -- blos der Kinder selber wegen --
nicht wie der preussische Staat und der Zufall in 2 sondern in
1 Festtag zusammen. Ich wünsch' Ihnen glückliche Reise, wenn ich
Sie -- sehe. Ihr Blatt soll ruhig gelesen werden, nicht unruhig15
unter dem Lauern des Briefträgers.

264. An Thieriot in Offenbach.

Es ist freilich einerlei, was ich Ihnen schreibe; aber eben dieß All
macht die Auswahl schwer -- und doch ist jede eben darum gleich-20
gültig, weil der Leser, vom Gegebenen hingerissen, gar nicht Zeit
an das zu denken hat, was man ihm nicht gegeben. Da ich mir immer
in meinen Werken solche All-Räume aufmache: so weiß ichs recht
gut.

Gewöhnlich setz' ich in mein Schmierbuch, wenn ich einen Brief25
mache, die partes orationis dessen zwischen Strichen, als z. B. die
dieses Briefs so hin: Beschneidung des Papiers -- Levana --
Druckfehler -- Predigten -- zweimal -- Eva -- Göthe -- Krieg.
(Bei Gott, so stands und stehts.) Dann handl' ich einen Punkt nach
dem andern ab und vergesse nichts, wie ich auch hier verhoffe.30

Nicht aus Höflichkeit beschnitt ich das Papier, sondern aus Geitz,
um Porto und Abschnitzel zu ersparen. -- Meine Erziehungslehre
heißt auch Levana, ist aber noch nicht ganz hier angekommen. Ich
erlebte wieder an ihr den mir seit zehn Jahren anklebenden Schmerz,

Mancheſter aber braucht der Narr nicht, da ſein Verwandter
auch keinen trägt.

Das Wetterglas ſteigt; und doch mein Wetter-Kredit auch.

262. An Emanuel.
5

Ich ſoll oben nichts leſen. Die Mutter kann nichts ausgedrückt
haben als des Vaters innigſten Dank für den Adoptivvater meiner
Kinder.

263. An Emanuel.
10

Guten Morgen für den guten Abend! Käm’ es auf mich an: ſo
zög’ ich die 3 Feiertage der Kinder — blos der Kinder ſelber wegen —
nicht wie der preuſſiſche Staat und der Zufall in 2 ſondern in
1 Feſttag zuſammen. Ich wünſch’ Ihnen glückliche Reiſe, wenn ich
Sie — ſehe. Ihr Blatt ſoll ruhig geleſen werden, nicht unruhig15
unter dem Lauern des Briefträgers.

264. An Thieriot in Offenbach.

Es iſt freilich einerlei, was ich Ihnen ſchreibe; aber eben dieß All
macht die Auswahl ſchwer — und doch iſt jede eben darum gleich-20
gültig, weil der Leſer, vom Gegebenen hingeriſſen, gar nicht Zeit
an das zu denken hat, was man ihm nicht gegeben. Da ich mir immer
in meinen Werken ſolche All-Räume aufmache: ſo weiß ichs recht
gut.

Gewöhnlich ſetz’ ich in mein Schmierbuch, wenn ich einen Brief25
mache, die partes orationis deſſen zwiſchen Strichen, als z. B. die
dieſes Briefs ſo hin: Beſchneidung des Papiers — Levana —
Druckfehler — Predigten — zweimal — Eva — Göthe — Krieg.
(Bei Gott, ſo ſtands und ſtehts.) Dann handl’ ich einen Punkt nach
dem andern ab und vergeſſe nichts, wie ich auch hier verhoffe.30

Nicht aus Höflichkeit beſchnitt ich das Papier, ſondern aus Geitz,
um Porto und Abſchnitzel zu erſparen. — Meine Erziehungslehre
heißt auch Levana, iſt aber noch nicht ganz hier angekommen. Ich
erlebte wieder an ihr den mir ſeit zehn Jahren anklebenden Schmerz,

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[111/0126] Mancheſter aber braucht der Narr nicht, da ſein Verwandter auch keinen trägt. Das Wetterglas ſteigt; und doch mein Wetter-Kredit auch. 262. An Emanuel. [Unter einem Brief Karolinens][Bayreuth, 9. Nov. 1806] 5 Ich ſoll oben nichts leſen. Die Mutter kann nichts ausgedrückt haben als des Vaters innigſten Dank für den Adoptivvater meiner Kinder. 263. An Emanuel. [Bayreuth, 10. Nov. 1806] 10 Guten Morgen für den guten Abend! Käm’ es auf mich an: ſo zög’ ich die 3 Feiertage der Kinder — blos der Kinder ſelber wegen — nicht wie der preuſſiſche Staat und der Zufall in 2 ſondern in 1 Feſttag zuſammen. Ich wünſch’ Ihnen glückliche Reiſe, wenn ich Sie — ſehe. Ihr Blatt ſoll ruhig geleſen werden, nicht unruhig 15 unter dem Lauern des Briefträgers. 264. An Thieriot in Offenbach. Bayreuth d. 13 Nov. 1806 Es iſt freilich einerlei, was ich Ihnen ſchreibe; aber eben dieß All macht die Auswahl ſchwer — und doch iſt jede eben darum gleich- 20 gültig, weil der Leſer, vom Gegebenen hingeriſſen, gar nicht Zeit an das zu denken hat, was man ihm nicht gegeben. Da ich mir immer in meinen Werken ſolche All-Räume aufmache: ſo weiß ichs recht gut. Gewöhnlich ſetz’ ich in mein Schmierbuch, wenn ich einen Brief 25 mache, die partes orationis deſſen zwiſchen Strichen, als z. B. die dieſes Briefs ſo hin: Beſchneidung des Papiers — Levana — Druckfehler — Predigten — zweimal — Eva — Göthe — Krieg. (Bei Gott, ſo ſtands und ſtehts.) Dann handl’ ich einen Punkt nach dem andern ab und vergeſſe nichts, wie ich auch hier verhoffe. 30 Nicht aus Höflichkeit beſchnitt ich das Papier, ſondern aus Geitz, um Porto und Abſchnitzel zu erſparen. — Meine Erziehungslehre heißt auch Levana, iſt aber noch nicht ganz hier angekommen. Ich erlebte wieder an ihr den mir ſeit zehn Jahren anklebenden Schmerz,

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:13:57Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:13:57Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe05_1961/126>, abgerufen am 28.04.2024.